Notfallapotheke für Pflegestellen

Für die Notfallapotheke für Pflegestellen setze ich voraus, dass Sie bei einem Fachmann den korrekten Umgang mit Spritzen und das Spritzen kleiner Nagetiere gelernt haben. Außerdem setze ich für Pflegestellen einen sorgsamen Umgang mit Medikamenten voraus und die Erfahrung, wann diese zum Nutzen des tierischen Notfallpatienten einzusetzen sind. Diese Notfallapotheke ist deshalb (in großen Teilen) KEINE Anfängerapotheke und nichts zum Experimentieren für Einsteiger! Wenn Sie Anfänger sind, lesen Sie bitte die Notfallapotheke für private Mäusehalter.

Kaffee für Mäuse – Retter bei Kreislaufproblemen und Atemnot

Kaffee mit Koffein ist in fast jedem Haushalt vorhanden und schon deshalb sehr praktisch für die Notfallapotheke. Wie beim Menschen hat er auch bei Mäusen eine kreislaufanregende Wirkung. Deshalb eignet sich Kaffee unter anderem für Tiere mit schwächelndem Kreislauf, Kreislaufkollaps oder Temperaturverlust. In diesen Fällen kann er helfen, den Kreislauf soweit zu stabilisieren, sodass Sie die Zeit bis zur Ankunft beim Tierarzt erfolgreich überbrücken können.
Wichtig bei Temperaturverlust: Zusätzlich Zucker (im Idealfall Glucose) geben!

Ebenfalls hilfreich ist Kaffee für Mäuse mit akuter Atemnot. Nach der Gabe von Kaffee atmen mäusische Patienten in der Regel etwas leichter und bekommen besser Luft.

Wer schon einmal den einen oder anderen Kaffee zu viel hatte, weiß: Zu viel des Guten ist auch nicht gesund. Kaffee kann man auch bei Mäusen überdosieren. Fangen Sie deshalb immer mit einem Tropfen an, den Sie mit einer Spritze direkt ins Maul geben. Die Wirkung entfaltet sich innerhalb von 5 bis 10 Minuten. Erst wenn der Patient nicht (ausreichend) bei einem Tropfen anspricht, dosieren Sie einen zweiten Tropfen nach – und warten wieder etwa 5 bis 10 Minuten. So können Sie einem farbmausgroßen Tier innerhalb einer Stunde bis zu 5 Tropfen dosieren. Zeigt sich danach immer noch nicht der gewünschte Effekt, hilft Kaffee in diesem Fall nicht (mehr).
Finden Sie (beispielsweise über Nacht) keinen Tierarzt, der sich Ihres Patienten annimmt, können Sie mit regelmäßigem Nachdosieren labile Patienten im Notfall (!) auch länger stabilisieren.

Bedenken Sie bei der Dosierung: Die Dosis gilt für Farbmäuse. Sie kann nicht linear für deutlich größere oder deutlich kleinere Arten berechnet werden. Beziehen Sie hier mit ein, dass der Stoffwechsel kleinerer Arten schneller ist (sie also mehr pro Gramm Körpergewicht brauchen), der von deutlich größeren Arten langsamer (sie also weniger pro Gramm Körpergewicht brauchen).

Sie haben keinen Kaffeetrinker im Haus und brauchen den Kaffee eigentlich jetzt sofort für einen Notfall? Schwarzer Tee ist zwar milder, kann aber vor allem bei Kreislaufproblemen ebenfalls helfen. Die Dosierung des Kaffees verdoppeln Sie dann einfach.

Kaffee als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Atemnot, Kreislaufprobleme
Dosierung:tropfenweise, beginnend mit einem Tropfen bei farbmausgroßen Tieren
Alternativen:dick gekochter, schwarzer Tee

Effortil - Stütze für den Kreislauf

Effortil ist ein kreislaufanregendes Mittel mit schneller Wirkung. Sein Vorteil: Es geht auch durch die Schleimhäute in den Körper über, muss von Ihrem Notfallpatienten also nicht abgeschluckt werden. Es reicht, wenn Sie einen Tropfen ins Maul geben.

