Parasiten … Schon das Wort lässt manchem Maushalter eine meterhohe Erpelpelle wachsen. Entsprechend hoch ist das Interesse am Thema und genauso zahlreich sind denn auch die Artikel zu den kleinen Lästlingen. Lästig ist jedoch auch der Unfug, den manche Autoren zu dem Thema verzapfen. Hier mischen sich gern Halbwahrheiten, Hörensagen und missverstandenes Buchwissen, wo paktische Erfahrungen in größerem Umfang fehlen. Ein besonders schönes Exemplar möchte ich Euch nicht vorenthalten. Um Farbmäuse und ihre Parasiten soll es gehen. An dieser Stelle möchte ich mich den Ektoparasiten widmen. Zu den Endoparasiten kommen wir dann im Teil 2. Sonst bekommt Ihr vom Lesen noch Augenflimmern, wenn Ihr so lange vor der Kiste sitzt.
Milben – Ganz einfach erklärt
Hier ist unser Autor ganz klar: Farbmäuse sind arme, stets immunschwache Opfer und Milben befallen sie quasi im Akkord. Weiter lernen wir, dass es zwei Sorten Milben gibt: solche, die in der Haut leben und abgestorbene Hautteile futternd auf der Maus leben und das blutsaugende Duo infernale, bestehend aus Roter Vogelmilbe und Tropischer Rattenmilbe, das nur zum Dinner vorbeischaut. Damit ist die Milbenkunde unseres (Un)Informationstextes abgeschlossen.
Ich wäre begeistert, wenn es so einfach wäre. Das Blöde ist, es gibt einen ganzen Zoo achtbeiniger Plagegeister, die teils sehr unterschiedlich leben und wirken. Entsprechend unterschiedlich sind die Symptombilder. Bestes Beispiel: Grabmilben. Bekannt sind vor allem die Milben der Gattung Sarcoptes. Erreger der Räude bei Tieren und der Krätze beim Menschen. Viele juckt es schon, wenn sie den Namen nur lesen. Dass die sogenannten Blumenkohlohren aber auch von Grabmilben stammen, wissen die wenigsten. Die Übeltäter hier heißen aber Notroedes und stehen eher selten im Rampenlicht.
Dann wären da noch Haarbalgmilben, Demodex, Herbstgrasmilben und verschiedene andere Untermieter, von denen unser Autor offensichtlich noch nie gehört hat. Und alle haben ihre ganz eigene Lebens- und Ernährungsweise – was unserem Schreiberling später noch auf die Füße fällt, wie wir feststellen werden.
Und dann gibt es noch Milben, die gar nicht parasitär leben, aber trotzdem ab und zu Ohnmachtsanfälle auslösen, wenn sie fröhlich durchs Gehege krabbeln. Dazu gehören beispielsweise Hornmilben, die man besonders häufig in Gehegen mit Erde oder anderen feuchten Medien findet. Parasiten sind sie zwar keine, aber so manchem Maushalter bliebe gar einiges erspart, würde er von unserem Artikel über deren Existenz und die Verwechslungsgefahr mit echten Parasiten informiert.
Milb, milb! – Kratz, kratz?
Mäuse haben Milben. Immer. Milben – auch die parasitären – sind eine Tatsache unseres Alltags. Davon bleiben weder Maus, noch Mensch verschont. Von einem asymptomatischen Milbenbefall scheint unser Autor jedoch noch nie was gehört zu haben – oder zumindest hat er vergessen, ihn in seinem Artikel zu erwähnen.
Im Abschnitt “Symptome” lernen wir: vermehrtes Putzen, Nervosität und Kratzen sind Milbensymptome und wird das nicht behandelt, kratzt sich die Maus unweigerlich zu Tode. Geschickt wird hier mit der Angst vor Kratzmäusen gespielt, denn die beginnen ihre Karriere oft mit einem Milbenbefall.
Wie oben bereits festgestellt, ist die Welt ein wenig größer als der Tellerrand unseres Autors und dem lieben Gott sein (Milben)Tiergarten groß. Entsprechend ist es auch mit den Symptomen nicht ganz so einfach. Deshalb gesellen sich zu den genannten Symptomen je nach Milbenart noch andere oder einige Symptome fallen weg. So kratzt längst nicht jedes Tier. Dafür können schütteres Fell, Gewichtsverlust, Anämie oder ähnliche Symptome ebenfalls Folgen eines Milbenbefalls sein – und das ohne einen einzigen Kratzer.
