Irgendwann hat jeder Mäusefreund mal seine ersten Mäuse. Was Anfänger beachten sollten, wird daher reichhaltig im Netz verbreitet. Gerade Anfänger sind es aber, die besonders anfällig sind für den Käse, den selbsternannte Profis so verzapfen. Wie man sich, den abgebenden Stellen und seinen neuen Mitbewohnern das Leben schwerer macht, als es sein muss, weiß unser neuer Unfug-Text zur Anschaffung.
Was sich der Autor neben Ahnung mal anschaffen sollte, ist definitiv auch ein besserer Stil. Mit Passivstil und “man” soll es vielleicht besonders sachlich und damit kompetent wirken. Erreicht hat unser Autor aber lediglich, dass das Lesen zur Qual wird. Ob das dem Infozweck förderlich ist, wage ich zu bezweifeln.
Woher nehmen und nicht stehlen?
Woher die Mäuse kommen können, da ist unser Text sehr klar. Tierheime und Tierschutz bekommen dabei ein Daumen hoch. Zooladen, Gartencenter, Baumarkt und Züchter wird Profitgier unterstellt. Mehr lernt unser Farbmausneuling leider nicht. Auch lernt nicht er, was jetzt mit Mäusen aus privaten Pflegestellen, Kleinanzeigen oder Messen ist. Na ja, kann man ja mal vergessen. Kommt ja quasi nie vor, dass da wer Mäuse anbietet. Oder?
Was da denn nun alles zu sagen wäre, ist nicht wirklich in drei Sätzen erledigt – weshalb ich mir das für einige weitere Artikel aufspare.
Bei der Anschaffung sei neben der Gesundheit und der bisherigen Haltung auch das Verantwortungsbewusstsein der abgebenden Stelle zu betrachten. Das ist in der Theorie zwar durchaus richtig. Jedoch verliert der Text kein Wort dazu, wie unser Anfänger eben dieses Bewusstsein denn erkennt. Das Blöde ist nämlich: Veräppeln ist gerade bei Anfängern leicht. Bis die es merken, ist es längst zu spät. Die Forderung der Prüfung des Verantwortungsbewusstseins führt sich deshalb – leider – selbst ad absurdum.
Ein bisschen mehr Tiefe bitte
Mäuse für eine Vergesellschaftung sollen nach passendem Alter, Geschlecht, Persönlichkeit und Sozialisation ausgewählt werden. Auch das ist in der Theorie richtig. Zum einen wird das aber grade für Einsteiger in die Farbmaushaltung spätestens bei Sozialisation und Persönlichkeit schwierig. Zum anderen verliert unser Text auch hier kein weiteres Wort zu den einzelnen Punkten, die dem Anfänger zumindest etwas weiterhelfen könnten.
Beim Alter können vor allem große Altersunterschiede problematisch werden, müssen es aber nicht. Die Persönlichkeit ist da viel entscheidender. Beim Geschlecht verbieten sich für Anfänger eigentlich nur unkastrierte Böcke – egal ob zu einem Bock, einem Kastraten oder einem Mädel. Der Rest ist – schon wieder – eine Persönlichkeitsfrage.
Persönlichkeit und Sozialisation sind für Anfänger schwer bis gar nicht zu beurteilen. Das vergisst unser Unfugtext leider. Das gilt für die Sozialisation vor allem dann, wenn das erste Vierteljahr des Lebens einer Maus unbekannt ist. In der Regel gut sozialisiert sind Mäuse, die in einem altersgemischten Verband aufgewachsen sind oder als Jungtiere zumindest erwachsene Bezugsfiguren hatten. Mäuse aus Großnotfällen sind deshalb oft erstaunlich gut sozialisiert.
Die Frage nach der Persönlichkeit steht in unserem Text sehr salopp. Wie andernorts schon festgestellt, kann die Eruierung der Charakterzüge einen ganzen Brockhaus füllen. Sich als Anfänger da allein durchzuquälen, ist wenig sinnvoll, da Erfahrungen als Referenz naturgemäß fehlen. Hilfe von erfahreneren Haltern kann hier zumindest ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Also fragt Euch durch – und nehmt Euch auch an, was Ihr erfahrt. Es muss ja nicht jeder dieselben Fehler machen. Da gibt es noch genug zum Ausprobieren.
