In vielen Foren und auch auf einigen Websites lesen Sie häufig bei Notfalltieren den Vermerk »Vermittlung bundesweit«. Dies bedeutet, dass die Tiere nicht nur in die nähere Umgebung, sondern auch an weit(er) weg wohnende Interessenten vermittelt werden.
Warum für Mäuse eine bundesweite Vermittlung?
Populäre Mäusearten wie Mongolische Rennmäuse und Farbmäuse finden sich oft in Tierheimen im näherem Umkreis des potentiellen neuen Halters. Bei seltenen und anspruchsvollen Arten wie Striemengrasmäusen und Rötelmäusen geht die Suche oft über die Grenze des Bundeslandes hinaus.
Eine überregionale Vermittlung gibt Nagern, die vor Ort kaum Chancen auf ein neues Zuhause haben, die Möglichkeit, trotzdem neue Körnergeber zu finden. Gerade Mäuse und andere Kleinsäuger, die in ländlichen Gebieten im Tierheim oder einer Notstation landen, haben nur geringe oder gar keine Chance auf Vermittlung. Auch bei sehr großen Notfällen können nicht immer alle Tiere in der näheren Umgebung untergebracht werden.
Vor allem bei speziellen Fällen – etwa seltenen Arten wie Springmäusen oder anderen Nagern betimmten Ansprüchen an das neue Heim – steigert die bundesweite Vermittlung die Chancen der Mäuse auf ein neues Zuhause erheblich. Nicht selten ist sie für solche Tiere sogar die einzige und letzte Möglichkeit, artgerecht unterzukommen, denn Tierheime und Nothilfen können den Ansprüchen der Tiere nur sehr selten gerecht werden.
Auf der anderen Seite bekommen Halter, die keine passenden Tierschutztiere in ihrer Umgebung finden, die Möglichkeit, Notfalltiere durch ihre Aufnahme zu unterstützen. Hat das Tierheim oder die Notstation vorort nicht die gesuchten Tiere, kann der Interessent im gesamten Bundesgebiet nach geeigneten Mitbewohnern schauen, bis Mäuse und Mensch sich gefunden haben.
Wie funktioniert die bundesweite Vermittlung bei Mäusen?
Die bundesweite Vermittlung verläuft etwas komplizierter als der Gang ins örtliche Tierheim oder gar in die Zoohandlung um die Ecke. Trotzdem ist sie in der Notfallarbeit weit verbreitet. Der typischen Ablauf einer solchen Vermittlung hat in etwa dieses Schema:
1. Sie finden Ihre Mäuse
Sie melden sich für ein oder mehrere inserierte Tier(e). Die Nothelfer prüfen dann, ob Mensch und Mäuse zusammenpassen, es den Tieren im neuen Zuhause gut gehen wird. Das kann über Telefongespräche, schriftliche Korrespondenz und/ oder Bilder vom Gehege ablaufen. Passen die Tiere, z.B. Farbmäuse, zu Ihnen, geht es weiter:
- Wie mobil sind Sie?
- Zu welchen zeiten können Sie Ihre neuen Mitbewohner abholen?
- Wo können Sie die Nager entgegennehmen?
2. Mitfahrgelegenheit oder Spedition
In vielen Foren und auf Facebook existieren Rubriken oder Gruppen für Mitfahrinserate und Fahrketten. Findet sich hier kein passendes Mäusetaxi, nutzen Vermittler auch Angebote in Mitfahrbörsen. Die größte dieser Börsen macht es tierischen Mitfahrern inzwischen aber schwer und in manche regionen sind Fahrtangebote ohnehin dünn gesät. Deshalb entscheidet sich Mancher für die Tierspedition. Die erste Wahl sollte sie aber nicht sein.
Bei der Wahl der Mitfahrgelegenheit sollten Sie jedoch nicht nur auf passende Zeiten für Vermittler und künftige Halter achten. Wichtig oder zumindest wünschenswert sind auch diese Aspekte:
- optimale Temperierung (Hitzeschutz im Sommer, Kälteschutz im Winter)
- Nichtraucherauto
- keine laute Musik
Gestaltet sich ein tiergerechter Transport schwierig, sollten Sie die Fahrt im Zweifel lieber verschieben, bis Sie einen transport unter geeigneten Bedingungen finden.
