Verstopfung … Für uns Menschen klingt diese Erkrankung erstmal gar nicht so dramatisch. Für Mäuse kann sie jedoch schnell lebensbedrohlich werden. Durch die geringe Größe der Patienten sind die Behandlungsmaßnahmen sehr eingeschränkt. Interventionen, die größeren Tieren das Leben retten, sind bei Mäusen oft nicht möglich. Stellen Sie deshalb Mäuse mit Verdacht auf Verstopfung immer schnellstmöglich einem Tierarzt vor! Je früher der Stau im Darm erkannt und behandelt wird, umso größer sind die Überlebenschancen Ihres kleinen Patienten.
Ursachen für Verstopfung bei Mäusen
Verstopfung, medizinisch Obstipation, kann bei kleinen Heimtieren verschiedene Ursachen haben. Eine häufige Ursache sind Parasiten und falsche Nistmaterialien. Bei starkem Wurmbefall kann sich der Kot stauen, bis die Maus gar keinen Kot mehr absetzen kann. Verschlucken die Nager Kunstfasern aus Stoffen, Kosmetikwatte, Hamsterwatte oder reißfestes Küchenkrepp, kann das ebenfalls schnell zu einem Darmverschluss und damit zu einer akuten Verstopfung führen.
Auch eine falsche Ernährung kann Ihren Mäusen das Absetzen von Kot erschweren. Bei granivoren Nagern kann das beispielsweise bei einem zu hohen Rohfaseranteil passieren.
Auch Störungen der Darmbewegung (Peristaltik) – etwa durch neurologische Probleme, Vergiftungen oder eine Dysbakteriose – führen mitunter zu Verstopfung. Bewegt sich der Darm nämlich zu langsam, entzieht er den Kotballen zu viel Wasser. Sie werden hart, lassen sich schlecht weitertransportieren und stauen sich im Darm auf.
Mitunter sind es auch anatomische Fehlbildungen des Darmes, die den Transport von Nahrungsbrei und Kotballen behindern. Neben diesen angeborenen Engpässen können außerdem Tumore des Darmes oder der umliegenden Regionen eine geregelte Verdauung und den Weitertransport behindern.
Übrigens: Leukosepatienten haben ein erhöhtes Risiko, an einer Verstopfung zu erkranken.
Ursachen im Überblick
- Störungen der Darmbewegung
- falsche Ernährung
- Parasitosen (verschiedene Würmer)
- bakterielle Darminfektionen
- unverdauliches Nistmaterial
- angeborene Fehlbildungen des Darms
- einengende Tumore
- Bezoare
Symptome bei Verstopfung
Eine beginnende Verstopfung wird vom Halter oft übersehen, denn zuerst wird sie am Kot selbst sichtbar. Die Köttel werden kleiner, trockener und unregelmäßig geformt. Außerdem sind sie zunehmend härter als physiologischer Kot.
Mitunter lässt sich dann schon mit dem Hautfaltentest eine Dehydration der Mäuse feststellen.
Oft fällt die Obstipation aber erst auf, wenn (fast) nichts mehr geht. Das Tier setzt dann kaum oder gar keinen Kot mehr ab, neu entstehender Kot staut sich schmerzhaft an. Dadurch zeigt der Patient schnell ein deutlich gestörtes Allgemeinbefinden. Das Fell wird struppig, er bekommt einen Buckel, bewegt sich langsamer und mit Fortschreiten der Erkrankung immer weniger. Der Bauch erscheint mitunter unregelmäßig, später aufgetrieben bzw. dick und ist angespannt. Zudem zeigen betroffene Mäuse eine zunehmend deutliche Schmerzmimik.Drück gefüllter Darm nach oben, zeigen Mäuse mit Verstopfung auch eine deutliche Atemnot wie im Video.
Im weiteren Verlauf verweigern einige Patienten dann auch jegliche Nahrungsaufnahme. Im Endstadium sind die Tiere apathisch, kühlen aus und versterben schließlich.
Symptome im Überblick
- harter, deformierter, kleiner und sehr trockener Kot
- Patient setzt kaum oder keinen Kot mehr ab
- unregelmäßiger, harter Bauch (später "Kullerbauch")
- tast- und sichtbare Ausbuchtungen in der Taille oder am Bauch
- Fressunlust bis zur Nahrungsverweigerung
- Schmerzzeichen
- Buckel bzw. kauernde Haltung
- schlechtes Allgemeinbefinden
- Apathie
- Hypothermie
- Rektumprolaps
- Atembeschweren bis hin zu Atemnot
Diagnose der Obstipation
Verstopfung fällt meist recht spät auf, da viele Halter frühe Warnzeichen wie verformten Kot und verringerten Kotabsatz nicht erkennen. In diesem frühen Stadium kann aber genau die Beschaffenheit des Kotes und die Frequenz des Kotabsatzes gut zur Diagnose herangezogen werden. Der Tierarzt kann außerdem den Bauchraum abtasten und darin weitere, zu harte Kotballen fühlen.
Staut sich der Kot im Darm schon, kann der Tierarzt das bei einer Tastuntersuchung schon deutlich fühlen. Diese Untersuchung ist wichtig, um die Verstopfung von anderen Erkrankungen abzugrenzen, die ebenfalls mit schlechtem Allgemeinbefinden und Schmerzzeichen einher gehen (-> Differenzialdiagnose). Wenn Sie also Meinungen in sozialen Netzwerken einholen, kann Ihnen niemand sicher sagen, ob es sich um eine Verstopfung handelt, oder nicht!