Beim weiteren Lesen erblasse ich ein wenig … allerdings nicht vor Ehrfurcht vor dem immensen Wissen. In irgendeinem Buch (ich vermute mal stark im Glöckner/Ewringmann) hat unser Autor tolle Fachwörter gefunden: bakterielle Dermatites (sic!) und ulzerative Dermatitis. Letztere ist das, was man als Kratzmaus kennt, auch wenn der Artikel das so nicht erklärt.
Wer sich mit der Materie “Kratzmaus” schon mal beschäftigt hat, weiß, wie vielschichtig und schwierig das Thema im Allgemeinen und die Behandlung im Speziellen ist. Doch alles, was sich der Artikel dazu abringen kann, ist die Feststellung, dass betroffene Tiere umgehend einzuschläfern seien, wenn die gewählte Therapie nicht schon nach wenigen Tagen eine deutliche Besserung zeigt.
Vokabeln wie “lebenswert”, “Juckreizlinderung” oder “Lebenswille” scheinen völlig unbekannt. Genauso unbekannt scheint unserem Schreiber, dass es Monate dauern kann, bis der Durchbruch gelingt. Ob es sinnvoll und vertretbar ist, diesen Weg mit dem mäusischen Patienten so lange zu gehen, ist so individuell wie die Mäuse und die Erkrankung selbst. Für eine Schublade empfehle ich andere Krankheiten. Kratzmäuse passen da so schlecht rein.
Champignons … äh … Pilze
Pilzerkrankungen bei Mäusen und anderen Kleinsäugern sind eine spannende Geschichte. So spannend, dass unser Artikel sie in ganzen zwei Sätzen abhandelt. Die Symptome ähneln denen von Milbenbefall und Tierärzte weisen den Pilzbefall problemlos nach. Wie sie das tun, bleibt schon das Geheimnis unseres Autors. Auch die Symptome geben Rätsel auf, denn bei Milben richten sie sich nach der Art und damit nach der Lebens- und Ernährungsweise der ungeliebten Untermieter. Bei der Präzision dieser Beschreibung könnten auch Champignons oder Pfifferlinge auf den Mäusen wachsen.
Zumindest aber wird eines klar, auch wenn es nicht erwähnt wird: Es soll um Hautpilze gehen. Die können sich recht unterschiedlich äußern. Die Symptome reichen von “nicht vorhanden” bis zur komplett nackten Maus. Haarausfall ist ein typisches Pilzsymptom, kann aber auch bei einigen Milbenarten, Organerkrankungen und ähnlichem vorkommen. Ist er kreisrund, steigt die Chance auf Pilz sprunghaft in den Bereich über 90%. Außerdem schuppt oft die Haut (was sie zum Beispiel bei Grabmilben auch tut). In extremen Fällen pellt sich nicht nur das Fell ab, sondern die oberste Hautschicht gleich mit (was sie bei Milben nicht tut). Die Haut wirkt extrem rot, trocken und gereizt. Juckreiz ist jedoch nur in etwa der Hälfte der Fälle von Pilzbefall überhaupt zu beobachten, problematisch wird er ungefähr bei einem Drittel aller Patienten. So viel zum Kratzen bei Pilz, den unser Artikel mit der Milbenanalogie impliziert. Hefen können außerdem unschöne, einfach nicht heilen wollende Löcher in der Haut verursachen. Milben können viel, aber das können sie nicht.
Da uns der Text verschweigt, wie der Tierarzt denn nun so einfach den Pilz nachweist, möchte ich Euch da nicht im Dunklen lassen. Es gibt im Wesentlichen drei Möglichkeiten:
- Woodsche Lampe
- Mikroskop
- Kultur
Bei der Woodschen Lampe leuchten zum Beispiel einige Mikrosporum-Arten in apartem Grün. Da aber nicht alle Hautpilze, auch Dermatophyten genannt, leuchten, ist nur ein positiver Nachweis zuverlässig. Sind Hefen die Übeltäter, lässt sich das hingegen unter dem Mikroskop recht schnell herausfinden. Der sicherste Nachweis passiert über die Kultur. Dafür wird eine Probe von der befallenen Stelle geschabt und auf ein Nährmedium gegeben. Dann heißt es bis zu 4 Wochen Däumchen drehen, ob da was wächst – und wenn, was.
