Was Tierquälerei ist, da gehen die Meinungen bei Tierhaltern weit genug auseinander, dass in der Kluft locker der Mount Everest verschwinden würde. Dass viele Halter da menschliche Maßstäbe anlegen, macht die Sache weder einfacher noch besser. Im Gegenteil, in Foren und auf Social Media Plattformen werden die moralischen Waffen erhoben und aufeinander gerichtet. Nicht selten gehen in den Grabenkriegen dabei die unter, um die man sich in teils seitenlangen Statements bekriegt: die Mäuse. Ich neige dann dazu, mir eine Tüte Popcorn zu nehmen und heimlich mit mir selbst zu wetten, wer als erstes heult. Eine Sache bringt allerdings auch mich manchmal so auf die Palme, dass ich mein ja ohnehin recht loses Mundwerk einfach nicht halten kann: die ewige Diskussion über Fahrtstrecken.
Opi on Tour
“Du kannst doch nicht so eine alte Maus so weit fahren lassen!?” Oh doch, ich kann – habe ich schon und werde es auch wieder tun. Den traurigen Rekord hält Böcki “Oppi”, der 1,5 Jahre allein in einem süddeutschen Tierheim schimmeln musste, bevor er halbtot in einer Nacht- und Nebelaktion aus eben diesem Tierheim gelogen und auf eine rund 950km weite Reise nach Flensburg geschickt wurde. Der Schatten von einer Maus, der da ankam, hätte wohl keine Woche mehr gelebt, wäre er geblieben, woher er kam.
“Hoffentlich lebt er noch, wenn er ankommt”, hatte mir meine Schwester im Geiste und Komplizin damals geschrieben, nachdem sie ihn der Mitfahrgelegenheit übergeben hatte. Gemeint war allerdings nicht die Mammutstrecke von fast 1000km. Die hat der damals 2,5 Jahre alte Oppi komplett verschlafen. Gemeint war, was Einsamkeit aus dem kleinen Chocolate Fox gemacht hatte: ein hutzeliges, dürres Fragment mit müdem Blick. Der erhellte sich schlagartig, als der kleine Kerl Artgenossen sah. Nach einer Woche hatte ich keine tote Maus, sondern ein kleines Wunder.
Oppi freute sich einfach über alles und jeden. Energiegeladen, mobil und überaus freundlich zu Böcken und Kastraten gleichermaßen lebte der kleine Mann, den keiner hatte haben wollen, noch ein gutes Jahr bei mir. Und ich konnte jeden Abend den Stinkefinger Richtung Süden förmlich sehen – so, wie ich ihn jetzt bei Frederik sehe. Den mussten wir zwar nicht aus seinem Tierheim schwindeln – im Gegenteil – aber auch für ihn gab’s böse Blicke. So ein schwer krankes Tier. Der Stress. Die Fahrt. Oh Gott. Wie kannst Du nur!? Wie? Telefonieren, Fahrtenkette organisieren und ein Heim mit Familie bieten, so lange er noch leben will und kann. Zwei Tage, zwei Wochen, zwei Monate. Wir werden sehen.
Die Kirche, das Dorf und so
Leute, ganz ehrlich? Wer tönt, dass es für das unkastrable, einsame, alte Böckchen oder den Solokastraten im Tierheim XY zu weit zu mir ist, der möge sie doch bitte selbst abholen oder dafür sorgen, dass es es jemand in Laufweite tut. Und zwar hurtig. Na wie? Könnt Ihr nicht? Ihr kennt da niemanden? Und bei Euch geht auch nicht? Na sowas! Weit fahren dürfen sie nicht. Aber abholen tut sie auch keiner. Willkommen beim Tierschutz für Idealisten.
