Das böse, böse Nadelholz

Häuschen aus Nadelholz

Vor einigen Jahren war es ein gern erhobener Zeigefinger. Heute ist es quasi festzementierte Weisheit: Nadelholz ist böööööööse! Wer seine Tiere liebt, nimmt nix aus Nadelholz, weil damit bringt man sie früher oder später um oder schadet ihnen zumindest gesundheitlich immens. Da frag ich mich doch: Was hat das Nadelholz eigentlich verbrochen, dass sein Ruf so ruiniert ist? Und weil es mich brennend interessiert hat, hab ich mich mal dahinter geklemmt. Hier lest Ihr also jetzt mein Fazit.

Die Wurzel des Übels

Ich habe diverse Leute ziemlich lange ziemlich genervt, wie sie eigentlich auf das schmale Brett kommen, dass Nadelholz so furchtbar schädlich ist. Und da kommen dann unter anderem Harz und ätherische Öle zur Sprache – die ja soooooo krebserregend sind.

Ein wenig weitere Fahnung ließ mich dann dieses Pamphlet ausgraben, das auch einige Leute als Beleg für die These vom bösen Nadelholz anführen – und das prinzipiell gut zusammenfasst, was vor allem die nordamerikansiche Nagergemeinde so zu diesen Hölzern zu sagen hat. Eine etwas ausführlichere, sehr interessante Version davon hat das Tiny Toes Rat Rescue in New Mexiko verfasst. Für die, deren Englisch nicht so gut ist, mal eben zusammengefasst: In dem Kurzpamphlet geht es um die schädlichen Effekte von Nadelhölzern und deren ätherischen Ölen unter anderem auf Leberenzyme. Zudem schreibt es was von Atemwegsproblemen, Allergien und Entzündungen.

Kurz: Es nutzt alle Buzz Words, die auch die deutschen Gegner gern anführen, weshalb ich mir dieses Pamphlet sehr gut als Quelle des Nadelholzmobbings vorstellen kann. Das Fazit heißt denn auch: Es gibt sicherere Hölzer, nämlich Laubhölzer.

Problem klar umrissen. Lösung angeboten. Alles fein, oder? Äääähhhh … Nicht ganz …

Lesen, verstehen, übersetzen

Was auf den ersten Blick nach einem klaren Beleg für die These der Nadelholzgegner aussieht, entpuppt sich als fiese Falle für alle, die entweder keine Leuchte im Übersetzen oder im anwendungsbezogenen bzw. praxisnahen Lesen sind – oder beides.

Von Pinien, Zedern und Fichten

Wenden wir uns erstmal dem Problem mit der Übersetzung zu. Das Pamphlet schreibt explizit von “Cedar” und “Pine”, vor denen die nordamerikanische Nagergemeinde auch quer über sehr viele Webseiten warnt. “Cedar” übersetzt sich simpel als Zeder, “Pine” als Pinie oder Kiefer. Beides kann ohne nähere Spezifizierung verschiedene Baumarten meinen. Da in den Quellen überall ein hoher Phenolgehalt angekreidet wird, gehen wir für diesen Fall mal davon aus, dass es die aromatischeren Vertreter dieser Bäume sind. Hier geht es nämlich um die ätherischen Öle und ihre Bestandteile, die die Hölzer abgeben. Mindestens die Kalifornische Weihrauchzeder dürfte Euch schon mal im Regal der ätherischen Ölfläschen als “Zeder” oder “Zederholz” begegnet sein.

Es dreht sich hier also um Hölzer, die in Nordamerika durchaus üblich sind. Und genau da wären wir schon bei einem Haken unseres Belegs fürs böse Nadelholz. Es kommt nicht aus unserem Kultur- und Wirtschaftsraum. In der Übersetzerausbildung lernt man allerdings: Genau der muss aber beachtet und mit übersetzt werden. Das heißt, in diesem Fall könnte ich als Übersetzer beispielsweise für ein “Pinie” oder “Zeder” ein “die in Nordamerika übliche(n)” setzen, um den Leser mit der Nase reinzutauchen: Nordamerika, nicht Europa! Ja, aber wie isses denn nun in Europa? Da wären wir beim nächsten Punkt.

In Europa sind Weichholzspäne oft aus Fichtenholz gemacht, manchmal auch gemischt mit Tanne oder Kiefer. Die Kiefer meint dann aber eben unsere europäischen Kiefern. Sowohl diese Kiefern, als auch Tanne und Fichte gibt es zwar ebenfalls als ätherische Öle zu kaufen. Wer aber mal genau hinschaut, stellt fest: Das machen die ja aus den Nadeln. Der Grund ist simpel: Das Holz bzw. dessen Harz gibt davon nicht genug her. Es enthält zwar wie so viele andere Pflanzenteile ätherische Öle – aber nur in geringen Mengen. Was hier als Holz für Späne verwendet wird, ist kein Aromaholz. Das merkt Ihr auch, wenn Ihr den Rüssel einfach mal in einen frisch geöffneten Späneballen steckt. Das riecht zwar leicht nach frischem Holz – aber eben nicht intensiv und schon gar nicht unangehm aufdringlich.

Damit wären wir schon bei Punkt eins: Nadelholz ist nicht gleich Nadelholz. Aber man muss beim Übersetzen halt das Gehirn auch benutzen – und nicht nur besitzen.

Von Spänen zu Möbeln

So Manchem ist es beim Lesen vielleicht schon aufgefallen: Bis hierher ging es doch tatsächlich nur um Späne. Bei uns geht es doch aber um Möbel!? Ja, da hat der eine oder andere Gehirnbesitzer beim gebetsmühlenartigen Nadelholzmobbing schon wieder das Benutzen vergessen. Deshalb erschien der Sprung von Spänen zu Möbeln wohl genauso logisch, wie aus nordamerikanischen Bäumen europäische zu machen.