Effortil greift innerhalb weniger Minuten. Sehen Sie nach 10 Minuten keinerlei Effekt, können Sie nachdosieren. Beginnen Sie aber immer mit einem Tropfen. Farbmausgroßen Tieren würde ich nicht mehr als 3 Tropfen im Abstand von jeweils 5 Minuten verabreichen, da Effortil überdosiert werden kann. Es verursacht dann beispielsweise Herzrasen. Ein ähnliches Gefühl kennen Sie vielleicht, wenn Sie schon einmal (deutlich) zu viel Kaffee getrunken haben.

Bewährt hat sich Effortil beispielsweise bei einem Kreislaufkollaps in oder nach einer Narkose, bei Kreislaufkollaps nach Hitzschlag sowie bei einem Kreislaufkollaps durch akuten Stress nach Handlingfehlern.

Effortil als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Kreislaufschwäche, Kreislaufkollaps, Wiederbelebung
Dosierung:1 bis 3 Tropfen (für farbmausgroße Tiere) im Abstand von jeweils 10 Minuten
Alternativen:jedes etilefrinhaltige Präparat in Tropfenform; sonst Kaffee mit Koffein, notfalls schwarzer Tee

Joghurt + Dysticum – Der Turbo bei Durchfall

Durchfall ist eine lebensbedrohliche Erkrankung bei Mäusen. Unabhängig von einer möglichst zügigen Feststellung (und Beseitigung) der Ursache ist eine symptomatische Behandlung essenziell. Unabhängig von der konkreten Ursache hat sich die Kombination von Dysticum und Naturjoghurt in der Praxis als effektiver Durchfallstopper bewährt.

Dafür vermischen Sie einen Teil Dysticum mit drei bis vier Teilen Naturjoghurt und geben dem Patienten davon so viel, wie er Ihnen abnimmt. Diese Kombi kann nicht überdosiert werden. Ihre Maus kann davon also so viel bekommen, wie sie mag. Verfüttern Sie die Mischung verteilt über den Tag mehrmals, wobei gilt: je dünner der Durchfall ist, umso häufiger sollten Sie es anbieten. Den Effekt sollten sie binnen wenigen Stunden sehen.

Achtung: Der Kot verfärbt sich bei der Gabe von Dysticum dunkel bis fast schwarz. Das ist normal.

Dysticum (Wirkstoff: Huminsäure) gehört zu den lange haltbaren Medikamenten und ist nicht sehr teuer. Holen Sie sich also ruhig ein Beutelchen vom Tierarzt und packen Sie es in Ihre Mausapotheke. Kein Dysticum im Haus, aber Sie brauchen es jetzt? Vielleicht hat eine Apotheke in Ihrer Nähe Activomin. Der Wirkstoff ist identisch. Sie müssen die Kapseln nur öffnen. Alternativ verwenden Sie Kohlekompretten. Einfach mörsern und wie das Dysticum-Pulver verwenden.

Dysticum oder seine Ersatzpräparate können Sie außerdem als Erste Hilfe bei oralen Vergiftungen verwenden, wenn Sie diese zeitnah bemerken. Dann können Sie das Pulver auch in ein anderes Medium als Joghurt rühren.

Dysticum kann Wechselwirkungen insbesondere mit anderen oralen Medikamenten haben. Lesen Sie daher bitte unbedingt die Dysticum-Info vor der Anwendung!

Joghurt und Dysticum als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Durchfall, orale Vergiftungen
Dosierung:so viel Ihr Tier davon nimmt
Alternativen:Activomin (rezeptfreies Humanpräparat), Kohlekompretten

Traubenzucker – Kreislaufprobleme und Untertemperatur

Traubenzucker ist Glucose, also ein Einfachzucker. Den muss der Körper nicht aufschließen und kann ihn sofort ins Blut übernehmen. Das ist vor allem bei Akutfällen nach längerer Nahrungsverweigerung oder nach Hungerphasen, bei Kreislaufproblemen und Untertemperatur von Vorteil. Traubenzucker wird dann Teil des Kickstarts für Stoffwechsel und Kreislauf. Besonders, wenn ein Patient noch nichts Festes wieder fressen kann oder der Kreislauf für den Weg zum Arzt gestützt werden soll, ist dieser einfache, schnelle Zucker vorteilhaft.

