Schlafen

Schlafen im Überblick

Jede Maus schläft. Wie lange, wie tief, wann und wie oft, ist von Art zu Art mitunter sehr verschieden. Allen gemein ist: Das Schlafbedürfnis muss für ihre Gesundheit erfüllt werden. Chronischer Schlafmangel kann das Leben verkürzen.

Das sollten Sie über Schlafen als Verhalten wissen

Die meisten Mäusearten verbringen etwa die Hälfte des Tages, mitunter sogar mehr, mit Schlafen. Ob sie den Schlaf am Stück genießen oder in recht regelmäßige Abschnitte unterteilen, hängt von der Art und auch von der Größe der Art ab. In der Regel wachen kleine Arten öfter auf, um zu fressen, während größere Arten es sich leisten können durchzuschlafen.
Auch in der Tiefe des Schlafes gibt es Unterschiede. Während beispielsweise Knirpsmäuse oder Streifengrasmäuse sofort wach sind, wenn sie gestört werden, können Sie tief schlafende Fettschwanz-Rennmäuse oder auch Bleiche Rennmäuse quasi wegtragen, während die Tiere weiterschlafen. Sie werden daher manchmal vom erschrockenen Halter im ersten Moment sogar für tot gehalten.

Wider die Annahme mancher Halter lässt sich der Schlafrhythmus weder einfach „umzüchten“ noch „umerziehen“. Selbst den Labormäusen ist der den wilden Verwandten angeborene Tag-Nacht-Rhythmus noch eigen, obwohl diese schon viele Generationen in Gefangenschaft mit teils künstlichen Lichtrhythmen leben. Ablesen lässt sich das unter anderem an der Herzfrequenz, die Spitzen – und damit Aktivitätsbereitschaft – in der natürlichen Wachphase der Mäuse hat und einen Tiefpunkt während der natürlichen Ruhephase. Sie besitzen also, wie der Mensch auch, eine innere Uhr bzw. sogar mehrere. Diese inneren Uhren werden von Wissenschaftlern auch als endogene Oszillatoren bezeichnet und sitzen im ZNS. Sie steuern beispielsweise Aktivität und Körpertemperatur. Interne und externe Faktoren synchronisieren diese inneren Uhren mit dem zirkadianen, dem 24-h-Rhythmus. Solche Faktoren sind beispielsweise Licht, aber auch soziale Interaktion und andere Phänomene.

Neben der Inneren Uhr kontrollieren homöostatische und allostatische Mechanismen, welche Maus wieviel schläft. Während die Homöostase dafür sorgt, dass nach einer Wachphase eine entsprechend lange Schlafphase folgt, sorgt die Allostase für mehr Schlaf, wenn dieser gebraucht wird (z.B. bei einer Erkrankung).

Der Schlaf wird bei Säugetieren unterschieden in REM- und Nicht-REM-Schlaf.

Im REM-Schlaf (REM = Rapid Eye Movement) ist das Gehirn asynchron sehr aktiv. Die Muskulatur dagegen ist – ausgenommen der Augenmuskulatur – jedoch gelähmt. Wichtig ist der REM-Schlaf vermutlich für höhere Hirnfunktionen.

Im Nicht-REM-Schlaf oder „stillen Schlaf“ ist das Gehirn wenig aktiv, Muskeltonus und –aktivität sind deutlich reduziert. Im Gegensatz zum REM-Schlaf ist der stille Schlaf überlebensnotwendig. Er dient vermutlich der Regeneration fundamentaler Prozesse in Zellen und Stoffwechsel.

Auch Mäuse schlafen dann, wenn schlaf-aktive Nervenzellen in einer Region des vorderen Hypothalamus aktiviert werden. Bei Mäusen wird dann Erregung und Wachsein gehemmt. Schlaf und Wachen sind also getrennte Zustände.
Der Gegenspieler der schlaf-aktiven Nervenzellen ist das sogenannte Aufsteigende Erregungssystem, das aus verschiedenen Hirnregionen gebildet wird. Sie schütten aktivierende Neurotransmitter aus – z. B. der Locus Ceruleus Noradrenalin. Jetzt werden die schlaf-aktiven Nerven gehemmt. Wegen dieser beiden, sich gegenseitig beeinflussenden System spricht man auch vom Flip-Flop-Schalter des Schlafsystems, da der Übergang der beiden Zustände nur sehr kurz ist.

Müde machen sogenannte Somnogene. Diese Substanzen entstehen während der Wachphasen und sammeln sich an – sie sorgen also für einen wachsenden Druck zu schlafen. Entfällt der Druck nach ausreichend Schlaf, wacht das Tier von allein wieder auf. Schlaf ist also reversibel.

