Heutzutage fühlt sich so mancher Maushalter dazu berufen, nicht nur seinen Nagern das Beste zu tun, sondern diese Segnungen auch den Mäusen anderer Halter zuteil werden zu lassen. Einem Teil dieser Halter haben wir deshalb sehr gute und interessante Seiten und Artikel zu verdanken. Mitunter fühlen sich jedoch auch solche Halter berufen, die besser keine Ratgeber, Wikis oder ähnlich geartete Artikel ins Netz setzen. Vor allem Anfängern machen sie es schwer, die wirklich guten und sinnvollen Infos von grobem Unfug zu trennen. Da mich genau dieser Unfug beim Lesen aber sofort anspringt, habe ich beschlossen, eine neue Kategorie zu gründen: den Unfug der Woche. Diese Artikel sollen Euch zeigen, was im Netz so steht und warum zumindest ich es für Unfug halte. Das abschließende Urteil überlasse ich dann Euch. Heute getroffen hat es einen Artikel zum Käfigstandort.
Farbmäuse – Mimosen auf der Fensterbank
Das mit dem Käfigstandort ist schon eine kniffelige Sache, wenn ich das da so lese. Empfindlich auf Zugluft seien die lieben Farbmäuse und auf Vibrationen und Bewegungen und Geräusche und Gerüche. Daher könne der falsche Standort Krankheiten, Zoff in der Gruppe und eine Verkürzung des Lebens verursachen. Wenn man das so liest, könnte man glatt meinen, diese zarten Kreaturen sterben schon bei einem schiefen Blick den Heldentod. Vor meinem inneren Auge formt sich beim Lesen das Bild von filigranen Mimosenblättern, die sich schon bei einem Windhauch schließen.
Richtig an dieser horriblen Aufzählung ist: Wie alle Tiere gehören natürlich auch Farbmäuse nicht an die Zugluft. Bei Geräuschen wird die Sache schon kniffliger. Man kann Farbmäuse tatsächlich in einer Art beschallen, dass die Tiere davon zugrunde gehen. Wer seine Mäuse also auf der Bassbox parken möchte, sollte das dringend nochmal überdenken. Ähnliches gilt für Vibrationen und Mäusekäfige auf Waschmaschinen. Aber, dass man das nicht macht, sollte schon der gesunde Menschenverstand merken.
Was das oben aufgezählte Quintett Infernale bei Farbmäusen allerdings mit Zoff zu tun haben soll, müsste mir der Autor mal erklären. Der Käfigstandort mit all seinen Gerüchen, Geräuschen und so weiter hat mit Zoff in der Sippe nämlich herzlich wenig zu tun – die Gehegeart und -aufteilung aber sehr wohl. Da muss beim Schreiben wohl was schief gelaufen sein. Kann passieren.
Daaaaaa nicht
Ich lese weiter und lerne … Erstaunliches. Dass es nicht ziehen sollte, hatten wir ja schon. Doch der Raum für das Gehege sollte auch folgende Maßgaben erfüllen:
- 22 bis 24°C
- keine Temperaturschwankungen
- wenig “Verkehr” vor dem Gehege
- kein TV
- kein Radio oder Stereoanlage
- kein Computer
- keine Kinder
- keine Räucherstäbchen, Duftkerzen o.ä.
Das Gehege sollte außerdem:
- nicht auf dem Boden selbst, sondern mindestens 30cm darüber stehen
- nicht in der Küche oder Küchennähe stehen
- nicht in der Nähe von menschlichen Essensplätzen stehen
- nicht in der Nähe vom Katzenklo stehen
Der Mensch selbst darf natürlich im Umgang mit seinen felligen Lieblingen weder Parfum noch Deo tragen.
An diesen Orten darf das Gehege also nicht stehen. Wo es dann aber stehen darf, das bleibt uns der Artikel schuldig. Jetzt geht doch mal im Geiste durch Eure vier Wände und schaut, wo Eure Mäuse stehen dürften. Wem es jetzt nicht geht wie mir, wer also tatsächlich einen Platz findet, der alle Maßgaben erfüllt, der vermerke mir bitte unten in einem Kommentar, wo das denn ist.
Ich muss zu meiner Schande nämlich gestehen, meine Farbmäuse leiden furchtbar. Zwar erfüllen meine Käfigstandorte dank eigenem Mäusezimmer das Gros der Forderungen, aber die Temperaturkurve stimmt definitiv nicht und meine gut 2m hohen Gehege erdreisten sich tatsächlich, auf dem Boden zu stehen. Außerdem bekommen die Nasen täglich ein kleines Kind zu sehen, das die Mäuse mindestens so spannend findet wie die Mäuse das Kind.