Der Zucker wird einfach in etwas Wasser gelöst und per Spritze eingegeben. Bei Tieren, die zwangsgefüttert werden müssen, sollten Sie die Lösung sehr dickflüssig machen. So reicht schon der abgeschluckte Teil eines Tropfens bei kleineren Arten. Für Mäuse, die das Wasser noch selbst von der Spritze ablecken und so mehr Volumen aufnehmen, reicht eine dünnere Lösung. Wollen Sie den Kreislauf per Päppelbrei stützen, bietet sich Traubenzucker in den ersten 24 Stunden als Breibestandteil auch für selbständig fressende Notfallpatienten an.

Haben Sie keinen Traubenzucker zur Hand, können Sie auch Honig verwenden. Der besteht je nach Sorte zu 22 bis 41% aus Glucose. Eine andere Alternative ist Haushaltszucker, die Saccharose. Dieses Disaccharid muss zwar noch aufgespalten werden, besteht aber zur Hälfte aus Glucosemolekülen, liefert also die wichtige Glucose im zweiten Schritt.

Achtung: Bei diabetesgefährdeten Arten sollten Sie den Einsatz gut abwägen.

Traubenzucker als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Kreislaufprobleme, Untertemperatur, ausgehungerte Mäuse, Nahrungsverweigerung
Dosierung:Traubenzucker je nach Fall 1:1 bis 20:1
Alternativen: Haushaltszucker, Honig

Glucoselösung – Flüssigkeit und Kickstart für den Stoffwechsel

In einigen Fällen können Sie Kochsalzlösung durch Glucoselösung aus der Apotheke ersetzen oder mit ihr kombinieren – etwa bei stark abgemagerten oder an schwerem Durchfall erkrankten Mäusen.

Ist ein Temperaturverlust bei einer Maus auf eine Hungerperiode zurückzuführen, sollten Sie Glucoselösung einer Kochsalzlösung zur Injektion vorziehen. Ausgekühlte Mäuse können nicht mehr selbständig fressen und auch die Verdauung läuft nur noch auf Sparflamme. Wenn Sie Ihren Patienten erwärmen, braucht der Stoffwechsel jedoch zumindest etwas Substanz, damit der Kreislauf nicht kollabiert. Die liefert die Glucoselösung, die hier als Kickstart für den Stoffwechsel fungiert. Der hat so etwas zum Verbrennen, wenn er wieder hoch fährt. Hat Ihr Patient nach der Erstversorgung wieder Normaltemperatur, nehmen die meisten Tiere auch wieder Brei aus der Schüssel an.
Einen ähnlichen Kickstart-Effekt kann Glucose auch bei einem Kreislaufkollaps haben. Sie eignet sich deshalb auch als Injektionsflüssigkeit im Rahmen von Wiederbelebungsmaßnahmen, etwa bei Problemen in oder nach einer Narkose.

Achtung: Wenn Sie Glucoselösung spritzen, sollten Sie farbmausgroßen Tieren nicht mehr als 0,2 bis 0,3ml verabreichen. Müssen Sie nachspritzen, weil Ihr Patient stark dehydriert ist, verwenden Sie besser Ringer-Laktat-Lösung oder Kochsalzlösung.

Ähnlich wie beim Traubenzucker sollten Sie auch hier die Verwendung bei zuckersensiblen Arten gut abwägen.