Ja, ich bin böse. Und ich bin verdammt garstig, wenn mir jemand in solchen Situationen mit der Unzumutbarkeit von (ein paar) 100km Fahrtstrecke kommt. Nichts ist zu weit, wenn es Leben rettet und wieder lebenswert macht. Deshalb setze ich auch alte und kranke Tiere in ein Taxi und hoffe, dass es noch nicht zu spät ist. Das Risiko fährt immer mit und niemand garantiert mir, dass sie überhaupt noch lebend ankommen. Manchmal sehe ich auch erst beim Auspacken, wie knapp an einem Perspektivenwechsel auf die Radieschen eine Maus wirklich vorbeigeschrammt ist.
Theorie und Praxis
Da wären wir also wieder bei einem meiner Lieblingsthemen. Der Theorie und ihrem (Miss)Verhältnis zur Praxis. Die Wahrheit über Autofahrten ist nämlich leider nicht so schwarzweiß, wie manche Idealisten sie gern hätten. Fakt ist: Jeder Umzug ist mit Stress verbunden, ganz gleich ob die Zwerge jetzt nur 500m Luftlinie weiter ziehen oder 500km weit fahren. Die stressigsten Phasen erleben beide gleichermaßen und das sind das Einfangen, Einpacken und der Stadtverkehr. Ginge es also nach unserer Anti-Stress-Fraktion, dürften Mäuse gar nicht umziehen.
Den Stress auf Langstrecken suche zumindest ich bis heute vergeblich. Ich bin in den über 15 Jahren im Tierschutz schon alle möglichen Strecken mit allen möglichen Tieren gefahren. Mein Fazit: Katzen sind die schlechtesten Mitfahrer. Gejammer, Protest und Ausbruchsversuche von Fahrtbeginn bis Fahrtende – egal, ob wir 15 Minuten oder 5 Stunden unterwegs waren. Mäuse sind da pragmatisch. Die Mehrheit richtet sich schon nach ein paar Minuten häuslich in ihrer Box ein – und guckt bei der Ankunft dann entsprechend verschlafen aus der Wäsche.
Gerade die gleichförmige Bewegung auf der Autobahn scheint ein wahres Mäusevalium zu sein. Kilometerfressen als Einschlafhilfe. Richtig verpackt, schläft das Völkchen recht entspannt und steht maximal für einen kurzen Imbiss auf. Schwierig kann es lediglich mit scheuen Wildmäusen, Wüstenspringern und einigen, wenigen anderen exotischen Mäusen werden. Da bin ich auch schon mit Maus auf dem Schoß, statt in der Box 150km zum Tierarzt gefahren, bevor Madame Maus sich den Schädel am Boxendeckel einrennt.
Sieht man von solchen Ausnahmen – die ich problemlos an einer Hand abzählen kann – ab, ist das Projekt Mäuse-Langstreckentaxi nicht halb so verwerflich, wie manche es hinstellen. Verpackt die Süßen ordentlich und alles ist gut.
Entspannt ans Ziel
Jetzt hat sie schon zweimal was von “richtig verpacken” geschrieben. Aber wie verpackt man Mäuse denn nun richtig? Das Rezept ist denkbar einfach:
Man nehme eine Box, die je nach Gruppengröße und Mausart dem gesunden Menschenverstand in der Größe als passend erscheint. Diese sollte zugluftgeschützt und bei starken Nagern wie Vielzitzenmäusen nicht annagbar sein. Hinein gebe man etwas benutzten Untergrund aus dem Gehege (Streu, Sand, Erde, Konfetti oder was auch immer Ihr drin habt) und ergänze diesen durch eine großzügige Handvoll Heu.
Dazu gebe man artspezifische Leckereien in trockener und frischer Form. Und lasst die Finger von lebenden Insekten. Glaubt mir, das ist ne Sch***idee! Schaben, Grillen oder anderes Gelichter braucht kein Mensch unter der Rückbank.
Ebenfalls out sind Häuschen jenseits von Pappschachteln oder Klopapierpappmaché. Unterschlupfe aus Glas, Keramik, Holz, Ton und ähnlich schwerem Material können schon bei einer einzigen, scharfen Bremsung zum tödlichen Geschoss werden. Dasselbe gilt für Futternäpfe, Hamsterklos und ähnliche Spielereien.
