Immer wieder werden bei Gartenarbeiten, Spaziergängen oder ähnlichen Gelegenheiten kleine Mäusekinder gefunden, die noch nicht entwöhnt sind. Manchmal verstirbt bei Haustieren auch die Mutter zu früh. Die Aufzucht dieser Waisenkinder ist zum Leidwesen der unfreiwilligen Mäuseersatzeltern nicht immer von Erfolg gekrönt. Es gibt aber Grundregeln, die die Chancen der Babymäuse wesentlich erhöhen können.
Ist eine Rückführung also nicht möglich oder war sie nicht erfolgreich, hilft Ihnen diese Seite weiter.
Wildmausaufzucht - Die Aufnahme
Handelt es sich bei dem Baby um ein verwaistes Wildtier, ist eine Parasitenkontrolle obligatorisch. Deutlich sichtbare Ektoparasiten wie Läuse oder Milben sollten Sie absammeln, abwischen oder – so schon Fell vorhanden ist – mit einer weichen Zahnbürste abbürsten und so den Parasitendruck mindern. Mit einem Pinsel können Sie außerdem Kieselgur ins Fell einarbeiten, das weitere Parasiten tötet, für Ihr Findelkind aber ungefährlich ist.
So wird der Organismus des Babys entlastet und der kleine Körper kann mehr Reserven für das Überleben und Wachsen einsetzen. Ein Ardap-Ring rund um das Behältnis der Kinderstube oder ein Abkleben des Behälters mit doppelseitigem Klebeband verhindert die Ausbreitung mobiler Parasiten wie der Tropischen Rattenmilbe. Haben Sie beides nicht, stellen Sie den Behälter in ein Behältnis, das 1cm hoch mit Wasser und einem ordentlichen Spritzer Spülmittel gefüllt ist. Die Wasserfläche von der Box zum äußeren Rand des Wassers ist im Idealfall 10cm breit oder breiter.
Frühestens mit etwa 18-20 Tagen sollten Sie den Kleinen – soweit noch notwendig – ein Antiparasitikum verabreichen. Optisch parasitenfreie Babys mit einwandfreier Verdauung können zwar Träger von Endoparasiten sein. Ohne Anlass sollten Sie diese aber nicht behandeln.
Bei der Aufzucht verwaister Haustiere entfällt die Parasitenkontrolle auf Ektoparasiten in der Regel. Endoparasiten sollten Sie aber auch hier ab einem Alter von etwa 21 Tagen checken.
Neben einem Blick auf die Parasiten ist Gewichtskontrolle zur Aufnahme sinnvoll. Diese sollten Sie später fortsetzen.
Wurde ein Baby von der Katze gebracht und verletzt, ist eine Antibiose unumgänglich. Suchen Sie mit dem kleinen Findling einen Tierarzt auf und lassen Sie ihn mit einem gegen Pasteurellen wirksamen Antibiotikum behandeln. Am verträglichsten haben sich hier ein Doxycyclin-Depot oder Enrofloxacin als Injektion erwiesen. Wichtig ist bei einer Antibiose, dass die Jungtiere ausreichend Flüssigkeit aufnehmen. Andernfalls nehmen die Nieren – im schlimmsten Fall einen irreparablen – Schaden. schlechte Trinker müssen deshalb eventuell infundiert werden.
Von einer oralen Antibiose nicht selbständiger Jungtiere möchte ich an dieser Stelle dringend abraten! Die Nebenwirkungsrate vor allem in Form von Durchfall ist meiner Erfahrung nach hier signifikant höher als bei Injektionen.
Verwaiste Mäusekinder füttern
Am besten zur Aufzucht geeignet ist Welpenaufzuchtmilch für Katzen. Viele Aufzuchtstationen verwenden für Nager unter anderem K.M.R. Katzenmilch-Pulver von Fox Valley Nutrition. Die gibt es beim Tierarzt, andere Produkte auch in der Zoohandlung oder online. Dazu zählt unter anderem die Katzenaufzuchtmilch von Royal Canin, die ebenfalls sehr häufig verwendet wird und mit der ich auch gute Erfahrungen gemacht habe. Andere Mäusepäppler schwören auf Aufzuchtmilch aus Ziegenmilch, da diese besonders leicht verdaulich sein soll.