Möbel und Späne haben aber einen ganz entscheidenden Unterschied: Die Oberfläche – und damit die Fläche, die überhaupt ätherische Öle abgeben kann – ist bei Spänen eklatant größer. Deshalb wären Späne also im Zweifel giftiger als Möbel, da sie schlicht mehr der Stoffe abgeben. Nun habe ich aber weder bei den Haustierhaltern, noch bei Zoos oder in Laboren jemanden über heimische Weichholzspäne heulen hören. Ich könnte auch nicht behaupten, selbst an meinen Tieren einen ungünstigen Effekt im Vergleich zu anderen Substraten festgestellt zu haben. Selbst die Hamsterfront, die Nadelholzmöbel gar nicht mag, vergräbt ja ihre Tiere oft ballenweise in Weichholzspänen.

Und da soll das Nadelholz der Möbel soooooo viel schlimmer sein? Eher nicht. Nicht mal, wenn da mal ne Harznase dran hängt, die definitiv einen höheren Ölgehalt hat, als das trockene Holz. Die Begründung mit den schädlichen ätherischen Ölen, die ja die Atemwege angreifen und die Leber schädigen und sooooooo giftig sind, können wir also auch beim billigsten der billigen Nadelholzmöbel getrost wieder einstecken. Die Mengen, die sie abgeben, sind bei einem adäquat belüfteten Gehege einfach uninteressant.

Und spannender Weise hat sich noch niemand weiter über Holzgehege aufgeregt – die quasi auch immer aus Weichholz gefertigt sind. Die Logik zwischen Spänen, Möbeln und Gehegen klemmt also doch ein bisschen (sehr).

Also alles kein Problem?

Doch! Aber das Holz kann herzlich wenig dafür. Nadelholzmöbel sind oft die billigen, mit Rinde beklebten Versionen von Trixi, AniOne und Co. Die sind wahlweise genagelt, getackert oder mit einem Kleber geklebt, über dessen Inhaltsstoffe der Hersteller auf Nachfrage nicht antworten wollte. Heißt also, ich weiß nicht, was der Kleber eventuell für schädliche Stoffe freisetzt. Und wenn die Nager die Nägel oder Tackerklammern freinagen, ist das auch nicht so gesund, wenn sie dran hängenbleiben. Nur kann eben das Holz selber dafür nix. Das wäre immer noch Mist, wenn man es aus Birke, Esche oder sonstwas so bauen würde.

Im Idealfall nehmt Ihr gesteckte Häuschen. Dann müsst Ihr nicht fragen, ob der Leim unbedenklich ist, weil keiner dran ist. Und die Gefahr durch freigelegte Nagel- oder Nadelspitzen entällt ebenfalls.

Fazit

Damit entpuppt sich das böse Nadelholz als ein Klassiker der Urban Legends. Es wird mal wieder alles nur halb so heiß gegessen, wie es gekocht wird – und das Problem liegt in der Verarbeitung, nicht am Holz selbst. Wenn Ihr mal an einer Aromakugel aus Zedernholz riecht, wisst Ihr, wo sie herkommt – und dass das so gar nichts mit den Hölzern zu tun hat, die Ihr hierzulande so im Tierbedarf findet. Schaut also genau hin, wie das Zubehör (oder auch das Gehege) Eurer Lieblinge verabeitet ist. Dann ist die Holzart – zumindest hierzulande – egal.

Wir machen hier Tierschutz!

Einzelne Farbmaus

Tierschutz ist toll. Man kann damit zahllosen Tieren helfen. Man kann damit aber auch einfach trotz absoluter Planlosigkeit sein eigenes Ego aufpolieren. Ist besser als jeder teure Psychologenkurs fürs Selbstbewusstsein. Egal wie hirnrissig die Aktionen sind, egal wie hahnebüchen die Thesen sind – mit dem Etikett Tierschutz ist man wichtig. Und wehe, da zweifelt jemand dran. Bekomme ich solche Stilblüten dann mal mit, falle ich wahlweise von einer Ohnmacht in die andere oder lachend vom Sofa.

Fall 1: Katastrophe in the Making

Nehmen wir da zum Beispiel mal einen netten Menschen. Der hat sich vor kurzem eine gebrauchte Schweinchenvilla gekauft. Wohnen sollen da aber Mäuse, keine Meeris. Da eben diese kleiner sind und die Schweinchenvilla für schöne und große Gehege bekannt ist, ist da also auch ausreichend Luft für ein kleines Mäusevolk. Nur welche sollen es werden?

Aus dem Tierschutz kommen sollen sie. So viel ist klar. Also wendet sich unser netter Mensch an eben diesen – in dem Fall aber (zumindest zuerst) nicht an mich. Unser Mensch wird beraten und weiß jetzt, was er für Mäuse bekommt. Da er aber ein verantwortungsvoller Halter ist, informiert er sich natürlich über seine neuen Mitbewohner weiter – und landet dadurch unter anderem bei mir.

Ich liebe ja Menschen, die so richtig vor Begeisterung für Vielzitzenmäuse glühen. Das haben die kleinen Dickerchen nämlich auch verdient. Nicht verdient haben sie allerdings die Posse, die der beratende Pseudotierschützer mit unserem netten Menschen gespielt hat. Nachdem ich nämlich nachgehakt habe, erfahre ich: Ja, es ist ne typische Schweinchenvilla – oben offen.

Nun frage ich mich ganz besorgt: Was soll der nette Mensch mit Flauschetackern in einer Offenhaltung!? Ja, doch, das ginge, hat die Pflegestelle gesagt. Sie schickt unserem netten Menschen die Mäuse nämlich nächste Woche. Aaaaaahhhh ja … Da will wohl wieder auf Teufel komm raus ein “Held” des Tierschutzes seine Vielzitzenmäuse vermitteln. Und das hat dieser Jemand mit viel blumigem Blabla getan, auf dass er als die Mäuseweisheit schlechthin vor unserem Anfänger steht, der bewundernd zu ihm aufblickt.