Blickdicht, mit Essen versorgt und so gestellt, dass die Box bei scharfen Bremsmanövern nicht durchs Auto fliegt, kann es los gehen: 500m oder 500km. Wichtig vor allem im Sommer ist der sonnengeschützte Standplatz. Wo die Sonne reinknallt (Beifahrersitz, Kofferaum mit Fließheck) haben Transportboxen nix zu suchen. Gleiches gilt für die Plätze direkt vor der Klimaanlage.
Beachtet Ihr das können die Kleinen entspannt umziehen, wo auch immer es hin geht…
Hallo Sarah,
ich sehe einige Details auch dieses Themas etwas anders.
Aber KleinSTsäuger, die während der Stunden der Reise beinahe ständig aufgeregt in den großen Boxen auf den Hinterhänden standen oder vor Aufregung wach blieben, bis sie erschöpft darnieder lagen, von den Futter- und Frischbrocken nichts gefressen haben, hatten nach Stunden ein Energiedefizit. Denn diese Ratten verloren durch das viele Speicheln (das die sich putzenden Übersprungshandlungen) begleitet, Wasser, Salze und Kohlenhydrate. Wenn du mal nachschaust, welche Stoffgemisch die Sekrete bilden, wirst du vllt. nicht sagen, dieser Distress sei nicht schlimmer als. Ich bin mit Ratten (HaWi-halbwüchsig) gereist, die sich nicht beruhigt haben, die haben atemverkrampft in den Boxen gehockt und sind wirklich erschöpft in meinem Zuhause mit mir angekommen. Ich bin freilich auch mit solchen Mäusen und Rattis nach Hause gefahren, die in den Boxen gut gepackt waren und nach kurzzeitiger Aufregung dort ruhten … sich scheinbar entspannten und sogar schliefen. Ne Maus, die sich in endlicher Zeit entspannt und schläft, geht ins Stoffwechseltief und verbraucht nicht mehr als das “bisserl”, was der Energieerhaltungsstoffwechsel anteilig ausmacht… anders als die stundenlang aufgeregte Maus oder Ratte
Gern hätte ich all die Jahre an meinen Grundsätzen .. die Reisezeit, die Packungs- und Transportdetails betreffend, festgehalten. Ich bin nicht immer konsequent geblieben..
Als jemand, der nur die Deutsche Bahn, den Stadtverkehr und das Fahrrad nutzte und die damit verbundenen Reisekosten kalkulierte (Ländertickets), habe ich die Grenzen meiner Einzugsgebiete auf 100 km gesetzt (rückfahrt) und die Rückfahrzeiten auf 2 h . Ausnahmen waren weitere Fahrten zwischen Magdeburg und Jena, zwischen Würzburg und Jena. Gottseidank waren die so gereisten Ratten eher neugieriger Natur und haben sich von mir im Zug reisend besänftigen, ablenken, streicheln und sogar füttern lassen, duften auch mal aus den Boxen steigen, untern Pulli kriechen und kacken, Wohlgemerkt, es waren immer ausgewachsene Ratten – es waren nie die einfachen Jungtiere, Meinen Vielzitzenmäusen habe ich zugemutet, mir mir (Box im Rucksack) und dem Fahrrad zu fahren. Aber es waren die einzigen Jungmäuse, mit denen ich je gereist bin. Deshalb habe ich denen auch mal die Tour mit mir auf dem Rad zugemutet.
Gruß
Hallo Sarah,
ich sehe einige Details auch dieses Themas kritisch.
