Mäuse, Zwerghamster, Zwergschläfer und Co. … Die sind ja soooooooo niedlich! Ja, sind sie wirklich. Klein, plüschig und große, meist schwarze Kulleraugen. Kindchenschema auf vier Beinen – mitunter ein Leben lang. Und was machen wir Menschen? Wir fallen voll drauf rein. Kindchenschema heißt, sie sind einfach süß und was so süß ist, muss ganz lieb sein. Das Problem: Es hat den Kurzen noch keiner gesagt. Deshalb fallen Nagerhalter manchmal aus allen Wolken, was sie sich da für Monster ins Haus geholt haben.
Bösartige, kleine Gremlins
Es gibt ja viele Gründe, warum Leute Mäuse und anderes Flauschgewusel bei mir abgeben. Einer der für mich unverständlichsten ist der: “Die ist/ sind bösartig.” Gemünzt ist das dann entweder auf das Verhalten dem Halter gegenüber oder im Umgang mit Artgenossen oder Partnerarten im Gehege.
So hat mir schon mal jemand Zwergschläfer gebracht. Die sind bösartig. Er will sie nicht mehr. Nach kurzem Nachhaken hab ich die Box ganz schnell an mich genommen und den Herrn vor die Tür komplimentiert, bevor ich Sachen sage, die später gegen mich verwendet werden könnten. Und dass er abgrundtief dämlich war, wäre da noch die netteste Feststellung. Abgegeben hat er das fünfköpfige Schläfervolk nämlich, weil sie sich benommen haben, wie sich Zwergschläfer nun mal benehmen.
Ich kenne aus meiner eigenen Haltungserfahrung keine Nager, die aggressivere und bessere Jäger sind als Zwergschläfer. Die Blitzbirne von Vorbesitzer hatte aber nichts besseres zu tun, als diese kleinen Monster zu vergesellschaften … in einer Artengesellschaft … mit Farbmäusen. Natürlich waren die Farbmäuse mit schöner Regelmäßigkeit dann weg bzw. sah das, was dann noch da war, nicht sehr niedlich aus. So war das natürlich nicht geplant. Da unser Held über den Plan aber keine Rücksprache mit den Schläfern gehalten hat, war es wie es war – und die Schläfer bösartige Monster, die es galt, schnellstmöglich loszuwerden.
Während die Geschichte mit den Schläfern bisher eine echte Eintagsfliege ist, hatte ich ein anderes Phänomen schon öfter: “Die müssen weg. Die sind böse.” Böse interpretiert sich in diesem Fall als bissig. Wobei auch hier nicht die Mäuse bissig, sondern die Halter wahlweise unsensibel oder nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind. Die Mäuse sind groß, mit vergleichsweise runden Gesichtern und großen Kulleraugen. Sie wirken gemütlich – sind es aber meistens nicht. Vor allem dann nicht, wenn man in ihr Nest fasst. Na? Klingelt es schon, welche Mäuse ich mit der obigen Begründung bekomme? Genau. Vielzitzenmäuse. Dabei sind die heutigen Exemplare längst nicht mehr so aggressive Beißer wie ihre Vorfahren. Aber würdet Ihr Euch ohne Vorwarnung aus dem Bett schmeißen lassen? Ich zumindest würde da auch beißen!
Die Natur der Sache
Newsflash, liebe Mäusefreunde: Ihr habt (meistens) kleine Raubtiere zu Hause. Gewöhnt Euch dran. Mäuse wissen nicht, dass sie niedlich sind und deshalb per se Ponyhofidylle im Gehege zu herrschen hat. Sie beißen sich oder auch ihren Halter. Sie verletzen sich gegenseitig (schwer). Sie fressen sich an oder sogar auf. In der jeweiligen Situation ist das normales Verhalten.
Der fatalste Fehler ist deshalb ein rein optisches Einkaufsverhalten. Mäuseshopping sozusagen. Ist niedlich, nehm ich. Schwups, sind die Nager angeschafft – und das Geschrei früher oder später groß. Prädestiniert sind dafür zum Beispiel Streifengrasmäuse, Zwerghamster, Mongolische Rennmäuse oder Farbmausböcke.
