Katzenopfer – Wie helfe ich richtig?

Katzen sind nicht nur für Vögel eine große Gefahr. Auch für Nagetiere wie Mäuse und Ratten, aber auch für geschützte Arten wie Spitzmäuse, Fledermäuse, Schläfer oder Eurasische Zwergmäuse kann die Begegnung schnell tödlich enden. Wie Sie Opfern helfen, die dem Spieltrieb der Haustiere lebend entkommen sind, zeigt Ihnen dieser Artikel.

Katzenopfer: Gleich wieder raus?

Mitunter scheinen Katzenopfer im ersten Moment völlig fit und die Finder neigen dazu, diese Tiere sofort wieder nach draußen zu setzen. Das jedoch kann schon bei mikroskopischen Verletzungen noch im Nachgang für das Opfer innerhalb von 24 bis 72 Stunden tödlich enden. Katzen – und seltener auch Hunde – tragen einen Keim im Maul, der bei den Kleintieren dann zu tödlichen Infektionen führt: Pasteurella multocida. Deshalb sollten Sie auch augenscheinlich unverletzte Tiere niemals ohne antibiotische Versorgung nach draußen setzen.

Auch andere Verletzungen wie Prellungen, Quetschungen und innere Blutungen führen oft erst zu – mitunter ebenfalls tödlichen – Symptomen, wenn der Schock und damit der Andrenalinstoß nachlässt. Ausfälle und Beeinträchtigungen zeigen sich daher mitunter verzögert erst Stunden nach dem Vorfall. Zudem kann der Schock selbst unter ungünstigen Bedingungen ohne menschliche Hilfe für das Katzenopfer zum Tode führen.

Behalten Sie daher auch augenscheinlich unversehrte Tiere für mindestens 24 Stunden unter Beobachtung.

Katzenopfer unverletzt
Auch augenscheinlich unverletzte Katzenopfer sollten nicht sofort wieder raus.

Pasteurella multocida

Auf 65 % der Bisse und Kratzer von Katzen und auf 35 % der Hundebisse folgen beim Menschen Pasteurelleninfektionen. Da diese Infektionen vor allem bei Nagern und Kaninchen oft tödlich verlaufen, sind sie entsprechend besonders gefährlich für diese Tiergruppen. Nach einer Verletzung erkranken die kleinen Wildtiere hauptsächlich anInfektionen mit  P. multocida, seltener auch an solchen mit P. septica, P. canis, P. stomatis oder P. dagmatis.
Pasteurella multocida ist ein gramnegativer, fakultativ anaerober, unbeweglicher Coccobacillus. Er bildet keine Sporen, dafür aber das Pasteurella-multocida-Toxin. Der Keim kann sich über das Blutsystem im Körper des Opfers in verschiedene Organsysteme ausbreiten. Übertragen werden die Keime durch den direkten Kontakt, da er Teil der Maulflora vor allem von Katzen, seltener auch von Hunden ist. Schon mikroskopisch winzige Verletzungen reichen den Bakterien, um in den Körper einzudringen.
In der Umwelt halten sich die Keime weniger als 24 Stunden. Hat ein Nager oder in anderer kleiner Säuger Katzenkontakt, erscheinen die ersten Symptome gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden. Als Laie bemerken Sie, dass die Tiere immer ruhiger werden, das Fell struppiger erscheint und sie wenig oder nichts mehr fressen. Unbehandelt versterben die betroffenen Tiere nach 24 bis 72 Stunden.
Als empfindlich gelten Pasteurellen unter anderem auf Tetracycline, Cotrimoxazol und Amoxycillin. Bei Aminoglykosiden ist die Wirksamkeit nicht immer sicher. In der Praxis hat sich auch Enrofloxacin als Wirkstoff bewährt.

Maus von der Katze verletzt
Die Maus ist von Speichel nass - eine Infektion ist dann sehr wahrscheinlich.

Verletzungen

Nicht nur die Keime im Maul von Katzen können Ihre Hilfe für die kleinen Opfer erforderlich machen. Beim Spielen fügen die Haustiere den Wildtieren oft Kratz- und Bisswunden, aber auch Quetschungen, Hämatome und Brüche zu. Von außen nicht sichtbar können dabei auch mehr oder minder schwere innere Blutungen entstehen.
Während viele Verletzungen mit Ihrer Unterstützung wieder ausheilen können, führen vor allem innere Blutungen und Verletzungen innerer Organe oft zum Tod, da sie aufgrund der geringen Größe der Patienten kaum diagnostizierbar und nachhaltig behandelbar sind. Auch beim Bruch der Wirbelsäule und der darauffolgenden Lähmung bleibt oft nur die Option, das betroffene Tier einschläfern zu lassen.
Wichtig: Nicht immer sind Verletzungen auf den ersten Blick erkennbar. Behalten Sie den Patienten daher mindestens 24 Stunden in Ihrer oder einer anderen fachkundigen Obhut.

Katze hat Maus gefangen
So entstehen schnell schwere Verletzungen

Katzenopfer behandeln

Gefangen und als Spielzeug missbraucht zu werden, ist für kleine Säugetiere wie Mäuse, Spitzmäuse oder Siebenschläfer eine traumatische Erfahrung, die über die physisch erlittenen Verletzungen hinausgeht.
Finden Sie ein Katzenopfer oder nehmen Sie einer Katze eines ab, sollten Sie das Tier mit einer externen Wärmequelle ruhig und bei gedämpftem Licht unterbringen. Besonders Rotlicht hat sich dafür gut bewährt, da Mäuse es nicht sehen und es gut durchwärmt.
Haben Sie keinen Käfig, können Sie die Nager auch in einer großen Ordnungsbox aus Kunststoff unterbringen. Für Spitzmäuse und Fledermäuse reicht notfalls auch ein Karton, da sie nicht nagen.

