Chloramphenicol für Mäuse und andere Nager
Präparate:
- Chloromycetin
- Chloro-Sleecol
- Otiprin N
- Prurivet S
Präparate:
(Humanmedizin)
- Halomycetin (A)
- Kemicetin (A)
- Posifenicol (D)
- Septicol (CH)
Kurzinfo:
- Antibiotikum
- Amphenicol
- Translationshemmer
Wirkung und Eigenschaften von Chloramphenicol
Chloramphenicol wurde erstmals 1947 aus dem Bakterium Streptomyces venezuelae gewonnen. Heute wird es jedoch ausschließlich vollsynthetisch hergestellt. Es ist ein bakteriostatisch wirkendes Breitbandantibiotikum.
Chloramphenicol hemmt das Wachstum von Bakterien, indem es deren Proteinsynthese unterbricht. Dabei greift es Bakterien innerhalb und außerhalb von Körperzellen und auch Ruhestadien der Erreger an. Allerdings hat es nicht nur eine Affinität für Bakterienzellen. Es bindet sich auch an die mitochondrialen Ribosomen von Säugetierzellen, die sich besonders schnell teilen. Daraus erwächst seine negative Wirkung unter anderem im Knochenmark.
Chloramphenicol dringt bei seiner Ausbreitung in Organe und Körperflüssigkeiten und auch in Gelenksflüssigkeit, Knochen, Plazenta und Muttermilch ein und überwindet die Blut-Hirnschranke.
Seine Konzentration kann im Liquor bis zu 50% der Serumkonzentration erreichen. Bei einer Meningitis steigen die Werte sogar noch weiter an. Die Diffusion in Gehirn und Liquor ist verglichen mit anderen Geweben jedoch langsamer.
Die Bioverfügbarkeit von Chloramphenicol ist bei oraler Gabe mit 80% am besten. Verarbeitet wird das Antibiotikum in der Leber zum aktiven Wirkstoff. Ausgeschieden wird er vorwiegend über die Nieren. Ist die Nierenfunktion gestört, erfolgt die Ausscheidung langsamer. Dasselbe gilt auch bei schweren Leberfunktionsstörungen. Dann können durch die verzögerte Ausscheidung bei regulärer Gabe zu hohe Konzentrationen im Körper erreicht werden.
Auch bei Jungtieren besteht die Gefahr einer Überdosierung, da sie den Wirkstoff langsamer ausscheiden als erwachsene Nager.
Eigenschaften
- bakteriostatisch
- bakterizid (bei hohen Dosen/ hoher Empfindlichkeit)
- stark lipophil
- gut knochengängig
- gut liquorgängig
- überwindet Plazentaschranke
- geht in Muttermilch über
Indikationen für Chloramphenicol
Chloramphenicol greift bei den meisten grampositiven und gramnegativen Bakterien. Wirksam ist es außerdem noch gegen die meisten obligaten Anaerobier.
Empfindlich sind unter anderem:
- viele Streptokokken und Staphylokokken
- Rickettsien
- Chlamydien
- Mycoplasmen
- Leptospiren
- Bacteroides
- Neisseria
- Brucella
- Shigella
- Haemophilus
- Clostridium
- Fusobacterium
- Veillonella
- Nocardia
Bei E. coli, Proteus vulgaris, Klebsiellen, Shigellen und Salmonellen sind sowohl empfindliche, als auch resistente Stämme bekannt.
Eingesetzt wird Chloramphenicol bei Septikämien, Augenerkrankungen wie Bindehautentzündung und bakteriellen Infektionen der Haut und des Atmungstraktes (z. B. Pneumonie oder Pleuropneumonie). Außerdem indiziert ist es bei Infektionen des Magen-Darm-Traktes mit sensiblen E. coli oder Salmonellen, bei Blasen- und Nierenentzündungen sowie bei Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhäute (Enzephalitis bzw. Meningitis).