Die kleinen Frischlinge sind ja herzallerliebst. Das Streifenkleid wirkt exotisch und attraktiv. Das hat nicht jeder. Das gibt Ohs und Ahs in Foren und auf Facebook. Wer die kleinen Monster nach diesen Gesichtspunkten als Haustiere wählt, reiht sich öfter mal in die Fraktion ein, die mit ihren ausgefallenen Schönheiten unterm Arm bei mir vor der Tür stehen. Nur fehlen dann oft die Streifen, die nur noch in Fetzen über dem rohen Fleisch riesiger Wunden hängen. Das hat den entsetzten Besitzern so natürlich keiner gesagt.
Zwerghamster häuten sich zwar nicht bei lebendigem Leibe, nett sind sie aber auch nicht immer zueinander. Waren die nicht sowieso Einzelgänger und ist es deshalb nicht egal, wie die andere Hamster finden? Na, wenn es mal so einfach wäre. Zwerghamster gehören (meistens) zu den Arten, nicht nicht so ganz miteinander, aber eben auch nicht ganz ohne einander können. Wer sich dann an das Projekt Gruppenhaltung oder Paarhaltung wagt, kann selbst dann noch Überraschungen erleben, wenn er weiß, was er tut. Was also passieren kann, wenn es einer nicht weiß, könnt Ihr Euch vorstellen.
Bei Mongolen ist das mit den (bösen) Überraschungen ähnlich, nur dass Ihr hier das Problem habt, dass die definitiv keine Einzelgänger sind. So niedlich sie aber auch sind, wer Pech hat, kommt heim und hat eine Maus weniger. Was von der zweiten (oder dritten oder …) noch da ist, schaut dann nicht mehr niedlich aus.
Bei Farbmausböcken geht das zwar nicht ganz so schnell vor den Baum – dafür mit einer weit höheren Wahrscheinlichkeit. Etwa 95% fetzen sich eher früher als später. Zwar sind die Wunden hier selten tödlich. Zu Tode gestresst zu werden, ist aber genauso wenig niedlich.
Und jetzt?
Ändern könnt Ihr diese wenig nette Seite Eurer Mitbewohner nicht. Aber Ihr könnt sie verstehen. Tiere sind keine Menschen. Sie sind nicht aus sich heraus bösartig. Sie haben Gründe für ihr Tun und die gilt es zu verstehen.
Wer also versucht, Tiere mit ausgeprägtem Jagdtrieb mit einer Partnerart zu verheiraten, die auf deren Speiseplan steht, der muss sich nicht wundern, wenn die Jäger Messer und Gabel auspacken und die neuen Mitbewohner auf die Speisekarte setzen. Das gilt nicht nur für Schläfer sondern zum Beispiel auch für das Gros der Meriones-Arten.
Wer Arten in Gruppen hält, die in der Natur nur einen Teil des Jahres mit Artgenossen verbringen, muss sich ebenso wenig wundern, wenn die kleinen Flauschebälle plötzlich und blutig die WG aufkündigen. In dem Fall hat man dann als Halter gepennt, denn die Kündigung kommt immer mit ‘ner Ankündigung.
Fazit: Beschäftigt Euch mit der Art, die Ihr anschaffen wollt und seid Euch bewusst, egal wie niedlich sie sind – in jedem schlummert ein kleiner Gremlin. Liebt sie also, wie sie sind und mit all ihren Facetten oder schafft sie gar nicht erst an. So schützt Ihr Euch und die Nager vor Erfahrungen, die beide Seiten nicht machen wollen.
Das gilt übrigens auch für Hundehalter, die den Vollpfosten im Hirn haben.
Ist jeden Tag aus der Nachbarwohung deutlich zu vernehmen….
Lach! Genau!
Leider (!) sehen Mäuse sooooo süß aus. Sogar noch, wenn sie kurz vor dem Ableben mit ausgesteckten Hinterbeinen im Rentnersitz ihre Leckerlis mümmeln.
Deshalb ist es mitunter so schwierig nicht zu vergessen, daß diese Tiere – mal von den ersten 4 Wochen ihres Lebens abgesehen – “erwachsene Leute” sind, die eigene und zwar sehr bestimmte Vorstellungen von einem erfüllten Leben, sowie dem Umgang mit den übrigen Art- und Zeitgenossen haben. 🙂
Viele Grüße von Fufu