Kokzidien sind bei Mäusen eher seltene Parasiten. Oft verläuft eine Infektion auch symptomlos oder die Tiere haben lediglich weichen Kot, sodass die Infektion übersehen wird. Da eine symptomatische Kokzidieninfektion jedoch durch massive Durchfälle schnell tödlich verlaufen kann, sollten Sie Ihre Mäuse bei positivem Befund auf jeden Fall behandeln. So beugen Sie gleichzeitig der Weiterverbreitung dieser Endoparasiten vor, wenn Sie Teile oder übrige Tiere Ihres Bestandes einmal an Dritte abgeben.
Der Parasit
Kokzidien sind eine Ordnung der Protozoen zu denen unter anderem die Gattungen Eimeria, Cryptosporidium und Toxoplasma gehören. Dieser Text befasst sich mit der Infektion durch Protozoen der Gattung Eimeria.
Bei Ratten finden sich unter anderem Eimeria nieschulzi, E. contorta und E. separata, bei Mäusen E. falciformis, E. ferisi und E. hansonorum sowie Klosiella muris. Vor allem E. falciformis ist bei wilden Mäusen häufiger nachweisbar. Klosiella muris verursacht bei Wildmäusen Nierenkokzidosen. In Haustierbeständen findet sich Klosiella quasi nie. Eine Infektion ist bei in der Natur gefundenen, ausgesetzten Mäusen jedoch grundsätzlich möglich.
Hamster können ebenfalls von Kokzidien befallen werden.
Eimerien sind wirtsspezifisch, leben intrazellulär parasitisch in höheren Tieren und befallen dort vorwiegend deren Magen-Darm-Trakt.
Sie benötigen für ihre Fortpflanzung nur einen Wirt, durchlaufen jedoch ein recht komplexes Schema, das sich in zwei Zyklen teilt. Der erste Zyklus, der so genannte exogene Zyklus, beginnt mit der Ausscheidung unsporulierter Oozysten, die sich über das 2-Zellen-Stadium zu sporulierten Oozysten, der Dauerform der Kokzidien, entwickeln. Diese werden dann wieder von einem Wirt aufgenommen. Für diesen Teil ihrer Entwicklung benötigen Kokzidien eine Temperatur von 20 bis 40°C (ideal 30-37°C), Feuchtigkeit und Sauerstoff. Unter optimalen Bedingungen dauert dieser Zyklus dann bis zu 16h, sonst länger. Die entstehenden sporulierten Oozysten sind gegenüber den meisten Desinfektionsmitteln resistent.
Der zweite Zyklus, auch intestinaler Zyklus genannt, beginnt mit der Aufnahme sporulierter Oozysten. Zuerst erfolgt die asexuelle Reproduktion (Schizogonie). Dabei werden aus der Oozyste sogenannte Sporozoiten freigesetzt. Diese dringen in die Darmzellen des Wirtes ein und teilen sich dort. Bis zu 100 Merozoiten können pro Elterntier entstehen. Diese durchbrechen und zerstören die Darmzelle, so dass sie sich wieder frei im Darm bewegen. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrere Male. In dieser Phase werden viele Darmzellen zerstört und es treten Symptome auf.
Nach der Schizogenie folgt die sexuelle Reproduktion, die Gametogonie. Bei dieser befallen die Merozoiten weitere Darmzellen und entwickeln dort Geschlechtszellen, die sich dann befruchten und neue Oozysten entwickeln. Diese werden dann ausgeschieden und reifen wieder innerhalb von 3 bis 6 Tagen zu ihrer infektiösen Form heran.
Die Oozysten der Kokzidien sind äußerst widerstandsfähig und sind daher über mehrere Monate infektiös. Unter guten Bedingungen können sie in feuchten Bereichen bis zu 10 Jahre überleben!