Indikationen im Überblick
- grampositive Keime
- gramnegative Keime
- obligate Anaerobier
- Salmonellen & Leptospiren
- Mycoplasmen
- bei Staphylococcus aureus, E. coli, Klebsiellen, Proteus, Salmonellen und Shigellen Resistenzen möglich
- Atemwegserkrankungen
- Verdauungstrakt
- Harntrakt
- Haut
- ZNS
- Bewegungsapparat
- Gesäuge
- Augen
Dosierung und Verträglichkeit von Chloramphenicol
Bei Mäusen am gebräuchlichsten ist die Chloromycetinpalmitat 2,5%-ige Suspension für die orale Gabe und das 0,5%ige, gelbe Chloramphenicol-Spray. Letzteres wird gern wegen seines unangenehmen Geschmacks angewendet, um Patienten das Knabbern an Wunden zu verleiden. Generell wird es bei bakteriellen Infektionen der Haut verwendet, etwa bei entzündeten Bisswunden, zur Entzündungsvorbeugung nach dem Abreißen der Schwanzhaut und bei Abszessen. Um seine Wirkung entfalten zu können, muss es mindestens 3x täglich aufgesprüht werden.
Wirkt Chloramphenicol, sollte sich spätestens nach 3 bis 5 Tagen eine deutliche Besserung zeigen. Ist das nicht der Fall, stimmt entweder die Diagnose nicht oder die Keime sind nicht sensibel.
Die Literatur gibt für den Wirkstoff Chloramphenicol verschiedene Dosierungen an, die nachfolgend – soweit bekannt – in den einzelnen Reitern aufgeführt sind.
Glöckner/Ewringmann schlagen eine Dosierung von 50mg/kg vor, die 2x täglich verabreicht werden soll. Bei Farbmäusen geschieht dies in der Regel oral über die süße Suspension. In dieser Dosierung müsste ein 50g schweres Tier dann 2,5mg pro Gabe erhalten.
Berechnungsbasis für die 2,5%ige Suspension für 50mg/kg:
Konzentration | Volumen |
---|---|
0,5mg/10g | 0,02ml/10g |
Für die orale Gabe als Chloramphenicolpalmitat gibt die Literatur außerdem diese Dosierungsvorschläge an:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 50 mg/kg 2 × täglich
- 30 mg/kg 2 × täglich (Infektionen der Haut)
Zur subkutanen Gabe von Chloramphenicolnatriumsuccinat weist die Literatur diese Werte aus:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich; bei schweren Infektionen bis 50 mg/kg 2 × täglich
- 20 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 50 mg/kg (Visser 2005)
- 50 mg/kg 2 × täglich (Pneumonie, Infektionen mit Mykoplasmen)
Die intramuskuläre Injektion ist bei Mäusen therapeutisch nicht sinnvoll. Daher ist hierfür keine Dosierung aufgeführt.
Die LD50 für Farbmäuse bei oraler Aufnahme liegt für den Wirkstoff bei 1500mg/kg.
Berechnungsbasis für die 2,5%ige Lösung bei Mongolischen Rennmäusen:
Konzentration | Volumen |
---|---|
0,5mg/10g | 0,02ml/10g |
Weitere Dosierungsvorschläge für die orale Gabe aus der Literatur:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich
- 20 – 50 mg/kg 2 × täglich während 5 – 7 Tagen
- 50 mg/kg 2 × täglich
- 30 mg/kg 2 × täglich (Infektionen der Haut)
Für mausartige Exoten habe ich bisher keine Erfahrungswerte mit Chloramphenicol.
Für exotische Kleinsäuger habe ich bisher keine Erfahrungswerte mit Chloramphenicol.
Die gebräuchlichste Dosierung für die verschiedenen Hamsterarten gleicht der von Farbmäusen und liegt bei 50mg/kg.
Berechnungsbasis für die 2,5%ige Lösung bei Mittel- und Zwerghamstern:
Konzentration | Volumen |
---|---|
0,5mg/10g | 0,02ml/10g |
Als weitere Dosierungen für Chloramphenicolpalmitat finden sich in der Literatur diese:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich
- 20 – 50 mg/kg täglich während 5 – 7 Tagen
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 50 mg/kg 2 × täglich
- 30 mg/kg 2 × täglich (Infektionen der Haut)
Zur subkutanen Gabe von Chloramphenicolnatriumsuccinat weist die Literatur diese Werte aus:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich; bei schweren Infektionen bis 50 mg/kg 2 × täglich
- 20 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 20 – 50 mg/kg 1 – 2 × täglich während 3 – 5 Tagen
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 50mg/kg 2x täglich (proliferative Ileitis)
Für die orale Gabe von 20 – 50 mg/kg 1 – 2 × täglich über 3 bis 5 Tage hinweg.
