Müssen kleinere Eingriffe, Operationen oder Untersuchungen durchgeführt werden, die eine Ruhigstellung des Tieres erfordern, wird eine Narkose angewandt. Hierbei hat der Tierarzt die Wahl zwischen verschiedenen Narkoseformen, die ich Ihnen hier mit Vor- und Nachteilen nachfolgend kurz vorstellen möchte.
Inhalationsnarkose
Die Inhalationsnarkose wirkt, wie der Name schon sagt, indem die Maus eine betäubende Substanz (z.B. Isoflurangas oder Lachgas) einatmet. Da Gase eingeatmet werden, wird sie auch als Gasnarkose bezeichnet. In der Regel wird parallel zum Narkosegas auch Sauerstoff zugeführt.
Mitunter spritzt der Tierarzt ein Beruhigungsmittel, damit das Tier die Übergangsphase in die tiefe Narkose – das sogenannte Exzitationsstadium – nicht bewusst erlebt. Gerade bei scheuen oder sehr kleinen Exemplaren und Arten ist dies jedoch nicht möglich.
Bei der Behandlung von Mäusen und exotischen Kleinsäugern hat sich diese Narkoseform mit dem Gas Isofluran als am verträglichsten erwiesen.
Während und am besten auch noch eine kurze Zeit nach der Narkose sollten die Patienten mit einer externen Wärmequelle gewärmt werden.
Vorteile
- sowohl Länge, als auch Tiefe der Narkose sind sehr kurzfristig steuerbar
- bei Bedarf kann jederzeit Sauerstoff zugeführt werden
- für den Kreislauf schonender als Spritzennarkose
- kurze Aufwachphase
- Maus kann direkt nach der Narkose fressen
- Maus kühlt nicht so stark aus
Nachteile
- das Gas und damit die Narkoseform recht teuer
- sehr selten bei Lungenschäden Probleme
- zusätzlicher Schmerzblocker notwendig
Spritzennarkose
Bei der Spritzennarkose wird ein betäubendes und schmerzstillendes Medikament subkutan oder intramuskulär gespritzt. Da das Mittel dann im Körper ist, kann eine Überdosis kaum korrigiert werden. Auch Nachspritzen ist nicht ganz unproblematisch, wenn die Initialdosis nicht reicht.
Da die Mäuse bei dieser Narkoseform länger zum Aufwachen brauchen, sollten sie auch länger extern Wärme zugeführt bekommen. Wärmen Sie den Patienten mindestens, bis er wieder ganz wach und voll orientiert ist.
Durch die längere Aufwachphase fressen die Mäuse eher spät. Bei sehr kleinen Arten mit schnellem Stoffwechsel kann das zu Problemen führen.
Vorteile
- kostengünstig
- Schmerzstiller kann gleich mit verabreicht werden
Nachteile
- Gefahr von Nekrosen an der Einstichstelle
- schlecht steuerbar
- stärker kreislaufdepressiv als Inhalationsnarkose
- stärker atemlaufdepressiv als Inhalationsnarkose
- nicht für alle Narkosemittel Antidot verfügbar
- längere Schlafphase - stärkere Auskühlung
- für sehr scheue Mäuse ungeeignet
Mischnarkose
Bei der Mischnarkose werden Injektions- und Inhalationsnarkose kombiniert. Die Narkose wird mit einem gespritzten Präpaarat eingeleitet, aber mit einem Inhalat aufrecht erhalten. Damit kombiniert diese Narkoseform die Eigenschaften der beiden anderen Optionen. Die Narkose wird verträglicher und besser steuerbar, die Aufwachzeit kürzer. Jedoch ist sie immer noch schlechter verträglich als eine reine Inhalationsnarkose und setzt voraus, dass Sie den Patienten für die initiale Injektion auch anfassen und festhalten können.
Lokalanästhesie
Bei Lokalanästhesie wird nur ein bestimmtes Areal für einen kleineren Eingriff betäubt. Dazu wird ein sogenanntes Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain) gespritzt oder aufgetragen, das die Schmerzweiterleitung der behandelten Zone kurzzeitig blockiert. Eingesetzt wird diese Narkoseform beispielsweise beim Spalten und Ausräumen von Abszessen.
Für Kreislauf und Atmung ist die Lokalanästhesie in der regel unproblematisch. Komplikationen sind sehr selten.
Vorteile
- kreislaufschonend da keine systemische Narkose nötig
- meist gut verträglich
- gute Schmerzausschaltung
Nachteile
- ungeeignet für sehr scheue Patienten
- nur für kleine Eingriffe (z. B. Abszessbehandlung)
- Wahrscheinlichkeit allergischer Reaktionen größer als bei Inhalations- oder Injektionsnarkose
Komplikationen der Narkose
Komplikationen während der Narkose
Sowohl während der Narkose als auch danach können Komplikationen auftreten.
Während einer Operation kann es durch die Narkose zu einem Kreislauf- und/oder Atemstillstand kommen. Dann muss die Maus sofort reanimiert werden.
Außerdem können die Tiere durch eine ungenügende Tiefe der Narkose während des Eingriffs wieder zu Bewusstsein kommen.
- Kreislauf-/Atemstillstand
- unzureichende Tiefe der Narkose
Komplikationen nach der Narkose
Noch Stunden oder Tage nach der Narkose kann es zu einem Kreislaufkollaps kommen. Die Maus muss dann schnell mit kreislaufstimulierenden Maßnahmen behandelt werden (Wärme, Medikamente, manuelle Stimulation). Sprechen Sie mögliche Medikamente mit Ihrem Tierarzt ab. Bei einer Kreislaufschwäche nach einer Operation können Sie den Kreislauf stimulieren. Lassen Sie sich das genaue Vorgehen am besten von Ihrem Tierarzt zeigen.
