Doxycyclin

Doxycyclin für Mäuse und andere Nager

Präparate:

Kurzinfo:

rezeptpflichtig
Schulmedizin für Mäuse

Wirkung und Eigenschaften von Doxycyclin

Der Wirkstoff Doxycyclin, der zu den neueren Tetracyclinen gehört und aus Oxytetra- oder Methacyclin hergestellt wird, wird unter verschiedenen Markennamen als Human- und Veterinärpräparat angeboten. Die bei Mäusen gebräuchlichsten Präparate sind Doxycyclin-ratiopharm SF und DoxyHexal, die beide eine identische Konzentration aufweisen. Außerhalb Deutschlands ist der Wirkstoff unter anderem unter dem Namen Vibravenös oder Vibramycin zu finden.
Doxycyclin gibt es sowohl als Injektionslösung, als auch in Tablettenform, wobei sich bei Mäusen der Gebrauch der Injektionslösung in der Praxis durchgesetzt hat, da Wirkung und Verträglichkeit deutlich besser sind.

Doxycyclin ist ein halbsynthetisches Antibiotikum mit einem breiten Wirkungsspektrum. Es wirkt bakteriostatisch, da es Proteinsynthese des Bakteriums hemmt, indem es sich an die 30S-Untereinheiten der Ribosomen bindet. Es kann sich außerdem reversibel an die 50S-Untereinheiten binden.
Da es deutlich lipophiler ist als andere Tetracycline, gelangt Doxycyclin besser und schneller in die einzelnen Gewebe und verteilt sich gut. Im Vergleich zu diesen überwindet es auch die Blut-Hirnschranke besser und wird langsamer (hauptsächlich über den Kot, in geringen Mengen auch über den Urin) ausgeschieden. Es hat also eine höhere Halbwertszeit.

Doxycyclin verteilt sich sehr schnell im gesamten Körper. Besonders hoch ist die Konzentration in der Galle. Es dringt aber auch sehr gut in Lunge, Leber, Nieren, Milz und Fortpflanzungsorgane ein.

Doxycyclin wird in der Leber verstoffwechselt. Bei Ratten wurde außerdem eine sogenannte enterohepatische Rezirkulation beobachtet. Der Wirkstoff durchläuft die Leber dann mehrmals.
Hauptsächlich wird Doxycyclin über den Kot und nur in kleinen Mengen über den Urin ausgeschieden.

Eigenschaften

Gut zu wissen ...
Doxycyclin ist bei der Behandlung von Mäusen – leider – ein noch sehr unbekanntes Präparat. Dabei hat es vor allem bei Patienten in sehr schlechter Verfassung – oft in Kombination mit Dexametason – sehr gute Erfolge gezeigt. Verwendet wird in solchen Akutfällen ein s.c. injiziertes Depot, das auch sehr gut vertragen wird.

Indikationen für Doxycyclin

Doxycyclin wirkt in einem breiten Spektrum gegen grampositive und gramnegative Bakterien, Protozoen und Mycoplasmen. Bei Mäusen wird es in der Regel subkutan gespritzt.

Angewendet wird es bei Infektionen der Atemwege und des Hals-Nasen-Ohren-Bereiches wie Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis), Mittelohrentzündung (Otitis media) und bestimmten Formen der Lungenentzündung (Pneumonie), die durch Mykoplasmen, Rickettsien oder Chlamydien hervorgerufen werden. Darüber hinaus eignet es sich zur Therapie von Infektionen des Urogenitaltrakts oder mit Brucellen, Listerien und ähnlichen Erregern. Es kann auch bei intrazellulären Infektionen verwendet werden.
Da es die Blut-Hirnschranke überwindet und das Gewebe gut durchdringt, ist es bei entsprechenden neurologischen Erkrankungen gut anwendbar.
Bei Infektionen mit Staphylokokken oder Pasteurellen empfiehlt sich im Vorfeld ein Antibiogramm, soweit das bei Mäusen möglich ist.