So wird ein Schuh draus
Wer sich nach der klitzekleinen Liste der No-Gos jetzt ganz besorgt fragt, wohin denn nun mit den Zartbesaiteten, dem kann ich weiterhelfen. Gehen wir den Artikel also mal Absatz für Absatz durch.
Temperatur
Wer keine gleichbleibend 22 bis 24°C gewährleisten kann, dem müssen nicht gleich graue Haare wachsen, auch wenn unser Artikel behauptet, höhere und tiefere Temperaturen schwächten das Immunsystem.
Werden die Temperaturen – naturgemäß wohl eher im Sommer – etwas höher, gibt das nicht gleich kranke Mäuse. Bis etwa 28 – 30°C sind Farbmäuse noch recht tolerant. Wird es wärmer oder gucken sie vorher schon geknickt aus der Wäsche, müssen sie gekühlt werden. Einige Methoden, wie Ihr Euren Lieblingen dann Kühlung verschafft, findet Ihr wie gewohnt auf meinem Stichpunktzettel im Internet. Es heißt also Tiere beobachten, nicht das Thermometer! In diesem Zusammenhang im Artikel nicht erwähnt, aber (über)lebenswichtig: Nehmt die Käfige aus der prallen Sonne! Ihr wollt die Mäuse ja nicht braten, sondern lieb haben. Auch wenn die Raumtemperatur noch moderat ist, kann die Sonne vor allem geschlossene Gehege mit viel Glasanteil (Aquas, Terras) lebensgefährlich aufheizen.
Farbmäuse sind nach unten noch bis ca. 15°C recht flexibel – was nicht heißt, dass Ihr jetzt gleich ausprobieren sollt, wann Eure Mäuse anfangen, warme Wollsocken zu stricken. Es ist aber eben kein Weltuntergang, wenn die Raumtemperatur unter 22°C fällt. Wichtiger ist, dass Ihr Euren Nagern die Chance gebt, sich an die Temperaturen zu gewöhnen, sie entsprechend ernährt und ihnen außerdem viel und warmes Nistmaterial gebt. So können sie kuschlig warme Nester bauen, in die sie sich bei Bedarf zurückziehen können.
Ebenfalls zu bedenken: Wechselduschen regen das Immunsystem beim Menschen an – Temperaturschwankungen erreichen bei Mäusen exakt das Gegenteil. Gerade Schwankungen mit starken Ausschlägen nach unten sorgen für schniefende Mäusenasen und geraufte Menschenhaare. Wenn Ihr im Winter geringere Raumtemperaturen habt, führt Eure Farbis langsam heran. Dann sind auch 18 oder 20°C kein Problem.
Merke: Die Angaben hier gelten nur für Farbmäuse! Exotische Mäuse haben ihre eigenen Bereiche, die deutlich abweichen können. Während nämlich zum Beispiel die Nörgels auch mit 0°C im Außengehege noch gut umgehen können, packen einige afrikanische Arten schon bei 22°C Mützchen und Handschuhe aus.
Vibrationen
Vibrationen sind Stress, belehrt uns der Artikel und sind deshalb strikt zu vermeiden. Das gilt auch für die von vorbeilaufenden Menschenfüßen oder die von Autos auf der Straße vor dem Fenster. Daher soll der Käfig auf Möbeln oder Europaletten stehen.
Ich war ja in Physik nie die hellste Kerze auf der Torte, aber ich meine mich dunkel zu erinnern, dass feste, stabile Konstruktionen Vibrationen weitergeben. Und zu eben diesen Konstruktionen zählen auch Möbel und Europaletten. Vor meinem inneren Auge formt sich das leicht groteske Bild eines Mäusekäfigs auf Springfedern. Ja, mit Stoßdämpfern ließe sich da vielleicht was machen. Wer jetzt ganz panisch überlegt, wie er das bitte bei seinem Gehege anstellen soll, den kann ich beruhigen: normale, alltagstypische Vibrationen sind für Mäuse nicht halb so interessant wie etwa für Null- oder Achtbeiner im Haushalt. Keine Maus fällt tot um, nur weil Ihr am Gehege vorbei lauft – auch dann nicht, wenn Ihr das im Schlusssprung tut.