3. Übergabe und Übernahme der Mäuse
Den Übergabe- und Übernahmeorte vereinbaren Sie bzw. die Pflegestelle mit dem Fahrer. Die Nothilfe bringt die Mäuse kurz vor Abfahrt zum Treffpunkt der Mitfahrgelegenheit und achtet darauf, dass die Tiere im Auto sicher verstaut werden. Die Mäuse werden in ihren Boxen ausreichend mit Feucht- und Trockenfutter versorgt und bekommen einen ungefährlichen Unterschlupf (z.B. Klorollen, Pappschachteln oder einfach viel Heu). Kann aus der Transportbox Streu krümeln, sollten Sie sie in einem Stoffbeutel packen oder in einen passenden Karton, um das Auto des Fahrers nicht zu verschmutzen.
Mit dem Fahrer vereinbaren Sie vor Abfahrt schon, wie lange Sie zum Ankunftsort der Mitfahrgelegenheit brauchen. Diese Zeitspanne beträgt in der Regel zwischen 15 und 60 Minuten. So lange vorher, ruft der Fahrer Sie an und sagt Bescheid, dass Sie jetzt zum Übergabetreffpunkt kommen können. Dort nehmen Sie Ihre Mäuse entgegen und bringen sie auf dem schnellsten Weg nach Hause.
4. Transportboxen und Finanzen
Die Transportbox stellt in der Regel der Nothelfer oder das Tierheim. In einigen Fällen kann sie beim neuen Halter verbleiben. Braucht der Eigentümer die Box wieder, schicken Sie sie einfach per Post zurück.
Mäuse-Mitfahrgelegenheiten kosten in der Regel zwischen 5 und 15 Euro – je nach Fahrer und Strecke. Diese Kosten übernehmen Sie als neuer Halter. Möchte die Mitfahrgelegenheit schon am Start bezahlt werden, streckt der Nothelfer das Geld vor. Sie überweisen es schon vorab oder nach der Fahrt an die Pflegestelle.
Lohnt sich der Aufwand überhaupt?
Ganz klar: JA! Für die geretteten Mäuse lohnt sich die überregionale Vermittlung fast immer. Die Alternativen sind nicht selten lebenslange Einzelhaft und/ oder ein Leben im Tierheim, manchmal sogar der Tod. Da Tierheime den Tieren oft keine optimalen Bedingungen bieten können oder wollen und Nothilfen oft zum Bersten voll sind, ist ein neues, artgerechtes Heim mit individueller Betreuung immer ein Gewinn für die Nager, der den einmaligen Stress der Fahrt lohnt.
Ist bundesweite Vermittlung für Mäuse zumutbar?
Diese Frage taucht immer wieder auf. Und wenn die Tiere richtig vorbereitet und untergebracht werden, kann man sie in den allermeisten Fällen mit „Ja!“ beantworten.
Haben die Tiere Streu aus dem vertrauten Käfig mitbekommen, Verstecke sowie genügend Trocken- und Feuchtfutter, ist die Box ausreichend groß und wurde auf die oben genannten Kriterien der Mitfahrgelegenheit geachtet, sind auch weitere Strecken in der Regel kein Problem.
Problematisch können Transporte dann werden, wenn die Tiere sehr scheu sind, mit aller Macht aus der Box wollen oder nervlich sehr empfindlich oder krank sind. Hier sollte der aktuelle Halter, der das Tier am besten kennt, entscheiden, ob es zumutbar ist oder ob ein Platz in der Umgebung besser ist.
Kranke und alte Mäuse “on the road”
Manchmal bleibt aber im Interesse des betroffenen, kleinen Taxigastes nur eines: Augen zu und durch! Fehlt einem Halter beispielsweise der passende Tierarzt oder ist ein Tierheim für Mäuse nicht eingerichtet und fehlen hier die Erfahrung und der Tierarzt oder auch ganz simpel für einen Solo die Artgenossen und das Wissen um die Vergesellschaftung, müssen mitunter auch schwer kranke oder sehr alte Tiere weite Strecken fahren, um schnell in kundige Hände zu gelangen. Dann fährt das Risiko natürlich mit. Heißt die Alternative aber Einsamkeit oder Tod, ist zumindest das Mäuseasyl bereit, auch solche Fahrten zu organisieren. Ob Sie es sind, müssen Sie im Einzelfall entscheiden. Die Maxime sollte dabei immer sein: Was ist das Schlimmste, was dem Tier passieren kann? Ist die Fahrt eine echte Chance? Dann wären wir wieder bei “Augen zu und durch” …