Glucoselösung als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:nach Hungerphasen für Kreislauf und Stoffwechsel, als Komponente der Wiederbelebung, Untertemperatur
Dosierung:farbmausgroße Tiere einmalig 0,2 bis 0,3ml
Alternativen: keine

Kochsalzlösung - Von Dehydration bis Volumenersatz

Sterile Kochsalzlösung aus der Apotheke würde ich jeder Pflegestelle empfehlen, da sie sehr vielseitig ist. Zum einen können Sie stark geschwächten, dehydrierten Mäusen ein Flüssigkeitsdepot unter die Haut spritzen. So wird der Kreislauf gestützt und innere Organe – insbesondere die Nieren – werden vor (weiteren) Schäden bewahrt. Im Schnitt spritzen Sie einem farbmausgroßen Exemplar 0,2 bis 0,4 ml. Prüfen Sie eine Stunde nach der Gabe per Hautfaltenprobe, ob das Tier ein weiteres Depot benötigt und spritzen Sie so im Stundentakt nach, bis der Flüssigkeitshaushalt aufgefüllt ist.
Mit steriler Kochsalzlösung können Sie aber auch das vorsichtige Aufwärmen bei Tieren mit Untertemperatur unterstützen. Wärmen Sie die Lösung in der Spritze auf etwa 30 bis 35°C an – also etwas mehr als handwarm. Stellen Sie dafür die Spritze einige Sekunden in ein Glas heißes Wasser und prüfen Sie vor dem Spritzen die Temperatur. Hier reichen in der Regel 0,2ml für den Effekt. Wichtig ist, dass Sie den Patienten anschließend in einer Wärmebox unterbringen, da die warme Lösung allein keine Normaltemperatur wieder herstellen kann. Dieses Verfahren empfiehlt sich vor allem bei Tieren mit massivem Substanzverlust und leichter Austrocknung.

Spritzen Sie niemals ein zu hohes Volumen auf einmal! Das kann den Kreislauf überlasten und den Zustand Ihres Patienten eher verschlechtern als verbessern. Achtung: Bei Mäusen mit einem extrem schlechten Allgemeinzustand kann die Injektion das Zünglein an der Waage sein. Vertragen die Patienten die Spritze, bessert sich der Zustand in den folgenden Stunden. Sind sie zu schwach, beschleunigt eine Injektion den Verfall. Das Tier verstirbt in der Regel in den kommenden 5 bis 60 Minuten.

Sterile Kochsalzlösung können Sie aber auch äußerlich anwenden – etwa zum Spülen von Wundtaschen oder zum sanften Reinigen von Wundflächen, verklebtem Fell und ähnlichem. Die Lösung darf auch mit Augen und Schleimhäuten in Berührung kommen. Kochsalzlösung hat keinen desinfizierenden oder antibiotischen Effekt. Sind Desinfektion oder eine Antibiose nötig, müssen Sie für diese nach der Akutversorgung noch sorgen.
Eine Flasche der Lösung kostet nur wenige Euro und hält – angebrochen im Kühlschrank gelagert und stets auf hygienische Entnahme geachtet – sehr lange. Verwenden können Sie Kochsalzlösung für alle Mausarten und kleinen Säugerexoten.

Kochsalzlösung als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Dehydration, Kreislaufschwäche, Temperaturverlust, Wundspülung
Dosierung:farbmausgroße Tiere ca. 0,2 – 0,4ml pro Gabe
Alternativen: keine

Päppelbrei – Von Apathie bis Untergewicht

Nehmen kleine Nager nicht genug Nahrung auf, verlieren sie schon binnen kürzester Frist stark an Körpersubstanz. Um den Tieren bei Entdecken eines Notfalls schnell helfen zu können, sollten Sie einen Päppelbrei in Ihrer Notfallapotheke für Mäuse liegen haben. Welche Zusammensetzung der hat, richtet sich nach der von Ihnen gehaltenen Mäuseart. So können Sie beispielsweise für Farbmäuse sehr gut einen 5- oder 7-Kornbrei aus der Babyabteilung verwenden. Wenn Sie möchten, können Sie aber auch auf Sondennahrung oder Päppelmedien zurückgreifen, die Sie beim Tierarzt erwerben können. Wichtig: Diabetesgefährdete Arten sollten regulär keine Breie mit Getreide, Zucker oder Früchten erhalten. Für herbivore Nager empfiehlt sich ein entsprechender Brei aus Kräutern, Blättern und Gräsern. Achten Sie bei Rezepten, die Päppelpasten wie Nutrical enthalten, ebenfalls auf die Zuckertoleranz der von Ihnen gehaltenen Mäuseart.