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So weit, so schlecht. Ich setze also unseren netten Menschen ins Bild, dass er jeden Abend die Bande suchen darf, wenn er die nimmt. Vielzitzenmäuse eignen sich nämlich für vieles, aber mit Sicherheit nicht für die Offenhaltung. “Aber die Pflegestelle hat doch gesagt …” Ja, glaub ich, dass sie das gesagt hat. Wahrer wird es davon leider nicht. Ich verabschiede mich dann von unserem netten Menschen mit dem Tipp, sich für sein wirklich schönes Gehege mal Farbmäuse anzuschauen. Für einen Deckel ist die Schweinchenvilla in dem Fall nämlich etwas ungünstig konstruiert.

Fall 2: (Falscher) Mensch findet Maus

Kennt Ihr auch solche Leute, wo alles links rein und rechts wieder raus geht – egal wie sehr Ihr Euch den Mund fusslig redet? Na ja, bei manchen Exemplaren ist da leider nix dazwischen, wo Eure gut gemeinten Ratschläge hängenbleiben könnten. Haben solche Menschen dann noch ein gewisses Sendungsbewusstsein und eine gut gehende Kamera, nimmt das Drama seinen Lauf. Recht schnell stellen nette Menschen dann fest: “Du Eliza, guck mal, die hat ein Nörgel. Hast Du da nicht Kumpels für?”

Nörgels … Schmacht. Na klar verhelf ich dem Nörgel zu Gesellschaft – wenn der Mensch mich denn mal ließe. Aber weder aus “ich schick Dir welche”, noch aus “schick mir das Nörgel runter” wird was. Stattdessen entfaltet sich vor mir ein Alptraum in HD. Mit einer gefühlt täglichen Bilderdiarrhöe wird das kleine Nörgel gefeiert – mit seinen Farbmauskumpels, mit denen es nur bedingt was anfangen kann; mit seiner Erdebox, die es für Fotos gnädig hingestellt bekommt; mit … ganz ganz vielen Sachen. Nur mit einem nicht: mit artgleichen Kumpels und einem opulenten Naturgehege. Stattdessen wird öffentlichkeitstauglich der erste Geburtstag des kleinen Mädchens gefeiert. Mir ist so schlecht, dass ich im Kreis kotzen möchte. Aber natürlich finden es alle süß. Viele Likes und Herzchen. Genau das, was Frauchen braucht. Und was braucht die Maus? Na, die hat zu brauchen, was Frauchen sagt, den alles andere … Durchzug und so … Ihr wisst schon.

Und als wäre das nicht Posse genug, bekommt das Nörgelchen nach über einem Jahr plötzlich doch noch Gesellschaft in Aussicht gestellt. Genau wie Nörgelinchen wird die in der Planung schon mal den Bedürfnissen von Frauchen angepasst. Sollte ein Mädel sein, ist aber ein Bub. Na sowas! Aber das ist ja nix, was der Tierarzt nicht korrigieren kann. Kastrieren wir den kleinen Kerl doch einfach. Ist ja nur ein Wildfund und es rudern die wenigen Erhaltungszüchter ja auch noch nicht genug nach frischen Genen.

Züchten!? Niemals! Das ist kein Tierschutz! Kastrieren ist Tierschutz. Immer. Basta. Und ich dachte immer, der Tierschutz orientiert sich an den Bedürfnissen der Tiere, nicht an denen ihrer Finder oder Halter. Aber gut, auch ich kann mich mal täuschen. Vielleicht rechne ich mich ja auch zu Unrecht überhaupt selbst dem Tierschutz zu. Meine Nörgels sind – wie die meisten Mausherren meines Haushalts – nämlich in der Regel nicht kastriert. Warum auch? Man kann sie gut als Männerclique halten.

Fall 3: “Ich mach das lieber selber”

Auch sehr schön sind die Tierfreunde, die die Tiere so sehr lieben, dass sie sie selber behalten müssen – auf Teufel komm raus. Das trifft nicht nur mit unschöner Regelmäßigkeit Wildmausfindlinge, sondern auch so manchen Mausexoten. Da bekommt man einen pieksigen, spitznäsigen Neuzugang angekündigt, guckt sich schon mal nach Kumpels um und meldet ihn auf dringenden Termin beim Tierarzt an – nur um dann kurz vor knapp eine Absage zu bekommen.

“Ich behalte ihn doch selber und suche ihm Kumpels.” Jo, kann man machen – wenn man die Mausart kennt, weiß, wo man Artgenossen herbekommt, die keine Soziopathen sind, und weiß, was man in der Vergesellschaftung des Gelichters beachten muss. Nun ist aber leider nichts der drei Grundanforderungen hier der Fall und ich darf jetzt däumchendrehend warten, wann – oder ob überhaupt – ihr auffällt, dass das eine blöde Idee war und sie den Zwerg doch noch bei mir abwirft.

Denn schon allein die Suche nach Kumpels wird sich schwierig gestalten. Im Umkreis von 300 km gibt es nur einen Vermehrer dieser Art und von diesen Tieren ist schon bekannt, dass die nicht die sozialkompetentesten Vertreter ihrer Sippschaft sind. Und dann soll das ja auch noch ne reine Bockgruppe werden. Nicht nur weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es besagter Vermehrer nicht so mit der Geschlechterbestimmung hat. Eierträger dieser Mausart können auch noch ziemlich Ekel zueinander sein – vor allem, wenn der Mensch nicht weiß, was er tut. Und nein, dieses Wissen kann man sich nicht anlesen. Das muss man mit den Mäusen live lernen.