Der zweite sehr sichere Hinweis auf die Obstipation ist – zusammen mit der Tastuntersuchung – im fortgeschrittenen Stadium der fehlende Kotabsatz.
Absichern kann Ihr Tierarzt diese Diagnose auch mit einem Röntgenbild.
Kommen bakterielle Infektionen oder Parasiten in Frage, hilft eine Kotprobe bei der Suche nach der Ursache.
Haben Sie den Verdacht, dass eine Ihrer Mäuse Verstopfung hat, bringen Sie sie schnellstmöglich zum Tierarzt! Genau wie Durchfall wird Verstopfung leider immer noch sehr unterschätzt, worunter die betroffenen Tiere dann sehr leiden.
Möglichkeiten der Diagnose
Typische Ergebnisse der Anamnese:
- verformter Kot
- verringerter oder ausbleibender Kotabsatz
- Mühe beim Kotabsatz
- schlechtes Allgemeinbefinden
- schlechter Appetit bis hin zur Nahrungsverweigerung
Weitere Untersuchungen:
- visuelle Kontrolle (Erkennen von Schmerzen)
- Tastuntersuchungen
- Röntgenbild
Differentialdiagnosen:
- Megakolon bei Huskyratten
Behandlung einer Verstopfung bei Mäusen
Bei kleinen Tieren wie Mäusen und Kleinsäugerexoten sind die Behandlungsmöglichkeiten durch die geringe Größe leider sehr eingeschränkt. Eine Operation ist beispielsweise nicht möglich, da die Darmwände lediglich dünne Häutchen sind, die nach Beseitigung der Verstopfung nicht mehr genäht werden könnten.
Bei einer leichten Verstopfung hilft es oft schon, dem Patienten etwas Speiseöl (0,1 bis 1 ml) zu verabreichen. Dieses verbessert die Konsistenz und Gleitfähigkeit der Masse und unterstützt damit die Beförderung im Darm. In hartnäckigeren Fällen bietet sich Paraffinöl an, da dieses im Gegensatz zum Speiseöl nicht verdaut wird. Es bildet also einen unverdaulichen Gleitfilm und hilft so beim Transport der Kotballen im Darm.
Sitzt die Verstopfung recht weit hinten im Darm, kann auch ein Einlauf mit flüssigem Paraffin den Kotstau lösen. Mitunter braucht es auch mehrere Einläufe, bis die Verstopfung vollständig beseitigt ist. Um das sensible Gewebe des Darms zu schonen, haben sich die flexiblen Kunststoffschläuche der sogenannten Braunülen oder Venenverweilkatheter bei Mäusen hervorragend bewährt. Alternativ kann der Einlauf auch mit einer Knopfkanüle verabreicht werden.
Ergänzend können Sie Ihrem Patienten Naturjoghurt oder Bird Bene Bac können anbieten. Ebenso kann eine spezielle Kost zum Erfolg führen. Hierfür bieten Sie vermehrt Gemüse, (je nach Tierart) Obst sowie weiteres Frischfutter an, erhöhen den Fettsaatenanteil des Trockenfutters und reduzieren Mehlsaaten deutlich und streichen getrocknete Bestandteile (Gemüse, Kräuter, Blüten, …) sowie Raufutter komplett. Auch Obst- und Gemüsebreis sind bei Verstopfung sinnvoll.
Zusätzlich sollten Sie den Tierarzt nach einer begleitenden Schmerztherapie fragen, da Verstopfung für die Tiere sehr leidvoll ist.
Auch kann der Tierarzt verschiedene Mittel zur Entkrampfung der Darmmuskulatur oder zur Anregungen der Peristaltik verabreichen und verordnen. Im Bedarfsfall, etwa bei fütterungsbedingten Verstopfungen, kann er auch Infusionen geben.
Schlagen alle Behandlungsversuche fehl, sollten Sie die Maus einschläfern lassen, da Verstopfung auch mit einigen Schmerzen einhergeht und die Maus mit Sicherheit sterben wird, wenn keine der Therapien anschlägt.
Behandlungsmöglichkeiten
- Spezialkost
- Paraffinöl oral
- Einläufe mit Paraffinöl
- entkrampfende Medikamente
- Peristaltik anregende Medikamente
- Infusionen
- Naturjoghurt oder Bird Bene Bac
- begleitende Schmerztherapie
Bewährte Mittel und Medikamente
- Speiseöl
- Paraffinöl
- Lactulose
- Sterofundin u. ä. Infusionslösungen
- Metamizol
- Metoclopramid
- Chirurgie bei ausreichend großen Arten
Einer Verstopfung bei Mäusen vorbeugen
Die mit Abstand einfachste Vorbeugung ist jedoch eine artentsprechende, vielseitige Ernährung.
Vorbeugende Maßnahmen im Überblick
- artgerechte, vielseitige Ernährung
- stets vorhandene Flüssigkeitszufuhr
- Behandlung von massiven Wurminfektionen
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Quellen
Ewringmann, Anja; Glöckner; Barbara: Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus; 1. Auflage, Enke 2008, S. 118ff.
Müller, Kerstin: HeimtierSkills – Praxisleitfaden zur Diagnose und Therapie bei kleinen Heimtieren, Schattauer 2017; S. 379, 414ff., 445, 476
Urhebernachweis Fremdmedien
Video “Akute Verstopfung bei einer Farbmaus”: A. Kirrmann
Letztes Update: 28.09.2023