Päppelbrei hilft Ihrem kleinen Patienten, wenn er stark untergewichtig, apathisch oder schwach ist. So kann die kranke Maus einfach und schnell zumindest die nötigsten Kalorien aufnehmen. Außerdem hat Brei die nötige Konsistenz, um ihn notfalls aus der Spritze anzubieten oder Ihren Nager damit bei der Zwangsfütterung zu ernähren.

Auch Patienten mit Atemnot profitieren von einem (recht dünnen) Brei, da sie diesen schneller und damit problemloser fressen können. Zudem müssen sie beim Fressen keine Haltung einnehmen, die das Atmen noch anstrengender macht.

Päppelbrei ist damit ein Mittel, das einer schwerkranken Maus die nötigen Nährstoffe über einige Tage, notfalls Wochen liefert. Er verhindert, dass die Temperaturregulation des Patienten durch mangelnde Substanz zusammenbricht und das Tier auskühlt. Er hält den Stoffwechsel und damit auch den Kreislauf in Betrieb und liefert – teils mit speziellen Zusätzen – gezielt Nährstoffe, die Dysbalancen oder akute Mangelzustände ausgleichen können. Mit Päppelbrei verhindern Sie also im Idealfall nach dem Tierarztbesuch, dass Ihr Patient (erneut) ein lebensgefährliches Stadium erreicht.

Päppelbrei als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Apathie, Untergewicht, Mangelernährung, Kreislaufprobleme, Temperaturverlust; Atemnot
Dosierung:so viel, wie die Tiere freiwillig annehmen; bei Zwangsfütterung wären 0,2ml/ Mahlzeit bei 5 – 6 Mahlzeiten am Tag für farbmausgroße Tiere gut
Alternativen: Mehlbrei, Zuckerwasser, Babybrei, Haferschleim, püriertes Obst oder Gemüse mit Öl, …

Lotagen – Erste Hilfe bei starken Blutungen

Lotagen ist ein Konzentrat mit schwarz-roter Färbung, das entweder pur oder in Verdünnung (z. B. 1:10) angewendet wird. Es hat eine Eiweiß denaturierende Wirkung. Die können Sie sich bei verletzten, stark blutenden Tieren zunutze machen.

Mäuse haben nur wenige Milliliter Blut. In der Regel sind Blutungen jedoch nicht so stark, dass der Körper sie nicht von selbst wieder stoppen kann. Bisswunden etwa von der eigenen Art sind als blutende Einzelwunde selten gefährlich. Vor allem Unfälle mit anderen Haustieren oder an gefährlichem Inventar können jedoch so große Wunden verursachen, dass ein schnelles Stillen der Blutung lebensrettend sein kann. Vor allem stark und länger blutende Verletzungen der großen Gefäße im Schwanz können zu einem gefährlichen Volumenverlust und schlussendlich auch zum Schock und zum Zusammenbruch des Kreislaufes führen.

Hier ist schnelle Hilfe gefragt – und die kann Lotagen leisten. Für diesen Notfall wird die pure Lotagenlösung auf die Wunde getropft. Der denaturierende Effekt des Mittels hilft, die Blutung recht schnell zu stoppen, wenn die Wunde punktuell, aber sehr tief ist.

Bei der Anwendung auf blutenden, flächigen Wunden sollten Sie vor der Anwendung Schaden und Nutzen abwägen. Blutet die Wunde stark und besteht die Gefahr eines hypovolämischen Schocks, ist Lotagen angezeigt. Ist die Wunde dagegen groß, blutet jedoch nur gering bis mäßig und mit nachlassender Intensität, kann es sinnvoll sein, auf Lotagen zu verzichten. Die Lösung stoppt hier nämlich nicht nur die Blutung, sondern schädigt mit dem denaturierenden Effekt auch den Muskel und hinterlässt so einen dauerhaften Schaden. Entscheidungshilfe im Zweifel: Wird das verletzte Tier blass, schlapp oder apathisch, ist schnelles Handeln gegen die Blutung angezeigt.
Wichtig: Der denaturierende Effekt reicht nicht (immer) bei sehr großen, tiefen Wunden – etwa nach Beißereien bei Ratten, Kaninchen oder Meerschweinchen. Die Anwendung ist eher auf kleine Nager beschränkt.