Kokzidien im Überblick
- Einzeller
- leben in den Wirtszellen
- im Kot nicht sichtbar
- keine Zoonose
Vermehrungszyklen im Überblick
Ausscheidung unsporulierter Oozysten
Sporulierte Oozysten
Aufnahme durch Wirtstier
Sporozoiten
Entwicklung zu Geschlechtszellen
Befruchtung und Ausscheidung neuer Oozysten
Übertragung von Kokzidien
Die Übertragung von Kokzidien erfolgt in der Regel über infiziertes Futter. Die Tiere können sich aber auch über durch verseuchten Kot verunreinigtes Wasser anstecken. In seltenen Fällen erfolgt die Übertragung auch beim Putzen des Futtergeschirrs, wenn Sie hier einen mit Kokzidien-Oozyten verseuchten Schwamm benutzen.
Übertragung durch:
- verschmutztes Futter
- verschmutztes Wasser
- verschmutztes Futtergeschirr
Symptome bei Kokzidien
Die Infektion verläuft meist vom Halter unbemerkt, solange der Befall gering bleibt. Bei Belastung, etwa durch chronischen Stress, eine Erkrankung oder eine Futterumstellung, kann die Krankheit dann ausbrechen.
Vermehrt sich der Parasit stark, werden ausgedehnte Darmschleimhautbezirke befallen und großflächig geschädigt. Die Nahrung kann nicht mehr richtig verdaut und ausgenutzt werden. In der Folge kommt es zur Abmagerung. Weitere Symptome sind Apathie, Schwäche und Appetitlosigkeit. Für den Halter am besten zu erkennen ist jedoch der Durchfall, der diese Erkrankung fast immer begleitet. Durch die massiven Durchfälle kann die Kokzidiose schnell lebensgefährlich werden!
Ist die Darmflora durch die Parasiten geschädigt, können sich auch andere bakterielle Infektionen rasch ausbreiten. Diese bakteriellen Sekundärinfektionen bergen die Gefahr einer Blutvergiftung (Septikämie).
Bei der Leberkokzidiose lassen sich ausgedehnte Entzündungen der Gallengänge sowie eine Leberschwellung beobachten.
Wird die Krankheit erfolgreich behandelt, kann sie rasch abheilen. Bei starkem Befall oder später Diagnose kann sie jedoch auch tödlich verlaufen.
Symptome im Überblick
- Abmagerung
- teils massive Durchfälle
- kotverklebte Analregion
- schlechter Allgemeinzustand
- Apathie
- Appetitlosigkeit
- bakterielle Sekundärinfektionen
- Septikämie
Diagnose von Kokzidien
Eimerien werden durch die Untersuchung einer Kotprobe nachgewiesen. Da die Oozysten nicht regelmäßig ausgeschieden werden, kann es bei einer einzelnen Kotprobe zu einem falsch negativen Testergebnis kommen. Daher müssen Sie bei Verdacht auf Kokzidien immer eine Sammelkotprobe abgeben.
Der Nachweis erfolgt dann im Flotationsverfahren oder im Kotausstrich bei einer mikroskopischen Untersuchung. Diese Untersuchung kann Ihr Tierarzt machen oder die Probe dafür ins Labor geben.
Checkliste Diagnose
- nativer Kotausstrich
- Flotationsprobe
Behandlung - Kokzidien bekämpfen
Für Mäuse hat sich die Behandlung mit 5%igem Baycox (Wirkstoff Toltrazuril) bewährt. Das für Vögel entwickelte 2,5%ige Baycox ist zu alkalisch und kann die Darmschleimhaut reizen.
Baycox wird 1x täglich in einer Dosierung von 10mg/kg über 3 Tage verabreicht (= 0,01ml pro 50g). Dann folgt eine dreitägige Pause, der eine weitere Gabe über 3 Tage folgt. Dies sollten Sie zur Sicherheit nach 14 Tagen wiederholen.
