Knochenbrüche sind Verletzungen, die umgehend in tierärztliche Behandlung gehören! Dieser Artikel soll Sie mit Informationen bei der Pflege Ihres Patienten unterstützen und mausunerfahrenen Tierärzten artspezifischen Input zu Mäusen als Patienten liefern. Sehen Sie als diese Informationen bitte nicht als Anleitung zu Eigenbehandlungsversuchen. Diese können ohne das fachliche Hintergrundwissen Ihren Patienten das Leben kosten!
Ursachen für Knochenbrüche bei Mäusen
Knochenbrüche entstehen immer durch eine Gewalteinwirkung, die den Knochen soweit überlastet, dass er schließlich bricht. Das können Unfälle wie Stürze sein. Aber auch falsche Laufräder (Stichwort Schereneffekt und Sprossenlauffläche) und gefährliches Zubehör wie die metallenen Futterbälle aus Gitter können Knochenbrüche zur Folge haben.
Mitunter entstehen auch bei Kämpfen zwischen zwei Tieren solch massive Verletzungen.
Eine weitere Ursache kann in grobem oder unvorsichtigem Handling liegen. Dabei ist die Gefahr umso größer, je kleiner die Art bzw. das betreffende Exemplar ist.
Ursachen im Überblick
- Unfälle
- Kämpfe
- Handlingfehler
Symptome von Knochenbrüchen
Brechen sich Mäuse einen Knochen, so sind das in der Regel Knochen der Gliedmaßen oder des Schwanzes. Hier lassen sich zum einen oft Fehlstellungen oder der berühmte „Knick im Schwanz“ erkennen. Zum anderen nehmen die Patienten eine Schonhaltung ein und entlasten bei Gliedmaßen das betroffene Bein. Beim Laufen äußert sich das in Lahmen – das vor allem Laien bei sehr flotten Exemplaren auch übersehen können. Sollte eine Maus für Sie also vom Eindruck her plötzlich ungewöhnlich laufen, stellen Sie das Tier bitte im Zweifel beim Veterinär vor, ob etwas geprellt oder gebrochen ist.
Bei offenen Knochenbrüchen ist das Problem aber auch für Sie als Halter deutlich sichtbar. Der Knochen durchbricht die Haut und schaut als spitzes Ende aus der Wunde.
Brüche im Bereich der Wirbelsäule führen zu einem (irreversiblen) Totalausfall von Empfindung und Beweglichkeit der Körperpartien hinter der Bruchstelle. In der Regel können die Tiere aber noch Kot und Urin absetzen.
Symptome im Überblick
- Fehlstellungen
- gestörte Bewegungsabläufe
- Schonhaltung
- Schwellung
- Parese bei Wirbelbrüchen
Asymmetrisches Gangbild durch Beinbruch hinten links
Überbeweglichkeit am Hinterbein durch einen Bruch
Diagnose von Knochenbrüchen
Die Diagnose eines Knochenbruches sollten Sie immer einem Tierarzt überlassen. Er kann anhand einer Fehlstellung, eines Tastbefundes oder eines Röntgenbildes feststellen, ob und wie ein Knochen gebrochen ist. In einigen Fällen kann auch eine Computertomografie zum Einsatz kommen.
Suchen Sie auch bei einem Verdacht auf einen Bruch immer sofort einen Tierarzt auf. Muss der Knochenbruch nämlich gerichtet werden, dürfen die Bruchkanten nicht erst falsch zusammenwachsen. Das Zeitfenster hierfür ist sehr klein. Schon ab 24h nach der Verletzung kann es fürs Richten zu spät sein. Daher ist eine rechtzeitige Diagnose essenziell.
Möglichkeiten der Diagnose
Typische Ergebnisse der Anamnese:
- abnormale Beweglichkeit
- Schwellung
- sichtbare Schonhaltung
- Parese
Weitere Untersuchungen:
- Tastuntersuchung
- Röntgen
- evtl. CT
Differentialdiagnosen:
- Prellung
- Luxation
Behandlung von Knochenbrüchen bei Mäusen
Besteht der Verdacht auf einen Knochenbruch, müssen Sie umgehend einen Tierarzt aufsuchen, der Sie dann nach der Untersuchung über das weitere Vorgehen beraten kann.
Die Behandlung richtet sich stark nach der Art des Bruches.
Einfache Brüche
Brüche, die einfach und nicht verschoben sind, heilen in der Regel ohne ärztliche Intervention ab.
Hilfreich ist es für die Zeit der Genesung meist, den Bewegungsspielraum des Patienten einzuschränken, sodass der Bruch weniger belastet wird. So können Sie die Heilung fördern und teilweise beschleunigen. Bei sehr bewegungsfreudigen Exemplaren sorgt der Verzicht auf Schmerzmittel dafür, dass die Maus die Verletzung entsprechend schont.
Für etwa 4 bis 6 Wochen sollten Sie Ihrem Patienten Klettermöglichkeiten und Laufrad entziehen, sodass der Bruch möglichst wenig gestört ist und optimal abheilen kann.
