Die meisten Medikamente haben nicht nur Wirkungen, sondern auch Nebenwirkungen. In der Regel halten die sich in Grenzen. Mitunter können sie aber sogar Leben fordern. Leider steht nicht jede Nebenwirkung, die bei Mäusen so auftritt, auch in der Fachliteratur. Die interessiert sich nämlich eher selten für Mäuse als Patienten. Für kleine Nager heißt das öfter mal: Jugend forscht.
Paracelsus hatte recht
Diese Forschung ist aber nur dann sinnvoll, wenn Ihr wisst, was Ihr da tut. Das heißt: Ihr solltet immer wissen, welches Medikamen mit welchem Wirkstoff Ihr in welcher Dosierung verabreicht. Habt Ihr nämlich Probleme bei der Verträglichkeit und wollt nachfragen, ob das schon mal jemand hatte, müssen Eure Konversationspartner sicher sein, dass Ihr das korrekte Mittel ebenso korrekt dosiert habt.
Nur wenn Nebenwirkungen bei korrekter Medikamentierung und Dosierung auftreten, sind sie auch für andere Halter und künftige kleine Patienten von Bedeutung. Wer Nebenwirkungen provoziert, weil er zum Beispiel gnadenlos überdosiert und diese Nebenwirkungen auf das Medikament als solches zurückführt, verfälscht die Infolage. Schließlich wusste schon der gute Paracelsus: Die Dosis macht, dass ein Ding ein Gift ist.
So nicht …
Nehmen wir zum Beispiel Nuflor mit dem Wirkstoff Florfenicol. Da kam eine besorgte Halterin zu mir, ihr Tierarzt hätte ihre Maus fast umgebracht. Das kleine Tierchen hatte einen hartnäckigen Infekt und das zweite Mittel der Wahl war Nuflor, nachdem Baytril nicht tat, was es sollte. Eine Entscheidung, die ich durchaus noch nachvollziehen konnte. Immerhin ist Nuflor für Mäuse ein seltenes Antibiotikum und könnte bei vermuteten Resistenzen durchaus was tun.
Der Maus sei es aber nach einer Woche massiv schlechter gegangen. Ich lasse mir Bilder und Videos zeigen und sehe tatsächlich eine käsebleiche, sehr ruhige Maus. Ein Bild, das ich als Nebenwirkung von Nuflor durchaus kenne – allerdings erst nach 4 Wochen Gabe oder länger, also nach einem Zeitraum, in dem die übliche Antibiose längst beendet ist.
Me wundert sich und fragt nach: “Dosis?” Erstaunte Rückfrage: “Ja, wie Dosis? Sie bekommt es morgens und abends.” Nach einigem Hin und Her ist klar: Mausi bekam fast die dreifache Dosis oral. Nuflor sollte man nach Möglichkeit aber wirklich spritzen und seeeehhhhr genau auf die korrekte Dosierung achten, da schon leichte Überdosen genau das präsentierte Problem provozieren.
Fazit dieses Falles: Solche “Ungenauigkeiten” verfälschen die Nebenwirkungsstatistik und das schadet der gesamten Haltergemeinschaft. Wir sind auf korrekte Gaben und Berichte angewiesen, um aus der praktischen Erfahrung das zu lernen, was in Büchern nicht steht. Außerdem find ich es nicht fair, so einen Mist zu fabrizieren und es dann dem Tierarzt in die Schuhe zu schieben.
So geht’s richtig
Ein trauriges Beispiel hat mir dieses Jahr Panacur geliefert. Eine Familie sollte damit ihre beiden – klinisch unauffälligen – Mongolen behandeln. Die hatten Nematoden, wie bei einer Kotprobe herauskam. Bei mir lief die Mama der Familie auf, nachdem eine Maus schon gestorben war. Der anderen ginge es furchtbar schlecht.
Die Mäuse waren mit Panacur mit der Dosierung und dem Behandlungsschema aus der Mäusebibel (Glöckner/ Ewringmann 😉 ) behandelt worden. Warum sich der Tierarzt für Panacur entschieden hat, ist mir immer noch ein Rätsel.
Ich hangle mich also durch. Dosierung korrekt. Gabeturnus korrekt. Tiere vor Behandlung fit. Der Verfall begann ab dem 3. Gabe-Tag. Weitere Vorerkrankungen waren nicht bekannt. Somit wandert dieser Fall ab in meine Hinterkopfstatistik.
Das solltet Ihr immer wissen
Auch Ihr könnt helfen, echte Nebenwirkungen zu finden, damit die Lücken in der Literatur geschlossen werden können. Dafür solltet Ihr immer die folgenden Angaben notieren:
- Medikament (Markenname und Wirkstoffe(e))
- Konzentration des Medikamentes (manche gibt es in verschiedenen Konzentrationen)
- Gabemodus und -turnus
- beobachtete Nebenwirkunen (was? ab wann? weitere Entwicklung?)
Damit helft Ihr nicht nur Euren Tieren, sondern auch anderen Haltern – und rettet vielleicht sogar ein Leben.
Ich liebe deinen Schreibstil. Gute Arbeit!