Schlafen im Überblick
Innere Uhren - Masterclock
Die übergeordnete der inneren Uhren ist ein Bereich des Hypothalamus, der Nucleus suprachiasmaticus (SCN). Er wird vor allem von Lichtreizen im zirkadianen Rhythmus gehalten. Er kontrolliert untergeordnete, sogenannten Sklavenoszillatoren im Gehirn und der Körperperipherie über Entladungen und Botenstoffe, die deren Aktivität stimulieren oder hemmen. Das Uhrensystem bleibt auch allein mit dem Lichtrhythmus im Takt, wenn der SCN fehlt. Fehlen jedoch beide Faktoren, gerät das innere Zeitsystem der Tiere aus den Fugen.

Schlafende Persische Rennmäuse

Schlafregulatoren der Hausmaus
Bei der Hausmaus (Mus musculus) hemmen den Schlaf primär der Nucleus suprachiasmaticus, Hypocretin‐exprimierende Neurone des Hypothalamus, der Tuberomamillare Nukleus und der noradrenerge Locus Ceruleus. Schlaffördernde Systeme sind bei dieser Mausart vor allem die Preoptische Region, die Parafazielle Zone sowie die ventrale Medulla.

Was sagt mir dieses Verhalten?

Wenn Sie Ihre Mäuse einen natürlichen Schlafrhythmus entfalten lassen und diesen beobachten, kann der Schlaf Ihnen Einiges über Ihre Nager verraten.
Schlafen diese tief und vielleicht nicht einmal sehr versteckt, fühlen sie sich sicher und geborgen – wie etwa die Persischen Rennmäuse im obigen Video, die einfach offen unter ihrer Wärmelampe schlafen.

Gestresste oder gemobbte Mäuse können Sie mitunter daran erkennen, dass sie nicht sehr tief schlafen – es kann ja jederzeit jemand kommen und stänkern. Zum anderen schlafen sie oft an bei der Gruppe wenig beliebten Ecken (oft oben) und mitunter sogar offen, wenn sie Häuschen nicht betreten dürfen. Das Schlafverhalten kann also auch Unruhe im Gruppengefüge signalisieren.

Nicht zuletzt kann vermehrter Schlaf ein Krankheitsanzeiger sein. Nicht jede Erkrankung verläuft sofort so heftig, dass Sie sie der Maus ansehen. Schläft ein Tier sehr viel, obwohl es noch kein Senior ist, sollten Sie genau hinschauen, ob hier gesundheitlich etwas im Argen liegt.
Lediglich bei Senioren müssen Sie sich nicht unbedingt gleich Gedanken machen. Vor allem sehr alte Mäuse schlafen signifikant länger als jüngere Artgenossen.

Checkliste Schlafen

Folgen bei Haltungsfehlern

Schlaf ist ein sehr essenzielles Bedürfnis, dem die Tiere ungestört nachgehen können sollten. Jede Störung während der Schlafphase bedeutet Stress für die Nager. Das ist nicht bedenklich, solange Sie Ihre Tiere nicht regelmäßig wecken. Werden Mäuse regelmäßig gestört, entsteht daraus chronischer Stress – und der kann zusammen mit der ungenügenden Erholung sogar das Leben der Nager verkürzen. Stören Sie schlafende Mäuse daher grundsätzlich nur, wenn es unbedingt nötig ist.

Chronischer Stress kann aber auch seinerseits Qualität, Länge und Häufigkeit des Schlafes beeinflussen. Bei Ratten wies man unter anderem vermehrten Schlaf in der Nachtperiode – also der eigentlich aktiven Zeit der Tiere – nach.

Der natürliche Schlafrhythmus ist jedoch auch anderweitig für die Gesundheit von Bedeutung. Fressen und schlafen Mäuse nicht in ihrem natürlichen Takt, kann das den Stoffwechsel beeinflussen. Stoffwechselentgleisungen, die daraus resultieren, sind durch die Rückkehr zum natürlichen Rhythmus teilweise reversibel.

Zudem hilft Schlaf dem Körper, fit zu bleiben und Krankheiten abzuwehren. Ihre Mäuse in ihrem Rhythmus schlafen zu lassen, reduziert also auch die Anfälligkeit der Tiere für Krankheiten.

Typische Haltungsfehler wie eine zu laute Umgebung zur Schlafenszeit der Nager oder gar regelmäßiges Wecken der Tiere wirken sich also direkt negativ auf ihre Gesundheit aus. Möglich ist außerdem, dass die Tiere in ihren Wachzeiten weniger aktiv und – soweit die von Ihnen gehaltene Mausart zahm wird – auch am Menschen weniger interessiert sind.

Folgen für das Verhalten

Quellen

Hornetz, Lena: Telemetrische Untersuchungen zur Belastung von Mäusen  durch verschiedene Methoden der Blutentnahme, Kennzeichnung und durch chronischen Stress; München 2016
Schmidt, Robert F.; Lang, Florian; Heckmann, Manfred: Physiologie des Menschen: Mit Pathophysiologie; 31. Auflage; Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010; S. 182 ff.


Max-Planck-Gesellschaft – Chronobiologe: Innere Uhren im Takt
Wiley – Motoren des Schlafs: Was macht uns müde und was wieder munter?