Übrigens: Pures Lotagen eignet sich auch zum regelmäßigen Veröden permanent leicht blutender Warzen, wie sie bei Vielzitzenmäusen öfters zu beobachten sind.

Lotagen als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:stark blutende Wunden
Dosierung:auf die Wunde auftropfen, sodass sie komplett bedeckt ist
Alternativen:keine

Vitamin K – Der interne Blutungsstopper

Vitamin K spielt eine große Rolle in der Blutgerinnung. Deshalb wird es mitunter bei starken inneren oder äußeren Blutungen gespritzt, um die Blutung so schneller zum Stehen zu bekommen. Farbmausgroße Tiere bekommen davon etwa 0,05ml einmalig gespritzt. Der Effekt dauert jedoch länger als bei Lotagen. Die Anschaffung lohnt auch nur, wenn Sie häufiger mit Tieren mit Blutungen zu tun haben. Dafür können Sie Vitamin K auch bei größeren, tiefen Wunden und damit auch bei größeren Arten anwenden.

Lotagen als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:stark blutende Wunden, innere Blutungen
Dosierung:ca. 0,05ml für farbmausgroße Tiere
Alternativen:keine

Cortison – Wenn die Luft knapp wird

Eins vorneweg: Cortisone sind verschreibungspflichtig und eine Gruppe sehr starker Medikamente. Sie bedürfen daher besonders großer Sorgfalt im Umgang. Im Notfallmanagement ist ihr Einsatz auf Mäuse mit akuter Atemnot beschränkt. Hierfür brauchen Sie ein schnell wirkendes Cortison als Injektionslösung. Indiziert ist der Einsatz bei Mäusen mit schweren Symptomen – etwa mit starker Zyanose, Schnappatmung und stark pumpender Atmung. Hier kann es dem Patienten akut Erleichterung verschaffen und die Zeit überbrücken, bis Maßnahmen greifen, die Sie mit Ihrem Tierarzt gegen die Ursache der Atemnot ergreifen. Ab welcher Symptomintensität Cortison sinnvoll ist, entscheidet Ihre Erfahrung als Pflegestelle. Wenn Sie neu im aktiven Tierschutz sind, sollten Sie sich daher im Idealfall in der Beurteilung solcher Fälle von erfahrenen Pflegestellen, Privathaltern oder Tierärzten anlernen lassen!

Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt genau zu Einsatz und Dosierung anleiten. Cortison in der Notfallapotheke lohnt sich nur, wenn Sie als Pflegestelle in die Verlegenheit kommen, in Wohnungsräumungen mitzuarbeiten oder (öfter) schwer kranke Tiere zu übernehmen. Vor allem für Pflegestellen mit Farbmäusen kann sich Cortison in der Notfallapotheke lohnen, da diese öfter mit schweren Atemwegserkrankungen im Tierschutz landen.

Cortisone als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:Atemnot, Zyanose, stark pumpende Atmung
Dosierung:je nach Medikament unterschiedlich – fragen Sie Ihren Tierarzt
Alternativen:Kaffee mit Koffein (Achtung: Wirkung ist deutlich schwächer und weniger lang anhaltend)

Wärmebox – Must have für Pflegestellen

Wärme hat in vielen Notfällen eine wohltuende Wirkung und kann sogar lebensrettend sein. Wenn Sie dauerhaft Mäuse als Haustiere haben möchten, lohnt sich die Anschaffung einer Wärmebox, da sie nicht nur in akuten Notfällen, sondern auch bei langwierigen Problemen gute Dienste leistet. So brauchen Sie die Wärmebox beispielsweise für:

  • Temperaturverlust
  • Kreislaufprobleme
  • Verletzungen
  • Untergewicht
  • nach einem Schock
  • nach einer OP
  • bei allen Phänomenen mit sehr schlechtem Allgemeinzustand

Es gibt aber auch Fälle, wie etwa Entzündungen, in denen Wärme kontraproduktiv sein kann. Halten Sie deshalb im Zweifel Rücksprache mit Ihrem Tierarzt, bevor Sie die Box nutzen.