Im schlimmsten Fall wurden Organe durch die Narkose überlastet oder geschädigt, sodass es im Nachgang bis zu 10 Tage nach der Operation noch zum Tod durch Organversagen kommt. Besonders häufig betroffen sind davon Tiere, die schon vor der Operation allgemein gesundheitlich und/oder neurologisch auffällig waren.
- Kreislaufkollaps
- Organversagen
Notfallmaßnahmen bei Kreislaufkollaps nach der Narkose
Ist Ihre Maus nach einer Operation schlapp, eventuell kühl und zudem auch noch Stunden nach der Narkose apathisch oder (stark) desorientiert, schwächelt ihr Kreislauf. Der braucht dann oft eine aktive Unterstützung.
Um das Herzkreislaufsystem abzufangen und wieder anzukurbeln braucht es drei Komponenten:
- medikamentöse Unterstützung
- Wärme
- physikalische Anregung
Die medikamentöse Unterstützung können Sie zum einen vornehmen mit Effortil. Dieses Medikament mit dem Wirkstoff Etilefrin bewirkt eine Verengung der Blutgefäße und verstärkt den Herzschlag. So steigt der Blutdruck wieder und der Kreislauf wird angeregt. Gehen Sie mit diesem Medikament vorsichtig um, da es schnell überdosiert werden kann. Vorteil bei Effortil: Der Wirkstoff wird auch von der Schleimhaut im Maul aufgenommen. Das Medikament muss nicht abgeschluckt werden.
Etwas milder, aber durchaus effektiv ist die Kombination aus koffeinhaltigem Kaffee und Traubenzucker. Ihr Vorteil: Beides ist in fast jedem Haushalt vorhanden. Mehr über den Einsatz sowie einen Dosierungsvorschlag können Sie in der Notfallapotheke nachlesen.
Die zweite Komponente für die Notfallmaßnahmen ist Wärme. Um ein Auskühlen des Patienten zu verhindern und den Kreislaufzusammenbruch auszubremsen, müssen Sie nämlich die Körpertemperatur unterstützen. Als besonders effektiv hat sich Rotlicht in der Praxis erwiesen. Ist das nicht vorhanden, tut es aber jede temporäre oder konstante Wärmequelle, die eine Temperatur von rund 38°C spenden kann. Die Handwärme reicht dafür nicht aus!
Für Ihre Orientierung: die Fläche, auf der der Patient liegt, sollte wärmer als handwarm sein, aber noch eine angenehme Wärme haben.
Schritt für Schritt: Vorgehen bei der Kreislaufstimulation
Geben Sie dem Patienten eine Erstdosis der Ihnen möglichen Medikation und machen Sie etwa 1-2 Minuten lang die nebenstehend beschriebenen Verbeugungen. Kontrollieren Sie dann die Vitalzeichen und Zustand Ihres Patienten. Geht es ihm deutlich besser? Dann legen Sie die Maus auf bzw. unter der Wärmequelle ab und beobachten weiter engmaschig ihren Zustand.
Spricht der Patient nicht sofort darauf an, machen Sie etwa 5 Minuten weiter Verbeugungen und Kontrollen. Erst wenn sich dann keine Besserung zeigt, dosieren Sie die Medikation nach.
Achtung: Bei Effortil sollten Sie nicht mehr als 3-4 Tropfen pro Stunde an farbmausgroße Arten geben. Kaffee können Sie im Zweifel in den ersten 15 Minuten bis 5 Tropfen alle 5 Minuten nachdosieren, dann einen Tropfen alle 15 Minuten. Diese Dosierung gilt ebenfalls für farbmausgroße Arten und berücksichtigt, dass Patienten in einem solch schlechten Zustand in der Regel nicht den gesamten Tropfen aufnehmen.
Geben Sie Ihren Patienten nach 5 Minuten auf bzw. unter die Wärmequelle und schauen Sie, ob sich der Zustand verbessert. Beobachten Sie etwa 2-3 Minuten, falls es der Maus nicht vorher sichtbar schlechter geht. Bessert sich der Zustand nicht oder verschlechtert er sich sichtbar, nehmen Sie den Patienten wieder in die Hand und wiederholen das 5-Minuten-Prozedere, bevor Sie ihn wieder warm legen.
Diese Prozedur führen Sie erst mit, später ohne Medikation in jedem Zyklus so lange durch, bis der Zustand sich – hoffentlich – bessert.
Wichtig: Je nach Situation kann diese Form der Behandlung zwischen 15 Minuten und mehr als 2 Stunden in Anspruch nehmen. Wenn der Patient nicht sofort „wiederkommt“, gilt: Es gibt Hoffnung, bis die Maus wirklich verstorben ist. Eine Reanimation ist dann in der Regel nicht mehr sinnvoll.
Physikalische Anregung des Kreislaufs
Sie nehmen den Patienten in eine Hand und schließen diese soweit bei der Mausart von der Größe her möglich.
Nehmen Sie beide Arme, kreuzen Sie diese vor der Brust, sodass die Hände unterhalb der Schlüsselbeine liegen („Ägypter“-Armhaltung).
Beugen Sie sich nun mit dem Oberkörper soweit wie möglich nach vorn unten und richten Sie sich wieder auf. Orientieren Sie sich für das Tempo an Ihrer Atmung: Ausatmen – runter, einatmen – hoch.
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