Hatschiii und so
Gesundheit ist bei der Übernahme essenziell. Dabei wird natürlich auch (wieder) auf den Parasiten rumgeritten. So sähe man Milben erst beim neuen Halter. Naaaa, ja, die Geschichte mit den Milben hatten wir ja schon mal. Mäuse sind nie milben- und damit auch nie komplett parasitenfrei. Die Mäuse x-mal mit Antiparasitika vollzuschmeißen, hilft dem auch nicht ab. Ob eine Parsitose vor der Anschaffung schon bestand, ist daher mitunter schwierig zu sagen.
Neben einigen, ganz brauchbaren Aussagen zur Gesundheite und dem Abgabealter, kommt unser Autor mit einem Gesundheitszeugnis ums Eck. Das sollten Privatabgaben immer dabei haben, wenn sie ein neues Heim suchen. Das würde aber a) einen Tierarzt mit Ahnung voraussetzen, b) einen, der bei solchen Anfragen (berechtigter Weise) nicht besorgt nach der geistigen Gesundheit des Halters fragt und c) einen, der ein solches Zeugnis überhaupt bereit ist auszustellen. So einfach und üblich, wie unser Text Anfängern weismachen will, ist das nämlich nicht.
Aufgrund der generell etwas schwierigen Diagnostik, hätte ein solches Zeugnis auch nur begrenzte Aussagekraft. Organische Schäden, bestimmte Erkrankungen und Keime treten erst nach längerer Zeit zu Tage. So kann auch eine augenscheinlich gesunde Maus beispielsweise Leukose tragen. Wer das Pech hat, ein solches Tier zu erwischen, merkt das manchmal erst 1 Jahr oder später nach der Anschaffung – wenn überhaupt.
Auch der Tierschutz stellt laut unserem Text auf Anfrage ein Gesundheitszeugnis aus. Ich hab mir tatsächlich mal eine Weile den Spaß gemacht, danach zu fragen. Die Reaktionen gingen von ungläubigem Staunen über Entschuldigungen, dass dazu das Geld fehle, bis hin zu Verärgerung, dass Tiere keine Garantieware seien. Erhalten habe ich nicht eines der gefragten Zeugnisse. Da muss unser Autor wohl ganz woanders gefragt haben als ich.
Kastriert wär gut
Der Tierschutz gibt Mäuse natürlich auch nur kastriert ab. Ja, soviel zur Utopie unseres Textes. Die Wirklichkeit ist da weniger rosig. Da fehlt es an Zeit oder Geld oder dem Willen – oder wahlweise an verschiedenen Kombinationen der drei. Zumindest bei Tierheimen darf man auch heute noch dankbar sein, wenn sie Mäuse kastrieren. So selbstverständlich, wie unser Text das hinstellt, ist es bei weitem nicht.
Auch bei Privatabgaben oder Abgaben privater Pflegestellen, stellt unser Artikel lapidar fest, dass sie Böcke nur kastriert abgeben. Das mag auf einen Großteil der Pflegestellen tatsächlich zutreffen. Für die meisten Privathalter gilt das bis heute nicht. Denen fehlt es mitunter an Mitteln, oft aber auch schlicht am Willen oder am Verständnis der Notwendigkeit.
Der Verantwortung bewusst sein …
… sollten sich nach unserem Artikel Tierheime und private Nothilfen, weshalb sie als verantwortungsbewusste Quellen für die neuen Mitbewohner ausgelobt werden. Hier fände man als Anfänger Kastraten und Böcke gingen nur an Profis. Im Idealfall ist das auch so – nur ist der Idealfall leider nicht so flächendeckend und häufig, wie ich mir wünschen würde. Das würde mir einige graue Haare und so manchem wohlmeindenen Neuling den einen oder anderen Ohnmachtsanfall ersparen.
Da wäre zum Beispiel ein unsägliches Tierheim im Meck-Pomm, das Mongolen und Farbis an jemanden vermittelt hat – und sie demjenigen in einer Box mitgab. Oder ein Tierheim im Ruhrpott, dass interessant große “Farbmäuse” vermittelte, deren Halter ich dann leider erklären musste, dass er keine Farbmäuse, sondern Vielzitzen hat. Oder das Tierheim in Niedersachsen, das 18 Mäuseriche aus einem Großnotfall mit über 80 Tieren auslobte – aus dem ich dann aber seltsamer Weise 56 Jungs mitgenommen habe. Oder die Pflegestelle in Brandenburg, die über ein halbes Jahr fröhlich eine Rattenmilbenpopulation nährte – bis sie geräumt wurde.