Kommen Sie nicht schnell genug an eine solche Milch, können Sie solange auch eine Mischung aus Fencheltee, etwas Traubenzucker und einigen Krümeln (!) Salz füttern. Eine Dauerlösung ist diese Mischung aber nicht, da ihr das notwendige Protein fehlt. Sie können sowohl dieser Mischung, als auch der Milch etwas Sab Simplex zusetzen, um Blähungen zu mindern, wenn diese sich ankündigen oder schon manifestiert haben.
Damit sich die Babys nicht verkühlen, muss die Milch handwarm sein.
Wichtig: Wenn Sie sich einmal für eine Milch entschieden haben, bleiben Sie dabei. Ein Wechsel kann tödliche Verdauungsprobleme provozieren. Dabei sind die kleinen Zöglinge umso empfindlicher, je jünger sie sind.
Zum Füttern eignen sich Laborpipetten, Zitzenkanülen oder Braunülen (gibt´s beim Tierarzt, in der Apotheke oder online), die auf Spritzen gesteckt werden. Optimal ist aber die „Nuckelflasche“ von Gimborn, deren Aufzuchtset auch einen mausbabygeeigneten Nuckelaufsatz enthält. Außerdem gibt es sehr kleine, weiche Silikonsauger, die auf die Öffnung gängiger Spritzen passen. Wer solche Utensilien nicht zur Hand hat, dem leistet auch ein kleiner, spitzer Pinsel gute Dienste.
Was brauche ich zum Füttern?
- Milchpulver
- Wasser oder Fencheltee
- Pipette, Spritze + Aufsatz oder Pinsel
- evtl. Sab Simplex
Bauchmassage
Massieren Sie nach jeder Fütterung den Bauch des Babys 3 bis 5 Minuten lang in kreisenden Bewegungen mit einem kleinen Wattestäbchen, um die Verdauung anzuregen.Bei größeren Findlingskindern wie älteren Ratten, Nutrias oder ähnlichen Nagern leistet auch eine kleine, weiche Babyzahnbürste gute Dienste.
Kontrollieren Sie auch regelmäßig, dass das Baby Kot und Urin absetzt.
Die Massage mit Wattestäbchen oder Zahnbürste ersetzt die Massage, die die Mutter in der Natur ausführt, wenn sie ihrem Baby den Bauch ableckt. So regt sie die Verdauung ihrer Babys an.
Wärmezufuhr
Im Notfall leistet eine Wärmflasche oder – so eine solche nicht vorhanden ist – ein geschlossenes Glas mit warmem Wasser, umwickelt mit einem Handtuch, gute Dienste. Besser geeignet sind Heizmatten oder Heizsteine, die dauerhaft eine regelmäßige Wärme abgeben. Ich persönlich habe mit Rotlicht Wärmequelle die besten Erfahrungen unter allen Wärmequellen gemacht. Als Alternative bieten sich Wärmestrahler aus Keramik an.
Ob Heizsteine, Matten, Strahler oder Lampe die optimale Temperatur haben, finden Sie ganz einfach heraus: Schalten Sie die Wärmequelle an und richten Sie das Nestchen darauf oder darunter so her, wie es bleiben soll. Warten Sie ca. 30min und prüfen Sie dann im Nest die Temperatur. Sie sollte dann gut handwarm sein.
Die Heizung ist für die kleinen Babys ungeeignet, da sie punktuell deutlich zu heiß und an anderer Stelle wieder zu kalt wird. Hier wurden schon Mäusebabys gegrillt oder sind erfroren.
Fütterungsabstand und Alter
Als Faustregel gilt für Babys, die noch nicht fest fressen, ein Fütterungsintervall von 2 bis 3 Stunden (fast alle Echten Mäuse, Rennmäuse u.a. mausartige Nager) bzw. 1 bis 2 Stunden (Knirpsmaus- und Zwergmauskinder, alle Spitzmäuse) am Tag und ein Intervall von 3 bis 4 bzw. 2 bis 3 Stunden in der Nacht. Spitzmäuse sollten Sie auch nachts alle 1 bis 2 Stunden füttern, wenn sie es annehmen.