Bewegungen
Jegliche Bewegung im Umfeld der Mäuse ist ein immenser Stressfaktor, lehrt uns die Lektüre. Mehr als nötig vor dem Gehege rumzulaufen ist daher strengstens verboten und auch der Fernsehr hat hier Hausverbot. Noch schlimmer wird es, wenn der Maushalter von oben auf das Gehege herabschaut.
Bevor Ihr jetzt wahlweise die Flimmerkiste oder das Mausheim umquartiert: die Bewegungen der Glotze jucken die Mäuse nicht die Bohne. Interessanter ist da, welche Geräusche sie macht – aber dazu kommen wir noch. Und auch reger Publikumsverkehr vor dem Gehege ist für so manche Maus eher eine willkommene Abwechslung.
Interessant wird es bei der Höhe, auf der sich Mensch und Maus begegnen. Tatsächlich sind Farbmäuse entspannter und oft auch zutraulicher, wenn sie die Möglichkeit haben, ihrem Menschen mindestens auf Brust-, besser noch auf Augenhöhe begegnen. Das heißt aber nicht, dass das Gehege auf dieser Höhe stehen muss, um die Gesundheit der Tiere zu wahren – wie uns der Artikel weismachen will. Umgebaute Schränke sind in der Regel zwischen 170 und 220cm hoch – also hoch genug, dass die Mäuse ihren Menschen auf der genannten Höhe betrachten können, wenn sie das möchten. Auch Gehege ab 50cm Höhe können auf dem Boden stehen, ohne den Tieren gesundheitlich zu schaden. Entspannter ist es für die Kleinen jedoch, diese Gehege tatsächlich auf einen wie auch immer gearteten Unterbau zu stellen.
Geräusche
Als Immunkiller bezeichnet unser (über)eifriger Autor Geräusche aller Art – und verweist jegliche Media-Geräte des Raumes, um die dämmerungs- bis nachtaktiven Nager nicht aus dem wohlverdienten Schlaf zu reißen. Man kann die Kleinen derart in Watte packen – Ihr könnt aber auch ganz entspannt das Ohropax wieder aus den Mäuseohren zupfen. Alles, was auf Zimmerlautstärke stattfindet, ist ok. Wer jedoch vor hat, ab und zu die Grenzen seiner Lautsprecherboxen und vielleicht auch die der Nerven seiner Nachbarn zu testen, sollte das Völkchen tatsächlich in einem anderen Raum unterbringen.
Sträflich vergessen wurden in dem Artikel Geräuschquellen, die der mäusischen Gesundheit tatsächlich abträglich sein können. So niedlich sie sind, Meerschweinchen sind keine guten Nachbarn für Mäuse. Das hohe Pfeifen der tagaktiven Gurkenkiller lässt den Stresspegel dauerhaft und zur falschen Uhrzeit steigen und die Mäuse Ohropax herbeiwünschen. Ähnliches gilt auch für alle Arten kommunikativen Federviehs. Während Wachteln durchaus brauchbare Nachbaren abgeben, sind fröhlich schwatzende Papageienvögel oder lebhafte Schwärme von Finkenvögeln kein Farbmaustraum. Besonders laute Vertreter wie etwa Loris können Mäuse im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode schreien. Die würden die Geier deshalb jederzeit gegen den deutlich ruhigeren Fernseher umtauschen.
Gerüche
Mäuse sind Nasentiere. Das ist Fakt. Dass unser Artikel deshalb gleich jegliche Geruchsquellen verbannen will, ist dagegen grober Unfug. Weder Parfum noch Essensduft oder Räucherstäbchen stören das Duftgefüge im Gehege. Im Gegensatz zu Streifenmäusen können fremde Gerüche bei Farbmäusen auch keinen Zoff triggern.
Dass man den lieben Kleinen den Riechkolben trotzdem nicht mit scharfen Gerüchen wegätzt, sollte sich von selbst verstehen. Das gilt für starke chemische Raumdüfte (die im Übrigen auch für Euch ungesund sind) genauso wie für die Verwendung von Chlorix und ähnlichen Reinigern in der Umgebung. Auch Duftöle zu rein wohnlichen oder auch zu therapeutischen Zwecken sollten nicht zu scharf sein. Riecht einfach selbst Probe: Was Euch in der Nase sticht, hat am Mausvolk nix verloren.
In einem muss ich dem Artikel aber Recht geben: Katzenklos gehören wirklich nicht in Mausnähe. Nicht nur, weil sich die mäusische Nase dran stören könnte, sondern schon deshalb, weil auch der Klobesitzer nichts in der Mausnähe verloren hat!