Diese Liste von Pleiten, Pech und Pannen ließe sich beliebig fortsetzen. Manchmal sind es nur kleine Fauxpas ohne große Folgen. Manchmal fabriziert aber auch der Tierschutz (ungewollt oder sogar sehenden Auges) größere Katastrophen. Das ist nicht die Regel, sollte jedoch erwähnt werden. Mausahnung ist eben auch nicht überall vorhanden. Anfänger, die sich nicht sicher sind, sollten sich daher am besten Hilfe von erfahrenen Haltern oder spezialisierten Pflegestellen suchen und – ganz wichtig – für Infos möglichst mehr als eine Quelle anzapfen. Dann fällt eher auf, wenn einer Käse erzählt.
Mäuse kaufen mies gemacht
Es folgen die typischen Allgemeinplätze zu Zooläden, Baumärkten und Co. Die stimmen zum Großteil auch. Dass es inzwischen aber von so manchem Laden auch mausgerechte Bemühungen gibt, fällt hier unter den Tisch. Die Welt ist schwarzweiß und der Zooladen immer Sch… Basta!
Ich bin auch kein Fan von Lebendtieren im Laden. Die Versuchung zum Haustiershopping ist zu groß. Aber zumindest eines muss man einer zunehmenden Zahl von Läden lassen. Die Anzahl tierschutzwidrigen Zubehörs schrumpft genauso merklich, wie sinnvoll(er)es Zubehör nachwächst. Bei Beratung und Fachwissen ist das so ein bisschen Russisch Roulette. Ich kenn jemanden, die in der Zooabteilung eines Baumarktes arbeitet. Die hat richtig was auf der Pfanne. Ich kenn aber leider auch Leute, die in solchen Läden arbeiten und Ratten nicht von Mäusen unterscheiden können. Daher stimmt zumindest das Fazit unseres Unfugtextes: Finger weg vom Zoolala!
Was wiederum grober Unfug ist, ist die Drohung mit zoonotischen Parasitosen. Natürlich kann man sich über Tiere aus dem Zooladen Parasiten mit wenigen Vorurteilen bei der Wirtswahl einfangen. Aber das kann einem im Tierheim, auf ner Messe oder beim Züchter genauso passieren – oder man sammelt sie selber irgendwo auf. Das Thema hat also mit dem Zooladen eher wenig zu tun.
Ab in die Quarantäne!
Neue Mäuse gehören in Quarantäne, wenn schon Mäuse im Haus sind. Das dient der Seuchenprophylaxe und der Eingewöhnung – meint unser Unfugtext. Leider, leider dauert die Eingewöhnung länger als die 7 bis 14 Tage Quarantäne. Also wieder kein Treffer für unseren Unfug-Autor.
Der Prophylaxe in Bezug auf Keime und Parasiten kann die Quarantäne dienen. Jedoch solltet Ihr Euch da nicht in zu großer Sicherheit wiegen. Es gibt genug, was man in dieser Zeit nicht sieht und einem jede Menge grauer Haare bescheren kann. Die Einhaltung der Quarantäne ist daher zwar eine sinnvolle Maßnahme, absolute Sicherheit gegen unerwünschte Mitbringsel bietet sie jedoch nicht.
Daher finde ich es etwas verwunderlich, dass zu Quarantäneende symptomfreie Tiere automatisch als gesund eingestuft werden. Meistens ist das so, aber eben nicht immer. Und parasitenfrei sind sie – wie oben erwähnt – sowieso nicht. Seid Euch also bitte bewusst, wenn Ihr neue oder Eure ersten Tiere holt:
Ihr könnt noch so gründlich in der Vorbereitung, noch so verantwortungsbewusst in der Auswahl der Quelle und noch so kleinlich mit der Quarantäne sein, einen absoluten Schutz vor unliebsamen Überraschungen gibt es nie. Überlegt Euch also bitte vor der Anschaffung der kleinen Pelzchen, ob Ihr auch dann noch die Verantwortung für sie tragen könnt und wollt, wenn nicht alles nach Plan läuft.