Ich kann mir jetzt also als Worst-Case-Szenarien aussuchen, ob unser Exot bei der VG zerpflückt wird oder als “unvergesellschaftbar” einzeln vermimmelt. Es würde mich aber auch nicht wundern, wenn die Dame in rund einem Jahr (so lange brauchen Erbsenhirne erfahrungsgemäß, bis es durchrutscht, dass die Idee blöd war) mit nem im Verhalten total verkorksten Rentner wieder in meinen Messages auftaucht und fragt, ob ich ihn nicht doch haben möchte. Na klar möchte ich – nur wäre mir vor einem Jahr deutlich lieber gewesen …

Fazit: Nicht überall, wo Tierschutz dran steht, ist auch Tierschutz drin

Immer, wenn ich denke “So dämlich kann doch keiner sein”, kommt einer ums Eck und beweist mir das Gegenteil – und klebt dann noch das Prädikat “Tierschutz” drauf. Wenn Ihr den Tierschutz im Sinne der Tiere und nicht in dem der Menschen dahinter unterstützen wollt, schaut ruhig öfter mal genauer hin. Ist wirklich im Sinne der Tiere, was da passiert? Oder pflegt man hier eher Dogmen oder auch das eigene Ego? Manchmal ist das eine schmale Gratwanderung, bei der die Tiere öfter mal verlieren …

Bleibt mir mit dem Sch… Orniflox weg!

Kranke Mäuse

Orniflox ist der Handelsname für ein Enrofloxacin-Präparat. Enrofloxacin!? Japp … Genau der Wirkstoff, den viele von Euch vermutlich noch als den Klassiker “Baytril” oder unter einem anderen Handelsnamen kennen. “Das ist doch das Antibiotikum für Mäuse. Und das hilft doch meistens echt gut. Was hat sie denn bloß neuerdings dagegen?”, wird jetzt manch einer denken. “Nix wirksames”, bin ich versucht zu sagen. Dazu dürft Ihr Euch einen inzwischen massiv genervten Unterton vorstellen.

Warum Tierärzte Orniflox verordnen

Rechtliche Vorgaben knebeln selbst wohlwollende Tierärzte, denn fasst man es zusammen, läuft das Phänomen aus Tierarztsicht auf einen einfachen Fakt raus: Gibt es ein Präparat mit dem gewünschten Wirkstoff, das für die Zieltierart (hier: Nagetiere) zugelassen wurde – also ein aufwändiges und teures Zulassungsverfahren durchlaufen hat – muss der Tierarzt dieses auch bei den betreffenden Tieren anwenden. Greift er zu einem sinnvolleren Präparat – etwa Baytril, Enro-Sleecol oder sowas – wäre das eine Umwidmung. Und die müsste er im Zweifel begründen, wenn ihm die Aufsicht deshalb an den Karren fährt. Folgt die Aufsichtsbehörde der Begründung für die Umwidmung nicht, kann für den Tierarzt ziemlich die Luft brennen.
Kein Wunder also, dass so mancher Doc nur noch diese unsägliche Plörre ausgibt. Im Zweifel solltet Ihr also auch bisschen Verständnis für Euren Doc und seine Bredouille haben – auch wenn sie Euch und Euren Patienten das Leben deutlich schwerer macht, als es sein müsste.

Hallo Dechra! Was habt Ihr Euch dabei gedacht!?

Faltet man den Beipackzettel für Orniflox auseinander und studiert ihn, stellt man fest: Die Plörre ist für Reptilien, Vögel, Kaninchen und Nagetiere zugelassen. Soweit, so fein. Endlich entdeckt Big Pharma auch die Nagetiere, die sonst quasi nur mit Umwidmungen überleben müssen. Liest man den Beipackzettel aber weiter, fragt man sich schon wieder, ob bei Dechra eigentlich mal jemand über die praktische Umsetzung der Frage “Wie kommt das Medikament in die Maus?” meditiert hat.
Aus meinem Beratungsalltag würde ich das mal ganz entspannt mit “nein” beantworten. Im Beipackzettel steht als Gabemodus nämlich für Nagetiere: “Per Schlundsonde zu verabreichen.” Ob man bei Dechra versteht, warum mir bei diesem Satz reflexartig hysterisches Gelächter entfleucht?

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Per Schlundsonde … Aha!?

Für die meisten Mäusehalter ist schon die Gabe direkt ins Maul eine Herausforderung, an der so Mancher trotz einiger Bemühungen regelmäßig scheitert. Ob mir die Blitzbirnen, die die Plörre entwickelt haben, mal erklären können, wie das dann mit der Schlundsonde gehen soll? Das würde nicht mal ich mich trauen. Und ich kann selbst mit winzigsten Knirpsmauskindern Fingerakrobatik wie subkutane Injektionen recht problemlos veranstalten. Aber mit einer Schlundsonde in die Speiseröhre? Das kann und macht man im Labor vielleicht. Aber welcher Otto-Normal-Maushalter soll das bitte hinkriegen? Wenn ich mich über so viel Hirnriss noch ein bisschen weiter ärger, frag ich Euch bei Dechra vielleicht wirklich mal, wie Ihr Euch das vorstellt.

“Medikiertes Trinkwasser”

Medi… was!? Ja, weiter unten bei den Vögeln steht dann auch was von medikiertem Trinkwasser – sprich Wassergabe. Orniflox hat 2,5% Wirkstoffgehalt. Heißt also wie bei allen anderen Enrofloxacin-Präparaten: 1ml Präparat auf 30ml Wasser für Farbmäuse. Das kriegt jeder Halter auch mit den scheuesten Farbis hin. Prima! Problem gelöst? Nicht ganz …
Antibiotika sind kein Hustensaft. Die sollten nur ins Tier, wenn sie das unbedingt müssen und nach Möglichkeit auch nur in die bedürftigen Patienten. Und wie mach ich das dann mit der Wassergabe? Patient von der Gruppe separieren? Saublöde Option! Wegen einem Schnupfer alle mitsaufen lassen? Auch nicht gescheiter …
Orniflox im Wasser ist also nur dann die Lösung, wenn eh die ganze Sippe piffelt, was das Zeug hält. Eine Antibiose wegen Wundinfektionen oder anderen Diagnosen fällt zur Behandlung also von vornherein aus mit dieser Plörre – zumindest, wenn man nicht bei Dechra arbeitet und Schlundsondengabe bei Mäusen kann.