Nachdem trotz der korrekten Dosierung von Baycox 5% im Troisdorfer Großnotfall rund 200 Phodopus-Zwerghamster verstorben sind, möchte ich für diese Arten dringend von einer Behandlung mit Toltrazuril abraten.
Für Zwerghamster verträglicher und auch für andere Nager als Alternative geeignet ist die Bekämpfung einer Kokzidose mit Kokzidiol (Sulfadimethoxin). Verabreichen Sie den Tieren 1x täglich 30mg Sulfadimethoxin je angefangene 10g Tier über 5 Tage. Auf eine 7-tägige Pause folgt dann noch eine zweite Gabe über noch einmal 5 Tage.
Zum Ende der Quarantäne sollten Sie nochmals eine Sammelkotprobe abgeben, um sicherzugehen, dass Sie die ungeliebten Untermieter auch wirklich los sind.
Begleitende Maßnahmen
Zusätzlich muss eine wirksame Durchfalltherapie (subkutane Infusion z. B. mit Jecuplex; Dysticum etc.) erfolgen sowie antibiotische Abschirmung, soweit das eingesetzte Präparat nicht schon ein geeignetes Antibiotikum ist. Letztere soll bakteriell verursachten, inneren Vergiftungen vorbeugen.
Nagern mit starkem Substanzverlust können Sie neben Päppelbrei und Jecuplex auch Bioserin anbieten. Außerdem sollten Sie solche Patienten wärmen, bis sie wieder an Gewicht zulegen.
Der Quarantänekäfig müssen Sie im Intervall der Gabe gründlich reinigen.
Checkliste Behandlung
- Baycox 5%
- Kokzidiol
- strikte Umgebungshygiene
Checkliste Begleitbehandlung
- Dysticum (+ Joghurt)
- (Antibiose)
- Jecuplex
- Bioserin
- Päppelbrei
Der Quarantänekäfig
Der Quarantänekäfig sollte leicht zu reinigen sein, eine Heißdesinfektion problemlos überstehen und nach Möglichkeit ein Rauskrümeln von Material wie Streu oder Futterresten verhindern. Dunas, Makrolonboxen und Aquarien haben sich hier am besten bewährt.
Als Einstreu können Sie Küchenkrepp, Klopapier oder Safebed in Flocken- oder Streifenform nutzen. Sie können aber auch ganz normale Holz-, Hanf oder andere Einstreu und jeden anderen Untergrund verwenden, den Sie im normalen Gehege auch anbieten. Organische Bodengründe sollten Sie allerdings nicht – soweit bei Ihnen üblich – auf dem Kompost oder in der Biotonne entsorgen, sondern im Restmüll. So vermeiden Sie es, die Parasiten nach draußen zu verschleppen.
Reinigen Sie den Quarantänekäfig mindestens zu Beginn und vor Ende jeder Gabe, bei massivem Befall oder bei großen Gruppen öfter. Dafür leeren Sie den Käfig komplett, säubern ihn Wasser und Seife. Anschließend gehen Sie einmal mit dem Dampfreiniger durch oder brühen das Innere mit kochendem Wasser ab.
Inventar behandeln Sie – soweit möglich – genauso. Schlecht oder nicht zu reinigendes Inventar sollten bei 90°C 30min lang ausbacken. Alternativ können Sie auch einfach Schachteln, Pappröhren u. Ä. als Einweginventar verwenden und nach Gebrauch entsorgen.
Verwenden Sie für die Quarantäne ausschließlich Wasserflaschen, keine Schüsseln. So senken Sie das Risiko einer permanenten Reinfektion.
Checkliste Quarantänekäfig
- abwaschbar
- heiß desinfizierbar oder chemisch sehr beständig
- krümelfrei
- Einweg- oder heiß/chemisch desinfizierbares Inventar
- Zellstoff und/oder Safebed
- nur Wasserflaschen verwenden
Wie kriege ich das Gehege wieder sauber?