Ob Ihr Fütterungsintervall passt, sagt Ihnen Ihr kleiner Schützling. Ist er oft noch von der letzten Mahlzeit satt, können Sie die Intervalle beim Füttern vergrößern. Warten Sie bis zur nächsten Mahlzeit dann einfach 15min länger und schauen Sie, ob er dann wieder Hunger hat. So tasten Sie sich 15min-weise an das optimale Intervall heran.
Fangen die kleinen Mäuse an, fest zu fressen, stellen Sie ihnen immer festes Futter zur Verfügung und vergrößern die Milchintervalle stetig. Für den Übergang zu festem Futter können Sie Körnerfressern auch Haferschleim anbieten, den Sie mit der Aufzuchtmilch anrühren können. Rühren Sie die Milch zum Füttern und für den Brei in dieser Phase jeden Tag ein wenig dünner an, bis er reines Wasser ist. Trockene Schmelzflocken sind zudem eine gute Übung für das erste “richtige” Futter. Bei Spitzmäusen ist das weiche Innere von Zophobas und Mehlwürmern ein guter Ersatz für den ersten Brei.
Babys ohne Fell sind wenige Stunden bis wenige Tage alt. Bis zum Alter von etwa 14 Tagen sind die Augen der meisten Arten noch geschlossen. Der genaue Zeitpunkt von Fellwuchs und dem Öffnen der Augen variiert von Art zu Art leicht.
Babys, die noch mit geschlossenen Augen gefunden werden, haben eine deutlich geringere Überlebenschance als ältere Mäusekinder. Öffnen sie die Augen während der Aufzucht und überstehen diese Phase gut, steigen ihre Chancen, groß zu werden, enorm. Oft entscheidet sich in den Tagen rund um das Öffnen der Augen, ob der kleine Pflegling es schafft oder nicht.
Wenn die Augen komplett offen sind, können Sie die erste feste Nahrung anbieten. Bei allen mausartigen Nagern sind das natürlich Mischungen für Mäuse. Auch kleine Rationen Kräuter und Gemüse werden von älteren Tieren gefressen. Bei Spitzmäusen können Sie lebende oder tote Futterinsekten, gekochtes Ei und frisches Rindertartar anbieten.
Altersschätzung
- Baby nackt oder nur feiner Flaum = unter 7 Tage alt
- Baby mit dünnem Fell & noch geschlossenen Augen = 7 - 14 Tage alt
- Baby öffnet gerade die Augen = 14 - 16 Tage alt
- Baby hat Augen komplett offen = älter als 14 - 16 Tage
Fütterungsintervalle
- tags: Nager bis ca. 7 Tage = alle 2 - 3h
- nachts: Nager bis ca. 7 Tage = alle 3 - 4h
- tags: Spitzmäuse und Zwergmäuse bis ca. 7 Tage = alle 1 - 2h
- nachts: Spitzmäuse und Zwergmäuse bis ca. 7 Tage = alle 2 - 3h
- Fütterungsintervalle bei satten Jungtieren probeweise um 15min jeweils verlängern
Handaufzuchten auswildern
Viele unfreiwillige Mäuseeltern bauen in der kurzen, aber intensiven Zeit eine enge Bindung zu ihrem Baby auf. So Mancher sorgt sich, ob er oder sie es draußen schaffen wird. Und nicht wenige Finder erwischen sich bei dem Gedanken, den Zwerg einfach drin zu behalten. Schließlich ist er hier sicher. Das mag zwar sein, ersetzt dem Tier, das mit einem unbändigen Freiheitsdrang geboren wurde, jedoch nicht die freie Wildbahn. Lösen Sie deshalb das emotionale Band zu Ihrem Zögling und entlassen Sie ihn in die Natur, soweit keine medizinischen oder Verhaltensgründe dagegen sprechen.
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Letztes Update: 10.02.2021