Für die orale Gabe hat sich bei Farbratten eine Standarddosierung von 50mg/kg durchgesetzt. Für die 2,5%ige Lösung ergibt das diese Werte Dosierungswerte:
Konzentration | Volumen |
---|---|
5mg/100g | 0,2ml/100g |
Für die orale Gabe als Chloramphenicolpalmitat gibt die Literatur außerdem diese Dosierungsvorschläge an:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 50 mg/kg 2 × täglich
- 50 mg/kg 3 × täglich während 5 Tagen
- 30 mg/kg 2 × täglich (Infektionen der Haut)
Zur subkutanen Gabe von Chloramphenicolnatriumsuccinat weist die Literatur diese Werte aus:
- 20 – 40 mg/kg 2 × täglich, bei schweren Infektionen bis 50 mg/kg 2 × täglich
- 20 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich
- 30 – 50 mg/kg 2 – 3 × täglich 50 mg/kg 2 × täglich (Pneumonie, Infektionen mit Mykoplasmen)
Die LD50 für Farbratten bei oraler Aufnahme liegt für den Wirkstoff bei 2500mg/kg.
Anwendung und Akzeptanz
Der an sich geschmacksneutrale Wirkstoff Chloramphenicol wird unter anderem als aromatisierte Suspension angeboten. Die nehmen die meisten Mäuse und anderen kleinen Nager recht problemlos, da das Präparat in dieser Form auch nicht unangenehm riecht. Wenn der Patient allerdings nicht will, wie Sie wollen, finden Sie weitere Tipps in diesem Artikel: „Wie kommt das Medikament in die Maus?“
Das Chloramphenicol-Spray sollte weder von Ihnen, noch vom zu behandelnden Tier eingeatmet werden, da es reizend auf die Atemwege wirken kann. Halten Sie also beim Sprühen mit dem Kopf ausreichend Abstand und sprühen Sie auch das Tier nicht im Kopfbereich an. Hier sollten Sie das Spray mit einem Wattestäbchen oder einem kleinen Pinsel auftragen.
Kontraindikationen für Chloramphenicol
Die Unbedenklichkeit des Medikamentes während der Trächtigkeit und der Säugephase ist nicht belegt. Da es die Plazentaschranke durchdringen und auch in die Muttermilch übergehen kann, sollte das Antibiotikum nicht an tragende und säugende Nager verabreicht werden. Bei tragenden Tieren kann der ungeborene Nachwuchs Schaden nehmen. Auch Jungtiere sollten Chloramphenicol nicht erhalten, da sie das Antibiotikum langsamer abbauen (erschwert Dosisermittlung!) und sich Schäden aufgrund einer toxischen Wirkung nicht ausschließen lassen.
Nicht verwendet werden darf der Wirkstoff bei Patienten mit Störungen der Blutbildung und epileptiformen Anfallsleiden. Mäusen mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen sollten Sie den Wirkstoff nicht verabreichen, da hier eine ständige Kontrolle der Blutwerte nötig wäre. Das ist bei Kleinstsäugern in der Praxis aber nicht umsetzbar. Auch bei Knochenmarkfunktionsstörungen sollten Sie auf die Anwendung von Chloramphenicol verzichten.
Bei Verletzungen der Augenhornhaut sollten keine Präparate mit Chloramphenicol verwendet werden.
Nebenwirkungen von Chloramphenicol
Im Allgemeinen wird Chloramphenicol von Mäusen in einer ein- bis zweiwöchigen Kur gut vertragen. Gelegentlich können jedoch Fressunlust, Durchfall und vorübergehende Mattigkeit auftreten. In Einzelfällen treten allergische Reaktionen (z.B. Hautveränderungen) und reversible, dosisabhängige Knochenmarksschädigungen mit Störungen der Blutbildung auf. Die Haut des Patienten wirkt dann da, wo sie rosa sein sollte, eher fahl bis grau.