Antibiose

In jedem Fall muss der kleine Patient aufgrund der möglichen Pasteurelleninfektion antibiotisch abgedeckt werden. Dafür haben sich Enrofloxacin-Präparate wie Baytril, Enroxil oder Enrofloxacin bewährt. Orniflox ist aufgrund der großen Menge, die ins Tier müsste, bei Wildmäusen ungeeignet. Ist das Katzenopfer sehr fit und mobil und kann aller Voraussicht nach nach den 24 Stunden Beobachtungszeit wieder raus, ist Doxycyclin als Antibiose sinnvoll. Ein einmaliges Depot reicht meiner Erfahrung nach, um zu verhindern, dass sich eine Pasteurellen-Infektion manifestieren kann. Nach dem Setzen des subkutanen Depots können Sie sehr fitte Patienten daher wieder nach draußen entlassen und ersparen ihnen den Stress, den diese Tiere in Menschenobhut natürlicherweise haben.

Externe und innere Verletzungen

Haben die Katzenopfer sichtbare Verletzungen wie Bisswunden oder Brüche, müssen diese versorgt werden. Für Bisswunden kommen Präparate gegen Wundinfektionen wie Lotagen (v. a. bei länger blutenden Wunden), Chlorhexidinpuder (v. a. bei flächigen Wunden) oder diverse Spüllösunge, Desinfektionssprays und -lösungen in Frage.
Brüche sollten Sie immer zeitnah einem Tierarzt zeigen. Ist das mangels Zeit, fahrbarem Untersatz oder Tierarzt nicht möglich, sollten Sie mit einer möglichst barrierefreien, begrenzten Umgebung dafür sorgen, dass der Patient sich wenig bewegt und den Bruch schont.
Da Schmerzmittel oft dazu führt, dass die Patienten auch Brüche mehr belasten, als sie sollten, kann es in diesen Fällen sinnvoll sein, das Mittel zu reduzieren oder wegzulassen.

Geht es dem Katzenopfer sichtbar schlecht, obwohl sich äußerlich keine Wunden erkennen lassen, kann dies von inneren Verletzungen oder inneren Blutungen herrühren. Bei Verdacht auf innere Blutungen können Sie den kleinen Patienten mit der Gabe von Vitamin K (z. B. 2-3 Tropfen Konakion) unterstützen. Bei inneren Verletzungen hilft ansonsten leider nur Schmerzmedikation zur Linderung und Abwarten, ob Ihr kleiner Schützling sich wieder erholt. Für diese Patienten ist auch eine gleichmäßige Wärme von außen besonders wichtig.

Katzenopfer füttern

Soweit die Tiere selbständig fressen, können Sie Mäusen Haferflocken, Saaten, Ei und bei reduziertem Zustand auch verschiedene Babybreie (Getreide, Obst oder Gemüse) anbieten. Halten Sie selbst kleine Heimtiere, könnten Sie bei Maus, Hamster, Hörnchen oder Vögeln wie Finken oder Wellensittichen auch von diesem Futter borgen.
Spitzmäusen können Sie gekochtes Ei, ein sehr hochwertiges Katzennassfutter, rohes Rinderhack und Insekten (im Idealfall lebend oder frisch tot) anbieten. Fledermäusen dürfen Sie nur Insekten (z. B. Mehlwürmer) verfüttern. Bilche wie Garten- oder Siebenschläfer können Sie neben Saaten mit gekochtem Ei, rohem Rinderhack, diversem Obst und bei schlechtem Zustand auch mit Obst- und Getreidebrei füttern.
Jecuplex ist sowohl im Brei als auch als Wasserzugabe immer ein guter Kickstart, um die Heilung und Regeneration der kleinen Patienten unabhängig von der Tierart zu fördern.

Antibiose obligatorisch
Kleintiere, die von Katzen gekratzt, gebissen oder auch nur angespeichelt wurden, sollten vorsichtshalber eine Antibiose erhalten, um eine tödliche Pasteurellen-Infektion zu verhindern. Müssen die Tiere mehrere Tage drin bleiben, ist Enrofloxacin ein bewährter Wirkstoff. Nager und Spitzmäuse, die schon nach 24 h wieder nach draußen können, sollten ein subkutanes Depot mit Doxycyclin erhalten.
Rotlichtbox für gleichmäßige Wärme
So könnte eine Notfallbox für ein verletztes Katzenopfer aussehen

Quellen:

Antibiotikamonitor.at
DocCheck
Criver.com
Wikipedia
Berner, Reinhard et al.: DGPI Handbuch – Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. vollständig überarbeitete Aufl., Thieme 2013, S. 427 ff.
Ahmed, Al-Gebouri, Al-Maaly.: Study The Pathogenicity of Pasteurella Multocida in mice, In: Basrah Journal of veterinary Research, Vol. 1, Nr. 1, Juni 2014

Bildquellen:

Pixabay – Nicholas Demetriades, Hikwa Mehluli & Kathryn19

Letztes Update: 14.11.2023