Die Wärmebox sollte immer so beschaffen sein, dass sie einen Wärmespot mit erhöhter Temperatur bietet und einen etwas kühleren Bereich. Die Wärmequelle muss eine permanente Quelle sein. Hier bieten sich beispielsweise Wärmelampen oder Keramikstrahler, aber auch Heizmatten an. Wichtig ist, dass die Leistung des Heizelementes zur Box passt. Probieren Sie die Kombination also unbedingt aus, bevor Sie sie für den Ernstfall brauchen, damit die notwendige Temperatur erreicht, aber nicht überschritten wird.

Ich nutze für meine Boxen eine Exoterra Heat Glo Infrared mit 50 Watt Leistung. Braucht es der Patient sehr warm, heize ich damit eine 39x22x25cm große Faunabox. Alternativ kombiniere ich die Wärme mit einer 55x39x27cm großen Dunabox.

Die Wärmebox als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:sehr schlechter Allgemeinzustand, Temperaturverlust, Apathie, Verletzungen, Post-OP, …
Dosierung:solange externe Wärme gebraucht wird und/oder der Genesung förderlich ist
Alternativen:Box mit Wärmeflasche, warmem Glas o.ä.

Spritzen + separate Nadeln – So kommt das Medikament ins Tier

Kann eine schwer kranke Maus nicht mehr fressen oder ein Medikament oral aufnehmen oder muss schnell relativ viel Flüssigkeit supplementiert werden, sind Spritzen mit Nadeln unverzichtbar. In der Regel reichen für Injektionen 1-ml-Spritzen. Als Nadeln verwende ich die kleinen, schmalen G27x1/2“. Sie genügen für alle hier zum Spritzen genannten Medikamente. Sehr zähflüssige oder ölige Medien lassen sich damit jedoch nur schlecht spritzen. Hier brauchen Sie Nadeln mit größerem Durchmesser.

Einige Pflegestellen nutzen gern Insulinspritzen mit festen Nadeln. Die haben allerdings den Nachteil, dass Sie sie bei Bedarf nicht ohne Nadel für die Hand- oder Zwangsfütterung zweckentfremden können.

Bei Ratten, Hamsterratten und ähnlich großen Patienten dürfen das auch 2ml- bis 5ml-Spritzen sein. In diesen Spritzen lassen sich zum einen Medikamente zur Gabe direkt ins Maul sehr gut aufziehen. Für sehr kleine Arten würde ich allerdings als Aufsatz noch eine Laborpipette oder Zitzenkanüle empfehlen, um den Patienten am Maul oder am Kiefergelenk nicht zu verletzen.

Außerdem können Sie Päppelbrei sehr gut in der Spritze aufziehen und ein geschwächtes Tier so bequem von Hand und notfalls auch zwangsfüttern.

Spritzen mit separaten Nadeln als Notfallmittel auf einen Blick:
Indikation:subkutane Medikamenten- und Flüssigkeitsgabe, Päppeln, Zwangsfütterung
Dosierung:/
Alternativen:keine für subkutane Gabe; Pipetten zum Füttern bzw. für orale Gabe

Achtung: Spitzen will gelernt sein. Lassen Sie sich das immer von Ihrem Tierarzt zeigen und unternehmen Sie die ersten Gehversuche im Idealfall an toten Tieren, bevor Sie unter ärztlicher Aufsicht an lebenden Tieren lernen! Spritzen Sie immer waagerecht zum Körper Ihres Patienten. So kann er Ihnen nie aus Versehen in die Spritze springen und sich dabei (tödlich) verletzen.

Disclaimer
Diese Seite dient nur der Information. Sie ist kein Ersatz für den Tierarzt und soll auch keine Behandlungsanleitungen für den Alleingang bieten. Haftung für Schäden an Ihren Tieren bei Handeln ohne Ihren Tierarzt wird daher nicht übernommen!