3. Keine Zeit
Herzerreißend war auch eine Dame, die hier wie als Entschuldigung im adretten Nadelstreifenanzug auftauchte. Das Büro, der Stress … Ich wisse schon. Sie habe einfach keine Zeit. Zeit genug, mir ein Ohr abzukauen, hat sie offensichtlich. Ihr stressiger Job? Manager hätte man denken wollen? Nein, Datenerfassung für einen Großhändler macht zwei Farbmausmädchen heimatlos. Ich könne die Box behalten, sprach’s und war zur Tür hinaus, noch bevor ich die Mäuse anschauen konnte. An Zeit hat es wohl eher nicht gemangelt – an Lust und Elan, mal zum Tierarzt zu gehen, offensichtlich schon. Ein schwarzes Mäuschen mit blutigen Ohrruinen schaut mich zerknietscht aus dem Heu an. Auf seiner ebenfalls schwarzen Kumpeline krabbelt es verdächtig. Ich grinse in mich rein, richte die Rattenmilbenquarantäne ein und bin so gar nicht traurig, dass sich die Dame ohne Telefonnummer zu hinterlassen verdrückt hat. So kann ich ihr leider, leider nicht sagen, wo das Problem liegt, wenn sie sich plötzlich überall kratzt.4. Umzug
Die Ausrede kennt wohl jeder: “Ich muss umziehen und der Vermieter erlaubt keine Kleintiere.” Wie üblich kläre ich gebetsmühlenartig auf: “Mäuse sind Käfigtiere und dürfen trotz Verbots gehalten werden, da eben dieses für sie nicht gilt.” Doch, doch, das sei eine Ausnahme und die müssen wirklich weg. Ooookeeeeee, bringt sie halt vorbei, wenn Ihr Angst um Eure neue Bleibe habt. Kurz drauf klingelt es an meiner Tür: deutsches Durchschnittspärchen – mit Hund. Die Fußhupe schnüffelt um die Ecke, während ich die Box entgegen nehme. Na ja, sie riechen ein wenig, entschuldigt sie sich. Sie hoffe, das sei ok. Er guckt Löcher in die Luft. Ah, Böcke also. Ja, ja, schon gut. Ich nehm auch Stinker. “Und der Hund muss ins Tierheim?”, erkundige ich mich unschuldig. Nein, nein, der sei ganz lieb, der dürfe mit. Wie war das doch gleich? Nicht mal Mäuse sind erlaubt? Manchmal frage ich mich, ob solche Leute einfach nur blöd oder wirklich so dreist sind, mir einen kompletten Mangel an grauen Zellen zu unterstellen.5. Fundtier
Mäuse werden ausgesetzt. Tagtäglich und obwohl es verboten ist. Das ist ein Fakt. Manchmal haben sie Glück und werden von Menschen statt von Endverbrauchern gefunden. Die sind selten Mäuseliebhaber genug, um sie zu behalten. Also geben sie sie ab – auch bei mir. Das ist ok und soll so sein. Dafür ist die Pflegestelle da. Manchmal aber beschleichen mich doch Zweifel, ob des angeblichen Fundtiers. Das ist vor allem dann so, wenn jemand ja soooo großzügig extra noch Häuschen und Co. gekauft hat, damit die arme Maus es bis zur Übernahme gut hat. Wie allerdings in nicht mal einer Woche Gebrauchsspuren an die Mäusemöbel kommen, die definitiv mehrere Monate alt sind, würde mich dann aber doch interessieren. “Die pieselt und nagt unglaublich viel.” Ja, das ist wirklich unglaublich – nicht zu glauben nämlich. Was soll ich sagen? Wusi blieb und ich hab bei seiner Ex-Besitzerin wahrscheinlich auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen.7. Kein Geld
Ich hab kein Geld mehr, meinen Hamster ordentlich zu versorgen. So oder so ähnlich inserierte ein ca. 15jähriges Gör (sorry, aber ist so!) einen Roborowski-Zwerghamster. Die Hamsterleute standen ob der Bilder auf Ebay Kleinanzeigen Kopf. Ob den wer in Aschaffenburg holen könne. Öhm, ja, schon. Ich trabe los – einer meiner gruseligsten Begegnungen in fast 20 Jahren Tierschutz entgegen. Ein aufgedonnertes Blag öffnet mir auf mein Klingeln die Tür und übergibt mir einen Hamster in einem knapp A4 großen Käfig, als sei ich die Nachbarin und das arme Hams ein Päckchen, das sie mal eben für mich angenommen hat und mir nun übergibt.”Ja, viel Spaß noch damit.” Spaß hätte ich, das Gör nackt mit nem fetten Brennesselbusch ums Karree zu jagen. Stattdessen verkrümel ich mich mit Hams und Transportboxkäfig, in dem die arme Seele ein Jahr gehaust hat. Irgendwie war es sein Glück, dass ihr Geld für Party und schlechtes Make-up wichtiger war.8. Die beißen