Typische Keime, die mit Doxycyclin bekämpft werden können, sind:

Indikationen im Überblick

Für schwere Fälle
Besonders bei Farbmäusen hat sich in der Praxis gezeigt: Das subkutane Doxycyclin-Depot kann – soweit der Keim sensibel ist – bei sehr schlechtem Zutand die besten Ergebnisse aller bei Mäusen regelmäßig eingesetzten Antibiotika verzeichnen.

Dosierung und Verträglichkeit von Doxycyclin

Da die orale Gabe in der Praxis zwar häufige Nebenwirkungen, aber kaum die erwünschte Wirkung gezeigt hat, wird nachfolgend nur die Gabe als subkutane Injektion betrachtet.
Für Mäuse wird eine Dosierung von 5 bis 10mg/kg empfohlen, die 1x täglich als subkutane Injektion verabreicht wird.
Alternativ kann Ihr Tierarzt ein Depot mit 100mg/kg spritzen. Hier gibt die Literatur eine Wirkdauer von 7 Tagen an, jedoch hält das Depot erfahrungsgemäß bei farbmausgroßen Arten nur 5 Tage vor und muss dann erneuert werden.
Soll Doxycyclin verdünnt werden, können Sie dafür beispielsweise eine Natriumchloridlösung verwenden.

Doxycyclin oral vs. s.c.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass Doxycyclin bei Mäusen oral eine schlechtere Wirksamkeit aufweist und zudem signifikant öfter zu Durchfällen führt als Enrofloxacin und einige andere Antibiotika. Die subkutane Gabe weist insbesondere als Depot eine deutlich bessere Wirksamkeit auf und geht zudem nur sehr selten mit Durchfällen einher. Spritzennekrosen sind zwar möglich, aber zumindest keine regelmäßige Folge.
WICHTIG!
Bedenken Sie bei der Berechnung der Dosierung: Je kleiner eine Art ist, umso schneller ist der Stoffwechsel und umso höher muss die Dosierung in mg/kg sein.
Gabedauer
In der Regel wird Doxycyclin 2- bis 3mal auf Depot gespritzt. Bei Bedarf kann es Ihr Tierarzt nach Abwägung von Nutzen und Risiken aber auch länger verabreichen.

Anwendung

Doxycyclin gibt es zwar auch in Tablettenform. Allerdings hat sich für den Wirkstoff in der praktischen Anwendung bei Mäusen gezeigt, dass die orale Gabe deutlich schlechter wirkt als die Injektion. Zudem ist Durchfall hier eine sehr regelmäßige Nebenwirkung, die bei der s.c.-Gabe nur sehr selten auftritt.

In der Praxis hat sich der Wirkstoff bei hartnäckigen und/oder sehr schweren allgemeinen Infekten und Infekten des Atmungsapparates bewährt. Bei Tieren mit extrem bis lebensbedrohlich schlechtem Allgemeinzustand hat das Antibiotikum besonders in Verbindung mit dem Kortison Dexametason gute Ergebnisse gezeitigt. Lassen Sie diese Kombination jedoch nie als erste Lösung für eher leichte Infekte anwenden. Sie sollte ernsten Erkrankungen vorbehalten bleiben, um ihre Wirksamkeit zu behalten!

Wird Doxycyclin oral verwendet, sollten Sie es nicht mit Milchprodukten, Nutrical oder ähnlichem anbieten, da es empfindlich auf Kationen (Calcium, Aluminium, Magnesium, Zink oder Bismut) reagiert. Die Absorption ist dann vermindert und die therapeutisch notwendige Dosis kann vom Körper nicht aufgenommen werden. Kationenhaltige Medikamente sollten Sie im Abstand von 1 bis 2 Stunden verabreichen. Gleiches gilt für die Gabe eisenhaltiger Präparate, wobei der Abstand zur Doxycyclingabe hier 3 Stunden vorher oder 2 Stunden danach betragen sollte.