Studien an Ratten zeigten außerdem bei einer intravenösen Verabreichung Wundheilungsstörungen. Wurde der Wirkstoff oral oder intramuskulär verabreicht, traten diese Störungen nicht auf.
Bei hohen Dosen kann das Antibiotikum die Nährstoffaufnahme im Darm mindern. Das geht dann oft mit Durchfall einher. Haben Sie einer Maus versehentlich zu viel Chloramphenicol oral verabreicht, lässt sich das im Zweifel mit Dysticum noch etwas abfangen. Welche Dosis der Patient an diesem Tag tatsächlich noch aufnimmt, lässt sich allerdings nicht bestimmen. Daher sollten Sie die Therapie sicherheitshalber erst am Folgetag fortsetzen.
Mattigkeit kann auch Anzeichen einer toxischen Dosis von Chloramphenicol sein. Die geht außerdem häufig mit einer erhöhten Sterblichkeit der behandelten Tiere einher.
Chloramphenicol kann außerdem den Glukosurie-Test verfälschen. Der kann dann auch ohne Zucker im Urin falsch positiv ausfallen.
Nebenwirkungen im Überblick
- weicher Kot oder Durchfall
- allergische Reaktionen
- Knochenmarksschädigung
- Mattigkeit
- Störung der Blutbildung
- potenziell fetotoxisch
- vermutlich nicht teratogen
Wechselwirkungen
Vermeiden Sie die eigenmächtige Vermischung von Chloramphenicol mit anderen Medikamenten sowie die Verdünnung des Wirkstoffes, da beides das Antibiotikum inaktivieren könnte. Kompatibel ist es aber unter anderem mit Vitamin B-Komplex, mit Vitamin C und HCL-Lösung.
Chloramphenicol hemmt den Metabolismus und verlängert dadurch die Wirkung von anderen Wirkstoffen. So kann etwa die Wirkung von Narkosemitteln und Barbituraten signifikant verlängert werden. Außerdem mindern Barbiturate die Wirkung des Antibiotikums.
Chloramphenicol darf nicht mit bakterizid wirkenden Antibiotika (z.B. Penicilline, Cephalosporine, Makrolide, Fluorochinolone) kombiniert werden, da es deren Wirkung abschwächt oder aufhebt und die Stoffe gegenseitig Einfluss auf Serumkonzentration und –halbwertszeit nehmen. Das gilt besonders für immungeschwächte Patienten.
Interaktionen treten außerdem auf mit:
- Darmmotilitätsregulatoren -> Steigerung erhöht Absorption von Chloramphenicol
- Primidon -> Anorexie und ZNS-Depression bei Hunden bekannt
- Digitalisglykoside -> kann zu einer toxischen Anreicherung der Glykoside führen
- Eisensalze und Vitamin B12 -> reduziert deren Wirkung
Lagerung und Haltbarkeit
Medikamente mit dem Wirkstoff Chloramphenicol sollten Sie luft- und lichtgeschützt bei Zimmertemperaturen zwischen 15 und 30°C lagern. Chloramphenicol-Spray müssen Sie vor Sonnenbestrahlung und Temperaturen über 50°C schützen.
Stellen Sie eine Lösung aus Chloramphenicolnatriumsuccinat-Pulver mit (sterilem) Wasser her, ist diese bei Raumtemperatur etwa 30 Tage verwendbar, eingefroren bis zu 6 Monate. Trübt sich die Lösung, dürfen Sie sie nicht mehr verwenden.
Ungeöffnet ist Chloromycetinpalmitat 3 Jahre haltbar. Nach erstmaligem Öffnen sollten Sie es innerhalb von 10 Tagen verbrauchen.
Für das Spray findet sich das Haltbarkeitsdatum auf dem Dosenboden aufgesprüht
Lagerung im Überblick
- dunkel lagern
- sorgfältig verschließen
- zwischen 15 und 30°C lagern
- auf hygienische Entnahme achten
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Quellen
Pharmakologie-Datenbank der Uni Zürich
chemie.de
Embryotox
A. Ewringmann, B. Glöckner: Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus, Enke Verlag 2008
Letztes Update: 29.07.2023