Der Tierschutz ist heute auch bei Nagern und Co. ein weites Feld, in dem sich so viele Menschen tummeln, wie Schneeflocken an einem echten Wintertag. Wenn die alle täten, was sie vorgeben – nämlich Tiere zu schützen – wären wir einen guten Schritt weiter. Ziehen wir aber andere Motive als das eigentliche ab, schmilzt die Zahl zusammen wie Schnee in der Märzsonne. Ja, warum eigentlich?
Tierschutz in den Kinderschuhen
Wir leben heute im Luxus und wissen es nicht. Zumindest viele heutige Tierschützer wissen es nicht. Ich habe mit Tierschutz aktiv 1999 angefangen. Sich da explizit um Mäuse zu kümmern, war ungefähr so exotisch, wie Eisblöcke in der Sahara. Da war das Mäuseasyl in Leipzig und … nichts weiter in seeeeeeeehhhhhr großem Umkreis. Das wars.
Mäuse kastrieren war noch nicht in und wer Mäuse in den Tierschutz geben oder aus dem Tierschutz holen wollte, landete meistens bei mir. Mäuse beim Tierarzt war kein Thema, denn bis dato waren sie eher seltene Gäste. Ich zumindest habe mit zwei sehr guten, engagierten Tierärzten zwei Straßen von meiner damaligen Wohnung entfernt von Null auf angefangen, über Mäuse als Patienten zu lernen.
Und noch was gab es nicht in dem Ausmaß wie heute: das Internet. Kaum zu glauben, aber man war nicht ständig online und das Wort “googeln” gab es noch nicht. Mal eben Infos über diese und jene Mäuse aus dem Hut zaubern war nicht. Ausprobieren war angesagt oder “Jugend forscht”, wie mein späterer Tierarzt in Hamburg sagen sollte. Das galt für den medizinischen Part genaus wie für Futter, Gehege und Inventar. Und ja, ich habe jeden Mist echt ausprobiert.
Tierschutz heute
Was es allerdings damals auch noch nicht gab: Neid und Geltungssucht. Heute gehören sie so selbstverständlich zur Nagerszene, dass mir manchmal übel wird. Da müssen manche die Tollsten, die Besten, die Schlausten, die Größten und am besten noch die Einzigen sein, zu denen man natürlich dann gottesfürchtig aufzuschauen hat. Die Einzige auf weiter Flur zu sein, ist aber anstrengend, wenn man mehr als schöne Worte leisten will.
Ich sprech da aus Erfahrung. Deshalb sind für mich die vielen freien Pflegestellen und Vereine, die sich (auch) um Mäuse kümmern, keine Konkurrenz. Sie sind Verbündete. Ich muss nicht mehr alles allein machen. Ich muss nicht mehr für alle eine Lösung aus dem Hut zaubern und ich muss nicht mehr alles hierher holen, was unterkommen muss. Das ist Luxus pur. Heute kann ich öfter zurücktreten, wenn sich für Mäuse eine andere Lösung findet, die näher dran ist oder schneller oder anderweitig einfach praktischer.
Denen da draußen, die da mit mir am selben Strang ziehen und wirklich was bewegen, möchte ich mal eben was sagen: DANKE, dass es Euch gibt! Dank Euch geht heute mehr für die Kleinen als früher und ich kann trotzdem mal die Füße hochlegen. Auch wenn es nicht immer danach aussieht – ich weiß Euch zu schätzen.
Missgunst, Neid und Geltungssucht
Und dann gibt es die Sorte “Tierschützer”, die ich absolut nicht schätze und die sich entsprechend bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit ne verbale Watschn von mir fängt. Das sind die Leute, die sich mit den Händen in den Hosentaschen und keinem blassen Dunst von der Praxis (und teils nicht mal von der Theorie) als die Größten feiern lassen. Die Leute, die so tun als hätten sie die Mäuseweisheit mit Löffeln gefressen und seien die Koryphäe schlechthin – einfach nur, weil es dann Leute gibt, die zu ihnen aufschauen.
Und wer badet’s aus? Die Mäuse und arglose Halter, die solchen Idioten (sorry, aber ist doch so!) vertrauen. Die fassen falsche Infos ab und Anleitungen, dass jedem Menschen mit etwas Ahnung die Haare zu Berge stehen.
Noch schlimmer: Genau solche Egomanen machen denen das Leben schwer, die wirklich an der Front stehen und buckeln, die sich echt einsetzen und im Rahmen ihrer Grenzen Bemerkenswertes leisten. Viel zu oft haben aber die Egomanen den längeren Atem – und die wirklich guten Leute gehen.
Was ich daran nicht verstehe: Warum schmeißt man das Gesocks nicht raus? Ich seh es bei meinem eigenen (Ex)-Verein und bei vielen Tierschutzvereinen und Tierheimen. Die Deppen bleiben, es wird kaschiert und schön geredet oder einfach übersehen. Die Guten gehen und alle gucken zu, wie sie von dannen ziehen.
WARUM? Ich begreif es nicht. Jeder Engagierte, jeder, der wirklich seinen Part einbringt – ganz praktisch, an der Basis und jeden Tag neu – jeder dieser Menschen ist für die Tiere so wertvoll und wichtig. Wir sind heute mehr als früher. Aber so sehr schwelgen wir dann doch noch nicht im Luxus, dass wir die guten Leute reihenweise vergraulen können.
Also schmeißt Egomanen raus! Es tut den Tieren besser, den Nerven und dem allgemeinen Wissensstand …