Siedeln Sie die Mäuse aus ihren Gehegen in leicht zu reinigende Quarantänebehältnisse um und reinigen Sie das Stammgehege zu Beginn der Quarantäne gründlich. Dazu entfernen Sie Inventar und Streu, saugen bei Bedarf Reste aus und waschen das Gehege heiß aus. Danach desinfizieren Sie es mit dem Dampfstrahler, da die Oozysten der Kokzidien bei Temperaturen über 60°C binnen Sekunden absterben. Feuchte Teile (z.B. durchweichte Kloecken), die nicht schnell wieder durchtrocknen, sollten entfernen und ersetzen. Gefährdete Bereiche können Sie auch mit einer Heißluftpistole behandeln. Diese eignet sich zum Beispiel hervorragend zur Behandlung von Metallvolieren. Fliesen und ähnliche Untergründe und Materialien können Sie mit einem kresolhaltigen Desinfektionsmittel wie Neopredisan desinfizieren. Das gängige Bactazol ist dagegen wirkungslos.
Holzgehege können Sie nach Reinigung und Desinfektion auch mit 2 Schichten neu einlackieren, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen.
Da Kokzidien eher hitze- als kälteempfindlich sind, sollten Sie das Inventar ausbacken, auskochen, überbrühen oder ebenfalls mit einem Dampfstrahler desinfizieren. Einfrieren eignet sich bei Kokzidien nicht, da die extrem widerstandsfähigen Oozysten auch nach 14 Tagen bei unter -20°C noch infektiös sind. Auf versiegelten Flächen (z.B. Porzellan, glasierte Keramik) kann auch ein passendes Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen. Entfernen Sie vorher gründlich alle Kotreste!
Lassen Sie Inventar und Gehege nach der Reinigungsaktion bis zum Quarantäneende gründlich durchtrocknen.
Achtung: Oocysten sind extrem widerstandsfähig und können in unsauberen Käfigen im schlimmsten Fall bis zu 10 Jahren überleben! Reinigen Sie also gründlich!
Eingangsquarantäne bei Kokzidien
So hartnäckig die Oozysten sind, so einfach ist die Eingangsquarantäne bei Kokzidien. Es genügen grundlegende Hygieneregeln (nichts verkrümeln, gründlich Hände waschen, Futtergeschirr separat reinigen). Sie bringen die ankommenden Tiere mit bekanntem Befall einfach gleich im krümelfreien, eingerichteten Quarantänebehälter unter und beginnen mit der Behandlung. Bei ungetesteten Tieren gilt dieselbe Unterbringung bis zum Testergebnis.
Können Streu und Kot aus dem Quarantänegehege nicht rausfallen und halten Sie eine gründliche Handhygiene ein, bauen Sie einer Verbreitung von Kokzidien auf saubere Artgenossen vor. Da Eimerien sehr wirtsspezifisch sind, ist eine Verschleppung an andere Haustiere wie Hund und Katze oder an Menschen nicht möglich. Inwieweit Kokzidien von Farbmäusen auf weitere Mäusearten und andere kleine Nager übergehen können, habe ich leider nicht herausgefunden. Daher rate ich hier zur Vorsicht. Handeln Sie in den Hygienemaßnahmen also in diesen Fällen eher, als sei eine Verschleppung möglich.
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Quellen
wikipedia.org
Chinchilla-Lexikon
baycox.com
Anderson, Fox, et al.: Laboratory Animal Medicine, 3. Aufl., Academic Press 2015, S. 43ff.
Ewringmann, A.; Glöckner, B.: Leitsymptome bei Hamster Ratte, Maus und Rennmaus, Enke-Verlag 2008, S. 53ff.
Pantschev, Nikola; Beck; Wieland : Praktische Parasitologie bei Heimtieren – Kleinsäuger Vögel – Reptilien – Bienen; Schlütersche Verlagsgesellschaft, 1. Aufl., 2005, S. 80ff.
Letztes Update: 24.09.2020