KleinSTsäuger, die während der Stunden der Reise beinahe ständig aufgeregt in den großen Boxen auf den Hinterhänden standen oder vor Aufregung wach blieben, bis sie erschöpft darnieder lagen, von den Futter- und Frischbrocken nichts gefressen haben, hatten nach Stunden ein Energiedefizit. Denn diese Ratten verloren durch das viele Speicheln (das die sich putzenden Übersprungshandlungen) begleitet, Wasser, Salze und Kohlenhydrate. Wenn du mal nachschaust, welche Stoffgemische die Sekrete bilden, wirst du vllt. nicht sagen, es sei generell nicht schlimm. , wenn man Ratten in Boxen verstaut reisen lässt.. Ich bin mit Ratten (HaWi-halbwüchsig) gereist, die sich nicht beruhigt haben. Wir waren nur nur zwischen Erfurt und Jena unterwegs und diese halbwüchsigen Rattis incl. ihrer Mutti und ihrer schon deutlich älteren Artgenossin haben atemverkrampft in den Boxen gehockt und sind wirklich erschöpft in meinem Zuhause mit mir angekommen. Ich bin freilich auch mit solchen Mäusen und Rattis nach Hause gefahren, die in den Boxen gut gepackt waren und nach kurzzeitiger Aufregung dort ruhten … sich scheinbar entspannten und sogar schliefen. Ne Maus, die sich in endlicher Zeit entspannt und schläft, geht ins Stoffwechseltief und verbraucht nicht mehr als das “bisserl”, was der Energieerhaltungsstoffwechsel anteilig ausmacht… anders als die stundenlang aufgeregte Maus oder Ratte.
Gern hätte ich all die Jahre an meinen Grundsätzen .. die Reisezeit, die Packungs- und Transportdetails betreffend, festgehalten. Ich bin nicht immer konsequent geblieben..
Als jemand, der nur die Deutsche Bahn, den Stadtverkehr und das Fahrrad nutzte und die damit verbundenen Reisekosten kalkulierte (Ländertickets), habe ich die Grenzen meiner Einzugsgebiete auf 100 km gesetzt (rückfahrt) und die Rückfahrzeiten auf 2 h . Ausnahmen waren weitere Fahrten zwischen Magdeburg und Jena, zwischen Würzburg und Jena. Gottseidank waren die so gereisten Ratten eher neugieriger Natur und haben sich von mir im Zug reisend besänftigen, ablenken, streicheln und sogar füttern lassen, duften auch mal aus den Boxen steigen, untern Pulli kriechen und kacken, Wohlgemerkt, es waren immer ausgewachsene Ratten – es waren nie die einfachen Jungtiere, Meinen Vielzitzenmäusen habe ich zugemutet, mir mir (Box im Rucksack) und dem Fahrrad zu fahren. Aber es waren die einzigen Jungmäuse, mit denen ich je gereist bin. Deshalb habe ich denen auch mal die Tour mit mir auf dem Rad zugemutet.
Gruß
Ich hab leider auch nden Falle rlebt dass zwei sonst untertrennliche Mäuse die ca 20 Minuten Reise vom TA zurück nach Hause dazu genutzt haben, aufeinander loszugehen. Ich konnte leider kaum eingreifen Wenn die Fahrt länger gedauert hätte , hätte ich ein Mausel vermutlich gleich begraben können..
Und der andere fall war dass 4 Mausels eine Stundenlamge Fahrt fast komplett verpennt haben. Ich denke einfach dass es da kein ja und nein gibt sindern ungezählte jeins
Passieren kann natürlich immer was. Aber das kann es a) zu Hause auch und b) ist das wirklich eine verschwindende Minderheit der Fälle. Ich bin ja auch schon mit Springmaus auf dem Schoß gefahren, weil sie partout nicht in der Box bleiben wollte und ich hab auch schon Mäuse vom Rücksitz gepflückt, die sich rausgefressen haben. In der Regel waren das dann aber Wildmäuse oder irgendwelche Exoten, wo man das schon absehen konnte. Farbis find ich sehr chillige Fahrgäste, Hamster auch und die Mehrheit der Exoten auch. Spannend wird es bei Mongolen und anderen Rennern und bei VZM und Ratten. Da würde ich sagen, pennen ca. 5-10% nicht, sondern arbeiten mit Freiheitsdrang an der Box. ^^
Ich find es nur einfach furchtbar, wenn die Leute mit dem Totschlagargument kommen, das sei ja so unzumutbar und der Stress und so… Das stimmt nämlich so einfach nicht.