Auch bei Wenigtrinkern wie Wüstenspringmäusen, Fettis oder Maushamstern wird das mit dem Wasser schon wieder tricky. Wie viel Plörre muss ich da mit Wasser mischen? Und was, wenn die holde Sippschaft das Wasser dann verschmäht. Als die Herrschaften bei Dechra das mit dem Wasser geblitzthirnt haben, hatten sie wohl nicht auf dem Schirm, dass es Nagetiere gibt, die es sich durchaus leisten können, nur unregelmäßig zu trinken, wenn das Wasser plötzlich die Qualität von Ätznatron hat.

Der nervige Alltag

Nachdem die Wassergabe laut Beipackzettel ja eh nur für Vögel ist und die Schlundsondengabe selbst dem in Mäusen unerfahrensten Tierarzt vermutlich wenig erfolgversprechend sein dürfte, behelfen sich die meisten Docs mit “verdünnen Sie das 1 zu 4 und geben Sie es oral ein”. Je nach Indikation und Größe des Nagers müssen ca. 0,05 ml (aka “1 Tropfen”) bis über 0,2 ml der Lösung ins Tier. Das sind dann also schon 0,2 ml bis 0,8 ml und mehr, die pro Gabe in die Maus müssen. Liebe Entwickler bei Dechra: Für einen Laien ist das Wahnsinn, so viel in das Tier reindrücken zu müssen! Habt Ihr mal die Zunge an dem Kram gehalten? Der schmeckt auch als alkalische Lösung immer noch nicht besser. Entsprechend hält sich die Begeisterung der Patienten in Grenzen, das freiwillig zu fressen.
Für Maus und Halter bedeutet das nicht nur unnötigen Stress, sondern auch, dass oft genug nicht die nötige Menge im Tier verschwindet. Die wäre aber wichtig, weil wir hätten ja gern ne Wirkung, statt dem Tier beim Siechen zuzugucken und fleißig Resistenzen zu züchten. Und ja, es sind schon einige Mäuse gestorben, weil die Halter nichts anderes als Orniflox bekommen haben. Das ist einer der Gründe, liebe Dechra, warum ich Eure Plörre nicht mag.
Da klingt dann dieser Absatz im Beipackzettel wie der blanke Hohn: “Um die Inhalation des Medikaments zu vermeiden, sollte beim Fixieren des Tiers und bei der
Verabreichung des Tierarzneimittels Vorsicht angewandt werden.” Newsflash für Euch realitätsfremde Elfenbeintürmler: Die meisten Halter sind schon froh, wenn sie ihr Tier überhaupt irgendwie fixiert kriegen. Hat das bei Euch denn mal wer bedacht, dass nicht nur Labortierpfleger Mäuse halten?

Das Ding mit der Dosierung

Ein anderer Grund ist: Die Dosierung haut im Gros der Fälle nicht hin. Ja, je nach Medium kann die nötige Konzentration unterschiedlich sein. Aber 5mg/kg? Die Praxis sagt: Nö, reicht nicht. Braucht mindestens die Menge, die die Literatur auch sonst für den Wirkstoff und Mäuse durchschnittlich ausgibt, nämlich 10-15 mg. Da sind wir dann schon wieder bei den irrwitzigen Mengen und der Frage, wie ein Laie das in der Maus versenken soll. Dass dann in 7 Tagen alles erledigt sein soll, habt Ihr dann sicher auch über den Daumen gepeilt. In der Praxis hängt das nämlich stark a) von der Erkrankung ab, b) vom Immunsystem des Patienten und c) von der Schwere der Erkrankung und ihrer Dauer vor Behandlungsbeginn. Wundern wir uns also nicht, wenn die Plörre den Infekt, der schon seit 12 Wochen in einem gerade übernommenen Notfellchen gärt, nicht nach Vorschrift in einer Woche rausekelt.

Bös… äh … sehr persönliches Fazit

In Eurem Beipackzettel, liebe Dechra, schreibt Ihr so schön:”Die Behandlung sollte überdacht werden, wenn keine Verbesserung festgestellt wird. Es wird allgemein empfohlen, die Behandlung neu zu bewerten, wenn innerhalb von 3 Tagen keine klinische Verbesserung beobachtet wird.” Ich würde viel eher die generelle Anwendung dieser Plörre bei Mausartigen und anderen kleinen Patienten überdenken. Nicht nur ein Tier hat Eure “tolle” Erfindung schon mit dem Leben gebüßt. Und warum? Weil die Anwendung einfach Meilen von “praktikabel für Laien” entfernt ist. Orniflox ist und bleibt in meinen Augen eine Zumutung für Mensch und Maus!

Au weia … Theobromin!

Ratte mit Schokolade

Au weia! Meine Maus hat meine Schokolade angefressen … Stirbt die jetzt!?!? Liest man manche Panikmachen, ist man jetzt geneigt zu sagen: Ja. Jetzt gleich. Und ganz, ganz grauenvoll! Warum aber fressen dann wilde Mäuse fröhlich die Schokolade aus der Falle, mit der mancher Zeitgenosse sie zu fangen sucht – und liegen nicht tot daneben? Ihr ahnt es schon: Es ist doch ein bisschen komplizierter als “Schokolade ist totaaaaal giftig für Mäuse”.

