Kranke Mäuse sind ein Fall für den Tierarzt. Doch nicht jeder Halter hat den Luxus eines mauskundigen Tierarztes und nicht immer ist ein Tierarzt sofort verfügbar. Doch wie schnell muss die Maus behandelt werden? Wie helfe ich dem Tier bis dahin?
Der Notfallbereich ist kein Ersatz für den Tierarzt! Er soll Ihnen aber helfen, den Mediziner noch mit einem lebenden Tier zu erreichen. Auch soll er interessierten Tierärzten einen Einblick in bewährte Notfalltherapien und in die Materie Maus als Notfallpatient geben.
Medizinisches Notfallmanagement im Überblick
Kranke Mäuse - Wenn es brennt, dann richtig!
Mäuse sind – unabhängig von der Mausart – in der Regel recht kleine Nager. Dieser simple Fakt ist häufig (mit-) entscheidend für das Tempo des Krankheitsverlaufs. Eine Erkrankung, die bei einem Hund, einer Katze oder gar einem Pferd einige Zeit braucht, um ein gefährliches Stadium zu erreichen, kann für Mäuse schon innerhalb von wenigen Tagen, manchmal sogar innerhalb weniger Stunden lebensgefährlich werden.
Dabei gilt vor allem bei Erkrankungen wie Durchfall, die mit einem deutlichen Substanz- und/oder Flüssigkeitsverlust einhergehen:
Je kleiner die Mäuseart ist und umso ausgeprägter die Erkrankung ist, umso schneller wird der Zustand lebensbedrohlich.
Bei Knirpsmäusen brennt es also schneller als bei Fettschwanz-Rennmäusen oder den recht großen Nilgrasratten.
Ebenfalls Einfluss auf das Tempo des Verlaufs kann die Mausart haben. Dabei lässt sich die grobe Daumenregel aufstellen: Je weniger eine Tierart unter einer gezielten, auf Merkmale wie Farbe selektiven Zucht gelitten hat, umso robuster ist das Immunsystem. Umso besser kann es also Keime abwehren und einen Krankheitsverlauf bei Parasiten, Bakterien und Viren zumindest bremsen oder abmildern. Vor allem Farbmäuse, aber auch Farbmongolen sind recht regelmäßige Patienten und meiner Erfahrung nach auch die Arten, bei denen selbst kleinere Infektionen schneller ein ernstes Stadium erreichen.
Das bedeutet nicht, dass Sie bei exotischen Mäusen erst einmal abwarten können. Es bedeutet lediglich, dass Sie vor allem bei Farbmäusen noch schneller reagieren müssen.
Meine Maus ist krank! Warum habe ich das nicht gesehen?
Immer wieder sehe ich Videos in sozialen Medien, in denen schwerst kranke Tiere vorgestellt werden mit der Frage: „Ist meine Maus krank?“ Und auch mancher Besitzer ist schon mit seinem lebensbedrohlich erkrankten Tier im Mäuseasyl angekommen, weil ihn sein Tierarzt nach Hause schickte: Er könne nichts finden, die Maus sei gesund.
In beiden Szenarien fehlt die Erfahrung mit Mäusen als Patienten. Da diese sich nicht einfach herzaubern lässt, habe ich einen kleinen Leitfaden zusammengestellt, wie Sie als Besitzer Ihre Tiere oder – als Tierarzt – Ihre Patienten besser einschätzen können.
Im Allgemeinen gilt aber: Lieber einmal schneller beim Arzt stehen, als am kommenden Morgen ein kleines, pelziges Familienmitglied zu Grabe zu tragen.
Hausapotheke für Mäuse - Lohnt sich das?
Klares Ja! Es gibt einige Dinge, die Sie als Maushalter immer im Haus haben sollten, um im (medizinischen) Notfall reagieren zu können. Deshalb habe ich eine kleine Notfallapotheken für Privathalter und für Pflegestellen erarbeitet. Die meisten der dort genannten Mittel und Medikamente sollen Ihnen vor allem dann helfen, wenn Sie nicht sofort einen Tierarzt aufsuchen können. Sie sind also als Überbrückung gedacht, damit Sie den Patienten noch lebend beim Fachmann vorstellen können. Die Notfallapotheke ist keinesfalls eine Spielwiese für Experimente oder zur Vermeidung von Tierarztkosten, da die Wirkung der dort genannten Medikamente und Mittel zum großen Teil nur symptomatisch ausgerichtet ist. Eine Ursache muss trotzdem gesucht und gezielt behandelt werden.
Wichtig: Wenn Sie Ihre Hausapotheke zusammenstellen, sollten Sie die Notfallapotheke im Zweifelsfall um Mittel ergänzen, die typische Erkrankungen und Notfälle der von Ihnen gehaltenen Art abdecken. Die vorgeschlagenen Apothekeninhalte sind lediglich ein Vorschlag, der sich artübergreifend in der Praxis gut bewährt hat.
Hausapotheke im Überblick
- Durchfallstopper
- Kreislaufmittel
- Blutungsstopper
- Atmung erleichernde Mittel
- Wärmequelle
- Spritzen mit/ohne Nadeln
Lieber Tierarzt: Keine Zeit für Experimente
Für die meisten wirklich ernsten Notfälle gibt es inzwischen langjährig erprobte Standardbehandlungen, die zumindest in einer großen Mehrheit der Fälle hervorragende Ergebnisse zeitigen. Leider experimentieren in Mäusen wenig(er) erfahrene Tierärzte immer wieder mit Behandlungen für Standardsituationen herum und verkennen nicht selten, wie ernst die Lage wirklich ist.
Typische Beispiele:
- Eine Maus mit schwerem Durchfall, sichtbarem Substanzverlust und erniedrigter Körpertemperatur erhält lediglich Bird Bene Bac als Behandlung.
- Der Halter einer Maus mit akuter Atemnot wird mit Globuli und der Empfehlung, inhalieren zu lassen, nach Hause geschickt.
Diese Experimente können Leben kosten.
Wenn Sie Tierarzt sind und Mäuse nur selten in Ihrer Praxis sehen, konsultieren Sie bitte im Zweifel Kollegen mit mehr Übung – oder aber sehr erfahrene, langjährige Halter. Deren Erfahrungen können im Zweifel die medizinische Behandlung so unterstützen, dass eine schwer kranke Maus überlebt. Sie helfen Ihnen, Ihren Patienten besser einzuschätzen und die Behandlung entsprechend abzustimmen. Als weitere Unterstützung können Sie in den nebenstehend verlinkten Patientensteckbriefen alle wichtigen Informationen zur jeweiligen Mäuseart nachschlagen.
Patientensteckbriefe für Tierärzte
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Letztes Update: 22.09.2022