Sie haben alles versucht. Es geht einfach nicht mehr. Ob ich Platz für vier Rennmäuse hätte. Ich horche vorsichtig nach, was da denn nicht mehr geht. Ja, man kann die ja gar nicht anfassen. Die beißen schlimmer als ein Schwarm Piranhas. Hmmm, jaaaa … Und? Na, so habe man sich das nicht vorgestellt. Die Kinder würden sich schon gar nicht mehr trauen, ins Aqua zu fassen. Na, wahrscheinlich war das auch der Mäuse Ziel. Was muss man auch Mäuse als Spielzeug anschaffen und dann auch noch Fettschwanz-Renner? Selber Schuld! Eigentlich müsste ich sie zusehen lassen, wie sie das hausgemachte Problem lösen. Aber irgendwie tun mir die Mäuse als Kinderspielzeug doch Leid. Sucht halt ne Mitfahrgelegenheit. Ich nehm sie. Zwei Wochen später kommen vier aufgeweckte, erstaunlich umgängliche Rennerchen bei mir an, die hier komischerweise nur eins beißen, nämlich die Schaben.9. Der ist absolut unverträglich
Streifengrasmäuse sind ja eh so ein Ding für sich. Ganz finster wird es, wenn Minimalintelligenzler solche Tiere anschaffen. Das wurde auch einem Streifenmausbock zum Verhängnis, denn der fand die Idee seiner Besitzer nicht so gut wie die. Eigentlich wollten sie mit ihm züchten, beschwerten sie sich ganz offen bei mir. Aber der hätte ihnen jetzt schon drei Weiber totgebissen und die seien doch so teuer gewesen. Entweder ich nehm das Aas oder es fliegt raus auf die Wiese. Sehr nett. Erpressung lieb ich ja noch mehr als geistige Tiefflieger, die bequem unter meiner Türschwelle durchschweben können. Also ganz fix nach einer Mitfahrgelegenheit gefahndet. Zwischenzeitlich klärt sich dann auch seine Unverträglichkeit. Bloß weil es Weiber sind, heißt das noch nicht, dass er dankbar Kniefälle machen muss, nur weil man sie einfach ohne Vorwarnung in sein Revier setzt.10. Die machen nichts
“Die sind langweilig. Die machen ja gar nichts.” Und deshalb sollen sie weg. Ok, es gibt sehr faule Nager, die das eben von Natur aus sind. Stachelmäuse gehören aber eigentlich nicht dazu. Ich wundere mich dezent. Bestrebt, den Mäusen einen Umzug zu ersparen, hake ich nach. Wie alt? Woher? Welches Gehege? Dass es Leute gibt, die völlig unbedarft Bilder verschicken, die bei mir spontane Allergien auslösen, hab ich an dem Tag dann auch gelernt. Na, in nem Käfig auf Briefmarkengröße mit geschätzten 150g pro Tier kann sich da im wahrsten Sinne des Wortes nix mehr bewegen. Wie haben die die so fett gekriegt? Ich empfehle eine Voliere und eine Futterumstellung. Na, ob das nötig sei. Und eigentlich wolle man sie ja jetzt eh nicht mehr. Das sei doch alles zu aufwändig und was das alles kosten würde. Zu meiner Allergie kommt ein ungesund hoher Blutdruck. Fazit: Mäuse gegen ein paar sehr unverblümte Worte getauscht. Mäuse sehen glücklich aus – Ex-Besitzer nicht so sehr. Ihr habt auch mal Mäuse mit extra faulen Ausreden bekommen? Dann schreibt’s mir doch mal in die Kommentare. Ich bin ja nicht neugierig! 😉
Hallo, ich hab 4 Streifengrasmaus-Männchen aufgenommen, die sollten als lebendiges Katzenspielzeug dienen. Die Übergabe erfolgte Sonntags auf einem Netto-Parkplatz.