Das – vorgebliche – Problem

Dass man Mäuse nicht mit Schokolade füttert, weil das mal definitiv nix mit einer gesunden, naturnahen Ernährung zu tun hat, sollte jedem halbwegs einsichtigen Halter selbsterklärend sein. Darüber hinaus gibt es aber die Fraktion, die dazu noch drei Zeilen gelesen hat und jetzt alle Welt darüber belehren muss, “dass Schokolade pures GIFT für Mäuse” ist.

Wer Schokolade regelmäßig füttert, der hat das mit der gesunden, artentsprechenden Ernährung mal definitiv nicht verstanden. Geht es aber nach unseren Wissensgurus, vergiftet derjenige schleichend seine Tiere – denn Theobormin kann “von den Mäusen im Körper nicht abgebaut werden”.

Das Stück Schokolade in der Mausefalle führt denn auch gleich zum toxischen Schock, will unsere Alarmmeldung wissen. Dass die Mäuse eher neben der Schokolade liegen, weil sie sich über diese Behauptung totgelacht haben, wäre jetzt unrealistisch zu behaupten. In der Regel sind die Mäuse nämlich wieder weg, wenn der Fänger nach der Falle schaut – oft mit der Schokolade.

Ihr wisst, wie ich solche reißerischen “Aufklärungsposts” liebe. Schauen wir also mal genauer hin, was es mit dem puren Gift wirklich auf sich hat.

Ein bisschen Chemie …

Theobromin ist ein Stoff aus der Stoffgruppe der Methylxanthine. Die wiederum zählen zu den Alkaloiden, organischen Stoffverbindungen, die meistens ab einem gewissen Level giftig sind und das in der Regel auch mit einem widerlich bitteren Geschmack kundtun. Zu der illustren Gesellschaft gehören unter anderem auch Koffein und Theophyllin. Kurz, wir reden hier über Schokolade, Kaffee und Tee.

Und eben vor allem die Schokolade kennt wohl jeder Hunde- und Katzenbesitzer als böses, bööööööses Zeug, das man nicht nur aus Gründen der eigenen Umfangsvermehrung nicht im Haus haben sollte. Nun sind Mäuse aber weder Hunde, noch Katzen. Und auch wenn das für manche Blitzbirne keinen Unterschied macht – real macht es schon einen. Aber dazu später mehr. Erstmal müssen wir rechnen.

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… ein bisschen Mathematik …

Die LD50-Dosis ist die Dosis, bei der 50% der Tiere sterben, die einen bestimmten Stoff zu sich nehmen. Das wären für Theobromin 837 mg/kg für die orale Gabe und 530 mg/kg für die subkutane bei Farbmäusen, mit denen diese Dosis i. d. R. ermittelt wird, wenn “Maus” dransteht. Da Mäuse sich die Schoki wohl eher nicht spritzen, ignorieren wir für unsere Rechnung letztere mal und rechnen mit den 837 mg/kg weiter. Selbst die dickste Maus erreicht kein Kilogramm. Rechnen wir diese LD50-Dosis also mal auf die wohlgenährte 50g-Durchschnittsmaus um, wären wir bei rund 42 mg (41,85 mg, für die, die es genau wissen wollen), die 50% aller mäusischen Schokoholics ins Nirvana schickt. Bei 25g-Leichtgewichten wären es sogar nur rund 21 mg.

Au weia! Also ist der Biss in die Schoki doch tödlich toxisch? Aber Mooooooooment mal … Wie viel von dem Zeug ist in Schoki eigentlich drin? Spoiler vorneweg: in weißer Schoki quasi nix. Beim Rest schwanken die Gehalte teils erheblich – weshalb wir vorsichtshalber mit den möglichen Höchstmengen weiterrechnen.

Milchschokolade enthält bis zu 2,3 mg je Gramm Schokolade, Zartbitter bis zu 8,8 mg/g, Halb- bzw. Edelbitter bis zu 13,6 mg/g und Bitterschokolade bis zu 15,2 mg/g. Für Nutella habe ich leider keinen Theobromingehalt gefunden. Da der Kakaoanteil aber unter 8% rumkrebst, siedeln wir das jetzt einfach mal ein Stück unter Milchschokolade an. Da deren Kakaoanteil meist so um die 30 % rumwabert, liegen wir für Nutella mit Sicherheit unter 2,3 mg je Gramm.

Wie viel Schokolade müsste eine Maus also fressen, um mit 50%iger Wahrscheinlichkeit tot umzufallen? Nehmen wir mal die Edelvollmilch im Quadratformat. Das sind 16 Stück á 6,25 g. Ein Stück Schoki hat also in unserem abstrahierten Beispiel 14,4 mg Theobromin. Die besagte 50g-Durchschnittsmaus müsste also deutlich mehr als ein Stück zu einer Mahlzeit verdrücken, um in die Nähe einer symptomauslösenden Menge zu kommen. Und unsere 25g-Winzigmaus müsste auch ein Stück am Stück verdrücken, um bedenkliche Werte zu erreichen.

Bei 90% Bitterschokolade hätte ein Stück dann schon 95 mg. Au weia! Japp, die Maus, die das Stück frisst, wäre todsicher hinüber. Aber wir erinnern uns? Methylxantine sind bitter. Bitter signalisiert auch Mäusen “giftig”. Von was werden sie also wohl kaum in ganzes Stück verdrücken? Genau … Hier kommt die Alltagslogik zum Zuge, an der es bei manchem Exemplar der Art Homo non-sapiens mitunter deutlich klemmt. Am liebsten mögen Mäuse nämlich tatsächlich Schokocremes und Milchschokolade und auch davon fressen sie keine Menge, in die wir uns auf den Menschen umgerechnet bis zum Knie quadratisch praktisch einbetonieren könnten.

