Das Problem!
„Das ist doch ein Hamster, der ist ein Einzelgänger. Den musst Du alleine halten.“ Wie oft hört oder liest man diesen Satz. Doch ist es wirklich so einfach? Wäre es das, würde nicht schon seit Jahren heftig um dieses Thema diskutiert. Dabei gehen die Meinungen von absoluter Befürwortung der Einzelhaltung bis hin zur Annahme, Einzelhaltung von Zwerghamstern sei Tierquälerei.
Betrachtet man das Sozialleben wilder Zwerghamster, stößt man recht schnell auf das Problem, das sich in der Haustierhaltung stellt, denn in der Wildnis leben die Tiere zeitweise allein, aber eben zeitweise auch in Paaren oder Gruppen zusammen. Sie haben damit von Natur aus viel mehr Sozialkontakt als ein strikter Einzelgänger und sind daher auch mit einem gewissen Kontaktbedürfnis geboren. Wie stark dieses ausgeprägt ist, kann individuell sehr verschieden sein.
So lassen sich Zwerghamster beobachten, die mit sich selbst durchaus zufrieden sind und Artgenossen auch nicht als Gesellschaft annehmen. Am anderen Ende der Meßlatte stehen die Exemplare, die allein psychisch – und manchmal sogar physisch – durch die Einsamkeit verkümmern. Dazwischen gibt es alle Schattierungen eines Kontaktbedürfnisses.
Die Frage „Sind Zwerghamster Einzelgänger?“ lässt sich also nicht per se mit „Ja.“ beantworten. Für viele Tiere bedeutet die lebenslange Einsamkeit einen starken Einschnitt in ihr natürliches Verhalten, da sie grundlegende Verhaltensweisen nicht ausleben können.
Dschungarische Zwerghamster dienen sogar als Versuchstiere in der Depressionsforschung, da die Tiere bei Trennung eines harmonischen, gemischtgeschlechtlichen Paares deutliche Verhaltensänderungen zum Negativen hin zeigen.
Doch was ist nun die perfekte Lösung?
Die Lösung?
Die perfekte Lösung gibt es leider nicht und das macht die Haltung von Zwerghamstern als Haustiere zu einer kleinen Herausforderung. Möglichkeiten gibt es mehrere: Einzelhaltung, Revierüberschneidung, Paarhaltung, Haltung gleichgeschlechtlicher Duos und Gruppenhaltung.
Alle Tiere grundsätzlich in Einzelhaltung zu halten, kommt lediglich den Tieren zugute, die ohnehin keine Artgenossen im Revier dulden wollen. Dies ist aber – zumindest meiner Erfahrung nach – eine Minderheit. Für die Mehrheit ist die Lösung nicht so einfach.
Zudem gilt es, herauszufinden, ob der Hamster wirklich allein sein will oder ob er Artgenossen bereitwillig begrüßt. Hierzu müssen Sie eine Vergesellschaftung wagen. Eventuell müssen es auch 3 oder 4 Versuche sein, da sich eben nicht jedes Tier mit jedem Artgenossen anfreunden kann. Um hier zu sicheren – und richtigen – Schlüssen zu kommen, ist Erfahrung in der hohen Kunst der Vergesellschaftung von Vorteil. Und je breiter das Erfahrungsspektrum ist, umso besser.
Die Vergesellschaftung gegengeschlechtlicher Paare ist die einfachere Variante, geht aber mit dem Problem des ständigen Nachwuchses einher, dessen Zahl dem Halter schnell über den Kopf wächst. Ganz zu schweigen davon, dass die Dauerträchtigkeit die Lebensspanne der Weibchen verkürzt.
Hier gibt es erste, vielversprechende Versuche in der Paarhaltung von Weibchen mit Kastraten. Eine definitive Empfehlung für diese Haltungsform lässt sich aber noch nicht aussprechen, da die Zahl der Erfahrungswerte noch sehr gering ist.
Angesichts dessen, dass die Haltung eines Kastraten mit einem Weibchen der natürlichen Konstellation am nächsten kommt, halte ich sie aber für eine vielversprechende Variante.
Zu Streit kann es aber auch hier kommen.
Neben der Kastration bietet auch die Haltung eines gleichgeschlechtlichen Duos – am besten Wurfgeschwister – eine Möglichkeit, die Einzelhaltung zu überwinden. Diese Variante bietet jedoch mehr Zündstoff, da sie in der Natur nicht vorkommt und daher im Verhaltensprogramm der Zwerghamster so nicht vorgesehen ist. Jedoch kann auch ein solches Duo durchaus glücklich werden.
Auch eine Gruppenhaltung, sowohl gleichgeschlechtlicher Tiere, wie auch Weibchen mit kastrierten Böcken ist möglich. Hier wird das Beziehungsnetz noch komplexer, da alle Tiere der Gruppe eher soziale Individuen sein müssen, soll die Gruppe nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein. Die Gruppenhaltung stellt daher eine besondere Herausforderung dar, die eher erfahrenen Zwerghamsterhaltern vorbehalten sein sollte. Besonders prädestiniert für Gruppenhaltung sind Campbell-Zwerghamster.
Bei allen sozialen Haltungsweisen gilt: Beobachten Sie Ihre Tiere immer genau!
Ändert Gruppenhaltung die Gehegeansprüche?
Diese Frage lässt sich ganz klar mit „ja“ beantworten. Das Gehege eines Pärchens, Duos oder einer Gruppe muss deutlich größer sein, als das eines Einzeltieres. Auch sollte das Gehege stärker strukturiert sein, mehr Unterschlupfmöglichkeiten, Schlafgelegenheiten, Laufrädern und Futterplätze bieten, sodass die Tiere die Möglichkeit haben, einander aus dem Weg zu gehen, wenn sie gerade keinen engen Kontakt mögen.
Die annähernd artentsprechende Haltung von Zwerghamstern geht also ein gutes Stück über das gewohnte 100x50x50cm Aquarium mit Rad, einem Häuschen, Futterplatz und etwas Spielzeug hinaus.
Und wenn es kracht?
Streit unter Zwerghamstern sollten Sie frühzeitig ernst nehmen. Harmonisiert die Gruppe nicht (mehr), sollten entweder das unterlegene Tier oder – so es nur einen gibt – der Stänkerer aus der Gruppe entfernt werden.
Stänkerer lassen sich in der Regel schlecht oder gar nicht mehr in andere Gruppen integrieren. Unterlegene Tiere zeigen mitunter Angstaggression, lassen sich aber recht gut mit einem neuen Partnertier integrieren, wenn dieses ebenfalls eher sozial ist.
Abwarten kann hier zu schweren Verletzungen und sogar zum Tod eines Tieres führen. Warten Sie also nicht ab, ob es sich nicht doch wieder „einrenkt“.
Für den Fall, dass sich ein Paar, ein Duo oder eine Gruppe zerstreitet, sollten Sie immer mindestens einen Reservekäfig haben, um bei Bedarf die Tiere sofort trennen zu können.