Für eine Gabe über das Trinkwasser ist Doxycyclin ungeeignet.

Antibiogramm
Ist die Erstellung eines Antibiogramms vor der Gabe realisierbar und die Erkrankung nicht zeitlich kritisch, empfiehlt es sich, vor der Gabe von Doxycyclin ein Antibiogramm anlegen zu lassen. Sinnvoll und besonders wichtig ist das Antibiogramm auch dann, wenn sich ein anderes Antibiotikum bereits als wirkungslos erwiesen hat. Beachten Sie hier außerdem vor der Gabe mögliche Kreuzresistenzen. Ist es nicht möglich, Proben für eine Kultur mit Antibiogramm zu nehmen oder ist die Behandlung zeitlich kritisch – bei Mäusen der Regelfall – kann Doxycyclin natürlich auch ohne diesen Laborbefund verabreicht werden.

Kontraindikationen für Doxycyclin

Doxycyclin darf nur an Tiere mit intakter Leber- und Nierenfunktion gegeben werden. Die Gabe bei vorgeschädigten Tieren kann Organversagen zur Folge haben! Ebenfalls kontraindiziert ist die Anwendung des Wirkstoffes bei trächtigen und säugenden Tieren, Jungtieren im Wachstum und bei Patienten mit gestörter Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme. Lässt sich bei letzteren die Anwendung von Docycyclin nicht vermeiden, sollten Sie mit sukutanen Flüssigkeitsdepots eine ausreichende Versorgung Ihres Patienten sicherstellen (lassen).

Resistenzen
Resistenzen sind für die meisten Stämme von E. coli, Klebsiella, Bacteroides, Enterobacter, Proteus und Pseudomonas aeruginosa bekannt.
Resistenzbildung
Oft beobachte ich, dass Halter – und auch manche Tierärzte – Breitbandantibiotika als eine Art Allheilmittel verwenden. Mitunter ist eine versuchsweise Gabe eines Antibiotikums nicht vermeidbar. Jedoch sollten Sie als Halter nicht einfach diese hochpotenten Medikamente an Ihren Patienten verabreichen, ohne das zumindest vorher mit Ihrem Tierarzt abzusprechen. Eine nicht indizierte und/oder zu häufige Gabe fördert nämlich die Bildung von Resistenzen. WICHTIG: Bei Farbmäusen denken auch in Mäusen unerfahrene Tierärzte bei Atemwegserkrankungen nicht immer an ein Herzleiden. Haken Sie vor allem dann nach dieser Differentialdiagnose nach, wenn ein Antibiotikum überhaupt keine Besserung zeigt und das Tier mindestens phasenweise erschöpft und wie außer Puste wirkt.

Nebenwirkungen

Von Tieren ohne organische Vorschädigung wird der Wirkstoff meist recht gut vertragen. Bei oraler Gabe treten jedoch häufig Durchfälle auf. Bereiten Sie sich daher vor allem bei diesem Gabemodus auf Gegenmaßnahmen vor.

Im Immunsystem kann Doxycyclin bestimmte Abläufe der neutrophilen Granulozyten hemmen. In hohen Konzentrationen kann es sich bei Tieren im Wachstum auch in den Epiphysenfugen ablagern und so den Wachstumsprozess stören. Außerdem kann das Antibiotikum bei der Gabe an Jungtiere oder tragende Mäuse die Zähne des Nachwuchses gelb verfärben – was bei der physiologischen Zahnfarbe von Nagern aber quasi nicht auffällt und keine weiteren Folgen für den Gebrauch der Zähne hat.
Bei der Gabe hoher Dosen an tragende Tiere, kann das Geburtsgewicht der Jungtiere unter dem Durchschnitt liegen.

Darüber hinaus kann es bei der Behandlung mit dem Wirkstoff zu erhöhter Photosensivität kommen. Sie sollten den Patienten daher keinem direkten Sonnenlicht oder spektrumgleichen Terrarienlampen aussetzen.
Außerdem kann Doxycyclin Urintests verfälschen und zu falsch positiven Uringlucosewerten führen.