… und ein bisschen Stoffwechsel

Na? Raucht der Kopf schon oder seid Ihr noch da? Dann geht es jetzt gleich weiter mit dem vorgeblichen Supergift für Mäuse im Stoffwechsel derselben. Die CliniTox stellt lapidar fest: “Theobromin ist ein Metabolit von Coffein.” Heißt, der Mäusekörper macht aus Koffein selbst Theobromin. Wer also Kaffee an sein Mäuschen füttert, füttert ihm indirekt Theobromin.

Moment … Kaffee … Da war doch was!? Genau, geilstes Notfallmedikament bei Kreislaufproblemen und Atemnot, wenn man keine erweiterte Haus… äh … Mausapotheke besitzt. Also ist Schoki ein Medikament? Nicht ganz … In der Praxis lässt sich Kaffee deutlich einfacher und gezielter dosieren und ist ausreichend als sicher erprobt. Also Griffel weg von Schoki-Experimenten!

Aber, wenn ich das öfter mache oder meine Maus öfter Schoki nascht, dann stirbt sie ganz bestimmt. Weil die Warnung sagt ja deutlich, Mäuse können Theobromin nicht abbauen. An dieser Stelle kann ich dem Autor des Pamphlets nur unterstellen, in Deutsch nicht die hellste Kerze auf der Torte zu sein – denn sonst wüsste er/sie, dass “wird verzögert abgebaut” nicht heißt “wird gar nicht abgebaut”.

Das heißt nur, dass sich der Stoff trotz des extrem schnellen Stoffwechsels von Mäusen vergleichsweise lange im Körper hält und sich deshalb bei wiederholter Aufnahme innerhalb kürzerer Zeitfenster ( z. B. innerhalb von 12 bis 24 h) aufaddieren kann. Das heißt aber explizit nicht, dass für immer drin bleibt, was einmal drin ist.

“Aber der toxische Schock …

… das ist doch bestimmt gefährlich.” Wäre er vielleicht – wäre er denn existent. Es gibt jedoch nur diverse Schockzustände durch Vergiftung (z. B. kardiogener Schock) oder eben das Toxische Schocksyndrom (TSS). Letzteres ensteht allerdings durch bakterielle Exotoxine – die man eher nicht in Schokolade findet. Mit Theobromin hat das TSS also rein gar nichts zu tun.

Schockzustände nach einer Vergiftung mit Theobromin können auch im Verlauf eines sogenannten sympathikomimetischen Syndroms entstehen. Dieses Syndrom ist unter anderem mit Blutdruckanstieg, Krämpfen und Herzrasen verbunden – Symptome, die auch eine akute Theobrominvergiftung zutage fördern könnte. Bei Tieren lassen sich außerdem Unruhe, unkoordinierte Bewegungen, Zittern, erhöhte Urinausscheidung und verschlechtertes Allgemeinbefinden beobachten.

Das Problem: Bildet eine Maus wirklich Symptome aus, könnt Ihr abgesehen von Infusionen wenig tun, da die wenigsten Tierärzte mit den etwa beim Hund angewendeten Medikamenten bei Mäusen Erfahrung haben und diese sich auch nicht so einfach für die passende Dosis umrechnen lassen. Die Erfahrung hab ich übrigens trotz so einiger mausiger Schokoholics über die Jahre auch nicht – da ich schlicht noch nie eine Maus mit Vergiftungserscheinungen nach Schoki hatte.

Was also tun, wenn (m)eine Maus die Schokolade angefressen hat?

Hat sie nur mal rein- oder zwei-, dreimal abgebissen, atmet Ihr einfach tief durch, schimpft den Schokodieb und räumt die Schokolade dahin, wo er das nächste Mal nicht dran kommt.

Habt Ihr jedoch Bedenken, der Zwerg könnte zu viel genascht haben, könnt Ihr den vierbeinigen Schokoholic vorsichtshalber entgiften. Das gilt auch für Mausexoten als Vorsichtsmaßnahme, falls diese mal flüchten und den Süßkram finden. Für exotische Mäuse gibt es nämlich keine Daten zu Toxizität und Verträglichkeit.

Die orale Entgiftung könnt Ihr dann mit dem machen, was hier der zweibeinige Krümel “schwarzer Joghurt” nennt. Das Gemisch besteht aus einem Teil Dysticum und zwei Teilen Naturjoghurt – gut verrührt, versteht sich. Was nicht wirklich lecker aussieht, schmeckt eigentlich nach nix, räumt aber den Darm gründlich durch und jegliche Giftstoffe (Vorsicht: auch Medikamente!) raus. Im Idealfall frisst es der “Patient” freiwillig. Soweit möglich und nötig, könnt Ihr das Zeug aber auch mit Obst oder Ähnlichem aromatisieren, wenn Maus es dann lieber mag.

Was vom Supergift übrig bleibt

Nicht viel, würde ich mal subsummieren. Ja, in höheren Dosen ist es wirklich nicht gesund und kann böse Vergiftungserscheinungen machen. Da Theobromin aber an sich nicht besonders lecker ist, mögen Mäuse Schokolade mit höherem Theobromingehalt ohnehin nicht.

Mit der Milchschokolade oder einem Klecks Schokocreme könnt Ihr aber durchaus wilde Nager fangen, um sie rauszukomplimentieren – ohne ihnen zu schaden. Und bei manchem Wildnager hilft nur Schoki, weil nur das bis in die Falle lockt. Den Tipp “nimm Schokolade, um die Maus zu fangen” könnt Ihr also beherzigen, wenn Maus mit nix anderem zu locken ist – ohne den Zwerg zu vergiften. Ihr müsst ja keinen Schokoberg in die Falle legen – ein Stückchen vom Stückchen reicht. 😉

Die Augen sind nicht das Problem!