Später zuhause musste ich dann feststellen, dass auch ein Weibchen dabei war. Also hatte ich bald noch 4 Streifis mehr…
Minjie und Maxi waren so zwei Spezialfälle, da hat auch das TH von dem ich sie übernommen habe, in der öffentlichen Anzeige die Ironie nicht bleiben lassen.
Ich zitiere “Die beiden Albinomäuse Minnie und Maxi […] kamen zu uns, da sich ihre Vorbesitzer eine Katze zugelegt haben und diese Konstellation komischerweise nicht klappt”.
Die Konstellation mit Coco, Krümel und Susi hingegen klappte hervorragend….
Hallo, zu meinen Rennermädels kam ich über Facebook. Die Vorbesitzerin suchte verzweifelt ein Zuhause für die beiden weil sich eine 3er Gruppe zerstritt und sie keinen Platz hat für ein 120x50x50 Aqua hat. Also haben wir sie zu und genommen. Wieder über Facebook erfahre ich, dass die neuen Haustiere Ratten werden. Da überlegte ich, wo denn der plötzliche Platz her kam. Aber ich bin nicht nachtragend sondern erfreue mich an meinen süßen Mädels.
Wieder mal sehr sehr gut geschrieben!
Ich kenne diese elendigen Ausreden auch. Ganz Deutschland ist allergisch auf Hamster, Maus und Co. Wenn ich den Leuten einen Streuwechsel anrate, kommt doch der wahre Abgabegrund zum Vorschein.
Kein Bock mehr drauf,
der Minikäfig stinkt zu sehr,
die Kinder haben kein Interesse mehr am Lebendspielzeug,
lässt sich nicht anfassen….
Zum Heulen….
War auf der Suche nach Gesellschaft für meine letzte Persische Rennmaus. Da erreichte mich eine Mail, ob ich nicht eine Fettschwanz Rennmaus zu meinem Perserchen setzen möchte. Nachdem ich es verneinte, sollte der Kleine zu Vielzitzenmäusen oder Stachelmäusen. Also hab ich ihn aufgenommen. Übergabe war wieder mal auf einem Parkplatz. Alter 6 Monate. Auf die Frage, warum er so jung schon allein ist, weil den Bruder die Katze vor seinen Augen gekillt hat…
Mein bestes Erlebnis: Zwerghamster abholen. Junge Studentin, Hamster in Aqua, das selbst Garnelen zu klein wäre. Abgabegrund: Hamster bricht immer aus und ist bissig. Tja, das Aqua hatte ja auch keinen Deckel und der Hamster kam mit Leichtigkeit auf über die Ebene raus. Und bei einem kleinen Laufrad, einem viel zu kleinen Häuschen und sonst nichts drin, würde ich als Hamster nicht nur abhauen, sondern vorher ihre gesamte Bude verwüsten.. Bin ohne große Worte mit der dem Neuzugang nach hause, wo sie sich später als super lieb und vorallem super faul gezeigt hat, an Ausbruchsversuche war nicht zu denken. Und super lieb war sie auch.