Quarantäne oder: So werden die Mäuse wieder sauber
Massiv vermilbte oder verpilzte Mäuse sitzen ihre Quarantäne in einem Gehege mit Zellstoff ab, lehrt uns der Artikel zur Bekämpfung der Lästlinge. Und Nager mit gering- oder mittelgradigem Befall? Hausen die so lange im Kleiderschrank, auf dem Klo oder an die Wand gehängt? Wir werden es wohl nie erfahren.
Dass der Zellstoff täglich erneuert und das Quarantänegehege dabei gleich tiefengereinigt werden muss, mag ich an dieser Stelle aber mal bezweifeln. Quarantäne ist schon Stress genug fürs mäusische Nervenkostüm. Man muss nicht noch mit täglichem Putzterror nachhelfen. Es muss im übrigen nur bei offenen Wunden unbedingt Zellstoff sein. Ansonsten geht auch eine staubarme Streu. Die entsorgt Ihr dann aber bitte im Hausmüll und nicht auf dem Kompost oder in der Biotonne!
Bei Milbenbefall genügt es, im Turnus des Antiparasitikums zu reinigen. Vor allem bei starkem Befall sollten die Mäuse etwa zwei Stunden vor Umsiedelung in die Quarantäne in einer Box gepunktet werden. Im Fall von Milben und Ivomec hieße das zum Beispiel: Nager punkten, warten, umsetzen – und das im Wochenturnus, da Ivomec wöchentlich aufgetragen werden muss.
Ähnliches gilt für Pilze. Hier kann es aber sinnvoll sein, bei massivem Befall anfangs alle 2 bis 3 Tage zu reinigen, um den Keimdruck zu senken. Pilze haben ja im Gegensatz zu Milben keine Beine, mit denen sie den ungastlich gewordenen Wirt verlassen könnten. Wird Ivamerol verwendet, ist bei geringgradigem bis mittelgradigem Befall der Affentanz des Putzens nur alle 3 bis 4 Tage mit der nächsten Behandlung fällig. Bei massivem Befall darf es in der ersten Woche auch häufiger sein.
Spannend finde ich die Empfehlung unseres Textes, beim Befall mit blutsaugenden Milben die Gehegeumgebung und am besten gleich die ganze Wohnung mehrfach zu desinfizieren. Desinfektion ist per definitionem eine Minderung der Keimzahl zur Senkung bzw. Verhinderung eines Infektionsrisikos. Wie sich der Autor die Umsetzung in der menschlichen Wohnumgebung vorstellt, fände ich schon irgendwie spannend. Aber eigentlich ist das egal, weil eine Desinfektion auf Mikroben gerichtet ist nicht auf lästige Mehrzeller mit acht Beinen. Für die Umgebung gedachte Antiparasitika wie etwa Ardap dagegen haben in der Regel eine (teils erschreckend lange) Depotwirkung. Warum man diese extrem potenten Gifte dann gleich mehrfach in den eigenen vier Wänden verteilen soll? Fragt mich nicht …
Auch die Frage, warum am besten gleich die ganze Wohnung behandeln, kann ich Euch leider nicht beantworten. Ob das wirklich notwendig ist, hängt von der Stärke und dem Alter des Befalls ab. Man muss sich ja nicht wegen drei Rattenmilben die ganze Bude verpesten. Interessanter an dieser Stelle wäre zum Beispiel zu erwähnen, die Quarantänebehälter bei Rattenmilbe und Co. am besten auf Ardapringe zu stellen. 50cm rund um die Quarantäne reichen, dass keine Milbe mehr das Weite sucht. Das erspart bei frühzeitigem Erkennen des Befalls halbe Umzüge, Flohbomben und wochenlange Putzanfälle, um das Gift dann doch nicht wieder ganz aus der Bude zu kriegen.
Außerdem kann ich Euch nur eins raten bei den bösen Blutsaugern: informiert Euch nie nur aus einer Quelle, wenn Ihr die fiesen Krabbels erwischt habt (oder besser die fiesen Krabbels Euch). Das geht oft schief, denn gerade diese Befälle sind recht individuell und mit neuen Bekämpfungsmethoden wie Raubmilben kommt Ihr ums Gift vielleicht auch ganz rum. Fragt einfach Euren Tierarzt oder einen anderen Profi Eures Vertrauens – spätestens nach der Lektüre im Netz und bevor Ihr eine Aktion startet!
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