“Meine Maus hat ein Augenproblem. Hilfe!” So tönt es öfter durch’s soziale Netzgewerk. Gern lassen einen die Autoren raten, wie das denn aussieht. Videos oder wenigstens Bilder? Fehlanzeige. Das Problem ist ja klar, die Maus kriegt die Augen nicht richtig auf.

Schwer kranke Stachelmaus mit Durchfall

Doktern am falschen Ende der Maus

Schnell findet sich dann die Internetgemeinde zusammen und philosophiert über Augenspülungen, Euphrasia, Augensalben, -gels und -tropfen. Irgendwie muss das ja wieder weg gehen. Das Problem: Trotz bravster Ausführung der Tipps seitens des hilfesuchenden Halters, will sich das Augenproblem einfach nicht schamvoll davonstehlen.

Im Gegenteil, es behauptet sich hartmäckig und wird in so manchem Fall eher schlimmer als besser. Dann fabuliert die Netzgemeinde weiter – meist im nächsten “Hilfe!”-Post – woran das wohl liegen könnte. “Austherapiert” … “Resistenzen” … “Probier lieber mal [setze hier beliebig von Schulmedizin bis Schwurbel irgendwas ein] …” So grübelt sich die Gemeinde voran und stochert – nicht selten immer noch ohne bewegtes oder unbewegtes Bildmaterial vom Patienten – fröhlich im Trüben.

Weil das Problem nicht das Problem ist

Erst wenn die vermeintlich harmlose Augenentzündung einfach nicht weichen will, macht es in meinen Benachrichtigungen “pling”. “Elizabetha, Du wurdest markiert.” Wer mir dann dumm kommt, weil ich erstmal 1.000 Fragen hab und Bildwerk will, weil “was hat das mit den Augen zu tun?”, dessen Tier tut mir leid, denn dem kann ich nicht helfen.

Das Gros der Halter ist jedoch froh, dass sich jemand Ihres Falles annimmt und so finden dann endlich Bilder ihren Weg ins soziale Netz. Oft zeigen die dann schon einen Patienten in – für mich – erschreckendem Zustand. Und es ist ziemlich schnell klar: Die Augen sind ein Symptom, aber definitiv nicht das Problem.

Jetzt aber flott oder die Maus ist tot

Das ungefähr ist zumindest dann oft mein Motto, denn weder Halter, noch befragter Tierarzt haben bis dahin mitgeschnitten, wie sehr die Hütte eigentlich brennt. Die Folge: Es ist wertvolle Zeit verstrichen. Zeit, die den kleinen Patienten das Leben kosten kann, insbesondere dann, wenn die Grunderkrankung bereits einen deutlichen Substanzverlust verursacht hat und weit fortgeschritten ist.

Und gerade bei solch unspezifischen Symptomen wie verklebten oder (wegen Apathie) geschlossenen Augen und vermindertem bis schlechtem Allgemeinzustand, kann die Suche nach der Ursache an sich schon mal eine gepflegte Weile dauern – Zeit also, die man statt in falsche Augenbehandlungen lieber in eine vernünftige Diagnostik oder notfalls auch in eine Suchbehandlung hätte investieren können und sollen.

Verklebte Augen sind bei Mäusen tödlich – manchmal

Klingt krass? Ist aber so, aus der eben beschriebener Dynamik heraus. Manche Erkrankungen lassen sich einfach nicht aufhalten, egal wann man sie entdeckt. Das Gros der Ursachen ist aber behandelbar – eine rechtzeitige Behandlung vorausgesetzt.

Deshalb: Wenn Eure Maus verklebte Augen hat oder sie oft bzw. sogar ständig wie müde halb oder gar ganz geschlossen hält, dann schaut, wo es brennt und löscht dort. Die Augen werden dann oft von allein wieder klar und sind wieder normal geöffnet – ganz ohne ophtalmologisches Primborium.

Folge 6: Scheißkerle

Die Klingel schellt, ich schaue auf den Wecker. 7.12 Uhr!? Wer bitte weckt einen Studenten zu solch unchristlicher Zeit – und das auch noch auf den Sonntag??? Da hilft nur eins: Ignoranz! Oder auch nicht… Nach dem dritten Schellen gebe ich auf, winde mich in mein Hauskleid und schlurfe zur Tür.
„Ich wusste doch, dass Du da bist!“
„Ich wünsch Dir auch einen guten Morgen, Kathrinchen. Was gibt es denn zur dieser Unzeit soooo wichtiges?“

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Folge 5: Der Papier(zettel)krieg

Sarah Finster Episode 5

Oh, Deutschland, Du Land der Dichter und Denker? Na, wohl eher das der Kleingeister und Papierkletten! Denken (und Dichten) wird hierzulande nämlich offensichtlich nur honoriert, wenn man auch einen Papierfetzen hat, wo drauf steht, dass man denken (und dichten) kann. Andernfalls ist man ja quasi nicht vorhanden.
Probearbeiten? Auf der Baustelle vielleicht und mit etwas Glück auch im Fitness Studio. Aber im Büro scheint das Konzept gänzlich unbekannt. „Haben Sie denn auch einen Abschluss dafür?“ Nein, habe ich nicht – ich kann es aber trotzdem!

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Folge 4: Theorie und Praxis

Umzug

Es gibt ja Menschen, die dürfte es theoretisch gar nicht geben! Praktisch sieht das dann aber doch ganz anders aus. Und deshalb ist bei uns jetzt einer dieser ganz besonderen und Gott sei Dank sehr seltenen Spezies eingezogen. Theoretisch hätte er ja im ersten Stock links von der meiner Nachbarin einziehen sollen. Ja, genau die, der man lieber nicht seine ehrliche Meinung sagt, wenn man nicht mit Giftblicken beschossen werden und an den Tiraden ertauben will. Fand ich an sich ja schon mutig, dass er sich das theoretisch vorstellen kann. Das praktisch in Angriff zu nehmen, wäre was anderes gewesen.

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