Stress – Ein Wort zum Schluss
Wie Euch sicher aufgefallen ist, ist unser Unfug-Artikel rundum dazu angelegt, jeglichen Stress von den Mäusen fernzuhalten, um deren Gesundheit zu erhalten. Leider übersieht der Autor einen wichtigen Punkt: Stress – in gewissem Maße – ist notwendig und sogar gesund. Ihr braucht weder Wattebäusche, noch Ohropax, noch Stoßdämpfer. Gesunder Menschenverstand und ein wenig Mausverständnis reichen vollkommen.
Unser Autor übersieht außerdem: Auch zu wenig Stress kann krank machen. Absolute Reizarmut, wie sie hier empfohlen wird, führt mit der Zeit zu Langeweile und gesteigerter Sensibilität. Sind die Tiere dann doch einmal einem Stressor ausgesetzt, reagieren sie heftiger und können den Stress weniger gut verarbeiten.
Vermeiden solltet Ihr lediglich Dauerstressoren. Dauerlärm, ständiges Putzen im Gehege, Scheuchen der Tiere, weil Ihr sie uuuunbedingt rumtragen wollt, … Solche Sachen sind nicht gesund. Wer das tut, muss sich nicht wundern, wenn die Tiere ständig krank sind oder gar früh versterben. So gilt also auch bei Stress der gute, alte Paracelsius: Die Dosis macht das Gift!
Hab sehr herzlich gelacht über diese wunderbare Zusammenfassung der Mausabsurditäten! Vielleicht noch eine kleine Anekdote, die ganz gut dazu paßt:
Mein erstes Kasträtchen hatte sich aus seiner Zooladenherkunft schon im Alter von einem Jahr die üblichen Farbmauserkrankungen mitgenommen, wobei sein chronischer Atemwegsinfekt in Kombination mit einer vermuteten Herzschwäche ihm im Sommer schon fast sein junges Leben kosten wollte, als eine Dauertherapie mit Cortison und Lasix ihre lebensverlängernde Wirkung zeigte. Das Fehfühchen, so die liebevolle Koseform seines Namens, bewies eindrucksvoll nach der allabendlichen Medikamentengabe, daß seine Lebensgeister sehr wohl noch in im hausen wollten und buddelte und kletterte frohgemut durch sein Mäusekistenleben. Er war es auch, der als erster entdeckte, daß man durch das zum Lüften geöffente Fenster nach draußen aufs Fensterbrett gelangen konnte, was seiner Körnergeberin Angesichts der maladen Lungenfunktion die Zehennägel hochbog. Am Tag nach Fehfüchens erstem Ausflug ins Freiland mochte das Kerlchen nicht zur abendlichen Medikamentengabe erscheinen. Alles besorgte Rufen wollte nicht fruchten: Fehfu blieb verschollen. In die zunehmende Sorge schoß plötzlich wie ein Blitz der Gedanke, ob man die Maus nicht möglicherweise morgens vor dem Verlassen der Wohnung versehentlich auf dem Fensterbrett ausgesperrt haben könnte! Das Fenster wird aufgerissen und dort sitzt: Fehfu, der Vermißte!
Fehfüchen, Mäusekerl, Armerchen!
Es war Winter und das Thermometer zeigte ein paar Grad über Null. Acht Stunden mußte die Maus dort draußen gesessen und gefroren haben. Niemals, so dachte ich, würde der Lungenkranke dies überleben und niemals, schwor ich mir, würde ich die Maus wieder auf´s Fensterbrett lassen.
Doch nichts von alledem wurde wahr. Pünktlich abends um 18 Uhr erschien mein Mäuserich um sich sein Cortison abzuholen und wartete dann ungeduldig darauf, daß sich das magische Fenster in die kalte Freiheit wieder öffnen möge.
Es öffnete sich. Ich konnte es nicht über mich bringen, ihm diese Freude zu nehmen.
Ja, er starb, meine Fehfumaus. Als es draußen warm war und Frühsommer.
Inzwischen hat die Mauer neben dem Fenster ein Loch, auf daß niemals mehr einer Maus der Weg ins Warme versprerrt sein möge. Drei Mäusegenerationen haben das Fensterbrett als Freiluftanlage nun schon entdeckt und sie waren nicht kränker als die Geschütztwohnenden, die nicht ins Freie konnten.
“Des Mäuschens Wille ist sein Himmelreich”,
sagte die Maus und – ging raus.
Fufu
Bei mir wäre der geeignete Platz im Gästeklo 😀