Nebenwirkungen im Überblick

Durchfall
Durchfälle sind vor allem bei oral verabreichten Antibiotika die häufigste Nebenwirkung. Bieten Sie den Tieren daher nach einer Behandlung ausgleichende Mittel für den Darm (z.B. Bird Bene Bac, Naturjoghurt) an. Treten schwere Durchfälle auf, sollten Sie mit Dysticum oder einem Dysticum-Naturjoghurt-Gemisch gegensteuern.

Wechselwirkungen

Die Injektionslösung verträgt sich zum Verdünnen unter anderem mit Natriumchlorid 0,9%, Normosol R und Invertzucker 10%.
Zu Wechselwirkungen kann es unter anderem kommen mit anderen Antibiotika (Penicillin, Cephalosporine, Aminoglykoside), mit Antidiabetika (verringerter Insulinbedarf), Schlafmitteln oder Gerinnungshemmern (wirkt verstärkend). Einige Magen-Darm-Medikamente enthalten Kationen (Ca, Al, Mg, Zn oder Bi) und können bei oraler Gabe die Aufnahme des Wirkstoffes mindern. Dasselbe gilt für Eisenpräparate.
Mit nierenschädigenden Medikamenten sollte das Antibiotikum gar nicht gemeinsam angewendet werden. Das gilt auch für das Narkosegas Methoxyfluran, dessen Nephrotoxizität es verstärkt.
Eine gleichzeitige Anwendung von Doxycyclin und Theophyllin kann den Magen-Darm-Trakt belasten und zu Nebenwirkungen führen.

Darf ich Doxycyclin mit Milchprodukten geben?
Nein. Doxycyclin interagiert mit Kationen wie Calcium, die auch in Milchprodukten enthalten sind. Das beeinträchtigt die Wirkung des Antibiotikums. Rühren Sie es deshalb nicht in Sahne, Quark, Joghurt oder andere Milchprodukte, um es Ihrem Patienten einfacher verabreichen zu können. Auch die meisten Nagerpasten sind aus diesem Grund ungeeignet.

Lagerung und Haltbarkeit

Lagern Sie intakte Ampullen lichtgeschützt im Kühlschrank bei 2°C bis 8°C. Ist die Ampulle angebrochen, müssen Sie den Inhalt einfrieren. Andernfalls verfällt die Wirkung innerhalb von Stunden. Ziehen Sie die Injektionslösung dafür in 1ml-Spritzen auf und verschließen Sie diese luftdicht mit einem Stopfen oder einer Kanüle.
Doxycyclin Injektionslösung in ihrer wirksamen Form ist hellgelb. Verfärbt sich das Präparat, ist es verdorben!

Tabletten müssen nicht in den Kühlschrank. Lagern Sie diese dunkel, trocken und lichtgeschützt bei weniger als 30°C.

Lagerung im Überblick

Entsorgung
Entsorgen Sie Reste im Hausmüll. Leeren Sie das Antibiotikum niemals in Klo oder Spülbecken!
Disclaimer
Diese Seite dient nur der Information. Sie ist kein Ersatz für den Tierarzt und soll auch keine Behandlungsanleitungen für den Alleingang bieten. Haftung für Schäden an Ihren Tieren bei Handeln ohne Ihren Tierarzt wird daher nicht übernommen!

Quellen

Pharmakologie-Datenbank der Uni Zürich
Rattenzauber
Farbratten-zucht.de

A. Ewringmann, B. Glöckner: Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus, Enke Verlag 2008
Der Praktische Tierarzt 97, Heft 6 (2016) – Fall des Monats von Jutta Hein & Viola Melchers
Beipackzettel Doxycyclin Ratiopharm SF
Beipackzettel Heumann (Tabletten)

Letztes Update: 22.01.2021