Verschobene Brüche
Verschobene Brüche oder solche an den Extremitäten, die viel und stark belastet werden, müssen unter Umständen vom Tierarzt gerichtet und/oder stabilisiert werden. Dies kann beispielsweise in einer Operation durch eine Marknagelung geschehen. Bei diesem Eingriff wird ein Stift in einen Röhrenknochen eingeführt, der den Verlauf der Röhre stabilisiert. Bei größeren Arten ist auch eine parakortikale Fixation, also die Stabilisation des Bruches außen am Knochen, möglich. Auch der Fixateur externe, die Stabilisierung von außen an der Bruchstelle wird in der Literatur aufgeführt. Eine praktische Anwendung habe ich bei mausartigen Nagern, Ratten und Hamstern aber noch nicht gesehen.
Brüche mit Verbänden zu verarzten, ist bei den meisten Mäusen schwierig bis unmöglich. Die Verbände werden binnen kürzestem wieder abgeknabbert. Halskrausen, die das verhindern könnten, können kleineren Mäusearten gar nicht angelegt werden. Größeren Tieren, die eine solche tragen könnten, verursacht sie zum einen enormen Stress. Zum anderen sind auch große, exotische Mäuse meist sehr scheu, sodass eine Halskrause weder sinnvoll, noch praktikabel ist. Der Tierarzt muss also unter Umständen warten, ob der Bruch auch ohne Behandlung verheilt, obwohl er bei einem größeren und/oder zahmeren Haustier eine Operation angeraten hätte.
Komplizierte Brüche
Komplizierte Brüche und Trümmerbrüche an den Extremitäten, bei denen der Knochen in viele Teile zersprungen ist, können meist aufgrund der geringen Größe der Tiere nicht erfolgreich operiert werden. Heilen sie nicht von allein ab, bleibt in einigen Fällen nur eine Amputation der betroffenen Extremität. Dies ist immer der allerletzte Ausweg. Lassen Sie sich daher eingehend von Ihrem Tierarzt darüber aufklären, wenn er eine Amputation in Erwägung zieht.
In Fällen mit einem sehr ungünstigen Befund (z. B. Brüche der Wirbelsäule) muss das Tier eventuell sogar eingeschläfert werden.
Offene Brüche
Oft mit Komplikationen behaftet sind offene Brüche. Dringt der Knochen durch die Haut, können zahlreiche Keime durch das Loch und am Knochen entlang in den Körper wandern. Das kann zu schweren Infektionen und Blutvergiftungen führen, die nicht selten tödlich enden. Daher muss eine Maus mit einem offenen Bruch immer mit einem Antibiotikum versorgt werden. Wie der Bruch an sich behandelt wird, hängt dann wieder von der genauen Diagnose des Tierarztes ab.
Behandlungsmöglichkeiten
- Ruhigstellen
- Marknagelung
- parakortikale Fixation
- evtl. Fixateur externe
- Amputation
Bewährte Mittel und Medikamente
- Meloxicam (Metacam)
Knochenbrüchen bei Mäusen vorbeugen
Ein Schutz vor Knochenbrüchen ist insbesondere ein Unfallschutz. Das bedeutet z. B.: Verzichten Sie auf gefährliche Laufräder und anderes unfallträchtiges Zubehör.
Vor allem bei schlecht kletternden Arten wie den meisten Hamsterarten, Fettschwanzrennmäusen oder Grauen Steppenlemmingen sollten Sie beim Gehegeaufbau auf geringe Fallhöhen achten. Bei Springnagern gilt: Bremsen Sie die Tiere vor Glasscheiben rechtzeitig durch strategisch platziertes Inventar. So bauen Sie Traumata und Brüchen mit teils tödlichen Folgen vor.
Verletzungen, die sich die Tiere gegenseitig beibringen, vermeiden Sie am besten, indem Sie zum einen Vergesellschaftungen sehr gründlich beobachten und rechtzeitig eingreifen. Zum anderen sollten Sie Böcke aggressiver Arten rechtzeitig kastrieren lassen, bevor diese sich schwer verletzen.
Beim Handling gilt im Zweifel: Weniger ist mehr. Üben Sie so wenig Zwang und Kraft wie möglich insbesondere auf sehr scheue Arten aus. Stressen Sie die Tiere beim Fangen mit der Handlingbox so wenig wie möglich. Das reduziert die Gefahr, dass sich die Nager bei Sprüngen in der Box oder im Gehege die Knochen brechen.
Fassen Sie filigrane und sehr kleine Arten besonders vorsichtig und nur dann an, wenn es absolut notwendig ist. Hier hilft es, wenn Ihre erste Mausart nicht sofort die Kleinste ist. Mit ruhigen, noch recht großen Tieren wie Farbmäusen finden Sie sich besser in ein sicheres, verletzungsfreies Handling ein.
Vorbeugende Maßnahmen im Überblick
- auf unfallträchtiges Zubehör und Laufräder verzichten
- Springnager vor Glasscheiben bremsen
- vorsichtiges Handling
- umsichtige Vergesellschaftung und Haltung
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Quellen
Ewringmann, Anja; Glöckner; Barbara: Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus; 1. Auflage, Enke 2008, S. 173ff.
Müller, Kerstin: HeimtierSkills – Praxisleitfaden zur Diagnose und Therapie bei kleinen Heimtieren, Schattauer 2017; S. 386, 423ff., 452, 483ff.
Fremdmediennachweis
Videos “Beinbruch beim Hamster”: H. Dustmann
Letztes Update: 30.06.2020